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Büchernachlese | Kurzhinweise 2020 Neben denen des aktuellen Erscheinungsjahrs können auch noch siehe Links oben insgesamt 632 Kurzhinweise zu den Jahren 2003 bis 2024 abgerufen werden: Sortiert nach Genre und dem Alphabet der Autorennamen führen die verlinkten Genrebezeichnungen zum jeweils ersten Kurzhinweis. (Nachfolgend mit >>> Amazon gekennzeichnete Links sind sogenannte Affiliate Links. Kommt über einen solchen Link ein Einkauf zustande, wird die Büchernachlese mit einer kleinen Provision beteiligt. Für Sie/Dich entstehen dabei keine Mehrkosten. Das Wo, Wann und Wie eines Produkterwerbs bleibt natürlich Ihnen/Dir überlassen.) |
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Belletristik
![]() Da mir unter diesen Vorzeichen kein Rezensionsexemplar zugeschickt wurde, kann ich auf diese Neue Göttinger Ausgabe auch nur hinweisen und sie nicht besprechen bzw. bewerten. Neben den bekannten Romantiteln ab Bandnummer 4 (Die Blechtrommel) reihen sich da noch die Bände "Kurzprosa" I und II, "Theaterspiele" sowie mit Bandnummer 20 vier Titel mit "Essays und Reden" unterteilt nach den Jahren 1955-1969, 1970-1975, 1976-1991 und 1992-2011 sowie als letzter Band die "Gespräche 1958-2015" ein. Die nunmehr alle Werke bis zu seinem Tod 2015 umfassende Gesamtausgabe wurde (erneut) durchgesehen, der von Grass bevorzugten alten deutschen Rechtschreibung angeglichen und etwaige Fehler bis 2015 noch in Rücksprache mit Grass korrigiert. Alle Bände sind ausgestattet u.a. mit rotem Leinenbezug sowie dunkelgrauem Kapital- und Leseband und können natürlich auch einzeln als Druckausgabe oder E-Book bestellt werden. Die Preise der Einzelbände (Druckausgabe/E-book) reichen von 18,00/9,99 Euro bis 38,00/21,99 Euro. Nicht in dieser neuen Werkausgabe enthalten sind wissenschaftliche Kommentierungen - sie sollen als Extraausgabe in 14 Kommentarbänden in 2021 fertig gestellt und vorgelegt werden. Ulrich Karger (Günter Grass: Werke. Neue Göttinger Ausgabe in 24 Bänden. Steidl Verlag, Göttingen 2020. 10952 Seiten. 480, 00 Euro. ISBN: 978-3-95829-445-5) >>> Amazon Krimis / Thriller ![]() Bei Gewaltverbrechen an norwegischen Staatsbürgern im Ausland wird Europol-Ermittler Bogart Bull zur Unterstützung der einheimischen Polizei geschickt. So auch dieses Mal, aber als kurz hintereinander zwei weitere Menschen ermordet werden, die ganz anderen Milieus, als dem der Studentin entstammten, und auch auf sehr unterschiedliche Weise getötet wurden, weiß auch Bull erst mal nicht weiter. Einzig verbindendes Merkmal ist eine rote 13, die an allen Tatorten zu finden war, sowie eine kurzfristig jedem Mord vorausgeschickte SMS. Als Bull dann endlich zu verstehen beginnt, auf wen es der Serienkiller eigentlich abgesehen hat, ist es beinahe zu spät … Ølsten Borge legt mit Irrfahrt seinen dritten Kriminalroman um den Europol-Kommissar Bogart Bull vor. Wieder ein sehr komplexer Plot, der Vergangenheit und Gegenwart (politisch wie privat) in eine spannende Beziehung zu setzen weiß. Der Autor entwickelt daraus in eingängiger Übersetzung eine Mordsgeschichte, die im Vergleich zu den beiden Vorgängerromanen noch einmal ein Schippchen drauflegt, was sich immer mehr anziehende Spannung und diesmal auch das rundum so überraschende wie überzeugende Finale angeht. Dieser Kriminalroman ist nicht nur gut, sondern dürfte mit zum Besten zählen, was dieses Frühjahr an Krimis vorzuweisen hat! Sehr empfehlenswert, bitte mehr davon! Ulrich Karger (Olsten Borge: Irrfahrt. Kriminalroman. Aus dem Norwegischen von Andreas Brunstermann und Gabriele Haefs. Droemer Verlag, München 2020. 320 Seiten. 9,99 Euro. ISBN: 978-3-426-30748-9) >>> Amazon ![]() Das dänische Geschwister- und Autorenduo Lotte & Søren Hammer legt mit Todeshafen nach längerer Pause seinen fünften Band um Kommissar Konrad Simonsen und seinen Mitarbeitern des Morddezernats vor. Das Team hatte lange die die Ausfälle der an posttraumatischen Störungen erkrankten Kollegin Pauline Berg mitgetragen und gedeckt - und als ein Kollege sie auf dem Tisch der Gerichtsmedizin entdeckte, glaubte er seinen Augen nicht zu trauen. Sie wollte doch mit ihrem Freund auf einer Urlaubsreise sein. Die ersten hundert Seiten ziehen sich diesmal etwas zäh mit minutiös kleinteilig beschriebener Polizeiarbeit dahin - doch dann entfaltet der Krimi gerade wegen seines uneitlen Ermittlerteams eine starke Sogwirkung. Und okay, dass Kommissar Konrad Simonsen und seine "Comtesse" auch noch im Notfall auf einige einflussreiche Freunde zurückgreifen können, schadet der Lösungsfindung auch nicht. Doch wie die Ambitionen und Hintergründe für diese Schreckenstat entschlüsselt werden, sorgt einmal mehr für ein so realistisches wie virtuoses Finale in einem durchaus komplexen Kriminalstück aus Dänemark. U.K (Lotte & Soren Hammer: Todeshafen. Kriminalroman. Aus dem Dänischen von Günther Frauenlob und Maike Dörries. Knaur Verlag, München 2020. 477 Seiten. 9,99 Euro. ISBN: 978-3-426-52364-3) >>> Amazon ![]() Mit Des Teufels Vollstrecker hat Chris Holm nach So was von tot den zweiten Thriller um den Auftragskiller Michael Hendricks vorgelegt. Auch ohne Kenntnis des Vorgängerromans rutscht man - wie der Rezensent - problemlos in die in sich abgeschlossene Handlungswelt des von Anfang an packenden Thrillers hinein. Die Ambivalenz der Hauptfigur Michael Hendricks, die neben einigem schwarzen Humor durchaus auch ehrenwert verantwortungsvolle Seiten zeigt, ist dabei genauso überzeugend, wie die Entfaltung des Plots, der natürlich haarsträubende, kaum überlebbare Zumutungen wie auch das Rettende dank einiger Helfer und seiner Reaktionsfähigkeit anbahnt. Unterfüttert wird das Ganze durch weitere Charaktere, die entweder geradezu als Karikatur des Bösen parodiert oder mit wenigen Strichen durchaus komplex eingeführt werden. Genreliteratur, die bis zur letzten Seite unterhält und auf die Folgebände (wie auch den Vorgängerband) neugierig macht! U.K (Chris Holm: Des Teufels Vollstrecker. Thriller. Aus dem amerikanischen Englisch von Karin Diemerling. Knaur Verlag, München 2020. 349 Seiten. 9,99 Euro. ISBN: 978-3-426-52209-7) >>> Amazon ![]() Val McDermid legt mit Das Grab im Moor bereits den fünften "Cold Case" für DCI Karen Pirie vor - eine Serie, die mir trotz McDermids exzellenter Reihe um Carol Jordan und Profiler Tony Hill bislang entgangen ist. DCI Karen Pirie, wiewohl sehr erfolgreich, hat mit dem ihr vorgesetzten "Hundekuchen" zu kämpfen, dass ihrer Abteilung wie auch ihr selbst Anerkennung zuteilwerden. Doch zusammen mit dem noch ungeschliffenen Jason alias "Minzdrops" an ihrer Seite sowie den befreundeten Kolleginnen aus der Forensik knackt sie am Ende nicht nur den Fall, sondern vermag auch die karrieregeile Assistant Chief Constable Ann Markie mit Witz und Hartnäckigkeit zumindest kurzfristig in Schach zu halten. Um dieses Set herum hat Val McDermid einen handfesten, auch ohne Vorkenntnis der Vorgängerbände in sich überzeugenden Krimi gebaut, der zugleich zu einer hochspannenden Zeitreise in die Vergangenheit einlädt - diesmal bis in die letzten Kriegstage, als nicht nur nach sich verbergenden Nazis, sondern auch nach lukrativen Mitbringseln in die Heimat gesucht wurde. Ulrich Karger (Val McDermid: Das Grab im Moor. Kriminalroman. Aus dem Englischen von Ute Brammertz. Droemer Verlag, München 2020. 494 Seiten. 16,99 Euro. ISBN: 978-3-426-28223-6) >>> Amazon ![]() Preston & Child eröffnen mit Old Bones - Tote lügen nie eine neue Thrillerreihe um die Archäologin Nora Kelly und die frischgebackene FBI-Agentin Corrie Swanson. Beide Figuren traten auch bereits in Romanen der Pendergast-Reihe des Autorenduos auf und Agent Pendergast hat am Ende des Romans denn auch so etwas wie einen Cameo-Auftritt. Im Vergleich zu den Pendergast- oder auch Gideon Crew-Romanen ist "Old Bones" tatsächlich etwas Anderes. Weniger skurril oder gar mit Science-Fiction ausgestattet, wirkt der Thriller vergleichsweise bieder oder, um es positiv auszudrücken, handfest aufgezogen. Das hat durchaus seinen Reiz, vermittelt der Roman doch auch Einiges an realer Historie zur Geschichte der USA in der Mitte des 19. Jahrhunderts und verknüpft sie mit der den Kannibalismus von damals noch übertreffenden Zynik, mit der heutzutage Interessen beinhart durchgesetzt werden. Abgesehen von einigen Längen bietet das neue Duo Kelly und Swanson aber bereits ausreichend gute Unterhaltung, so dass man gern auch noch einen weiteren Roman mit ihnen lesen würde. Ulrich Karger (Douglas Preston & Lincoln Child: Old Bones - Tote lügen nie. Thriller. Aus dem Englischen von Michael Benthack. Knaur Verlag, München 2020. 371 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-52418-3) >>> Amazon ![]() Am nächsten Morgen wird Nicol eine männliche Leiche im Kilt in die Bucht gespült, die schon etwas angeknabbert, aber dank ihrer Statur nur McKechnie sein kann. Deswegen die Polizei herbemühen? Kommt gar nicht in Frage! Beim Vergraben der Leiche wird Nicol von mehreren Zuschauern heimlich beobachtet, die sich zwar so ihre Gedanken machen, aber ebenfalls kein Interesse daran haben, die Polizei zu rufen … Nach Todesströmung legt Thomas Kastura unter seinem Pseudonym Gordon Tyrie mit Schottensterben einen weiteren Roman vor, der auf einer Hebriden-Insel spielt. Gigha liegt zwar in der Nachbarschaft der Insel Jura, und auch der aus Todesströmung bekannte Ex-Killer Hynch ist hier wieder mit von der Partie - aber unter ganz anderen Vorzeichen und buchstäblich eher nur am Rande! Todesströmung war bei aller Skurrilität ein beinharter Thriller mit zuweilen überraschendem Tiefgang. Schottensterben erinnert dagegen eher an eine Posse, die selten dickschädelige Sturköpfe aneinandergeraten lässt - aber auch wenn Schotten nicht selten mit unseren Bayern verglichen werden, würde diese Posse nicht in einem Komödienstadl aufgeführt. Dazu ist der Humor seiner Protagonisten viel zu schwarz und die Freizügigkeit im Aushalten von Andersartigem viel zu groß - solange es, wohl gemerkt, nicht die eignen Kreise stört. Polizei ist unerwünscht, aber jeder hat eine Meinung oder zumindest eine Vermutung, wer oder was Jim McKechnie hat sterben lassen und wieso die Leiche mal dahin, mal dorthin verschwindet. Wer hier einen handelsüblichen Krimi erwartet, würde also enttäuscht - nicht wenige würden es aber eine angenehme Enttäuschung nennen, da nicht nur die Auflösung des Schicksal McKechnies am Ende für einige überraschende Volten sorgt. Bleibt die Frage, wie gelingt es dem Franken Kastura, einen so glaubhaften Hebriden-Roman zu schaffen? Und was würden die Schotten von seinen Hebriden-Romanen halten? Wer im deutschen Sprachraum dem schwarzen Humor zugeneigt ist und von eigenwilligen Typen jedweden Geschlechts lesen will, wird jedenfalls auch von Schottensterben bestens unterhalten werden. Ulrich Karger (Gordon Tyrie: Schottensterben. Ein Hebriden-Krimi. Droemer Verlag, München 2020. 367 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-30732-8) >>> Amazon ![]() Mit Die Schnüfflerin ist Anne von Vaszary ein Kriminalroman-Debüt gelungen, das weniger auf brutalen Thrill als auf Situationskomik und insbesondere bei den gut gezeichneten Nebenfiguren auf glaubhafte Charaktere setzt! Mit der Erzählperspektive Ninas ist der Ton eher jugendlich und bezieht seine Vergleiche vor allem aus Fernsehserien und Kinofilmen. Doch das stellt sich keineswegs intelligenten Fragen und Dialogen entgegen, um Ninas Sicht auf die Welt und das gerade anstehende Problem zu erhellen. Sind die ersten Seiten noch etwas plakativ geraten und gemahnen an ein Jugendbuch, gewinnen die Figuren allmählich immer mehr an Tiefe und verhandeln u.a. schmerzhafte Verluste über die Generationengrenzen hinweg. Für einen Krimi steht die systematisch polizeiliche Ermittlungsarbeit eher weniger im Vordergrund bzw. gerät zuweilen schon arg in die Nähe jener Polizisten, die im ZDF bei Wilsberg ihr Unwesen treiben. Dafür aber gibt es herzerfrischendes Bauchgefühl - das natürlich auch in die Irre führt -, kesse Sprüche sowie Ninas außergewöhnlichen Geruchssinn, der durchaus in sich plausibel und überzeugend die Geschichte bis zur Auflösung vorantreibt. Auch für schwache Nerven ein echter Lesespaß! Ulrich Karger (Anne von Vaszary: Die Schnüfflerin. Kriminalroman. Knaur Verlag, München 2020. 383 Seiten. 9,99 Euro. ISBN: 978-3-426-52382-7) >>> Amazon SF / Fantasy / Mystery ![]() Der junge (Jg. 1984) australische Filmschauspieler Luke Arnold hat mit Der letzte Held von Sunder City ein Roman-Debüt vorgelegt, das zugleich den Beginn einer mehrteiligen Serie markiert. Fetch Phillips als Hauptfigur mit seiner hartgesottenen Schale zeigt sich als äußerst verunsicherter Mensch, der trotz seines Alkoholkonsums immerhin hartnäckig am Ball zu bleiben vermag. Die Schilderung abgehalfterter Fantasyfiguren lebt von einem gefällig schwarz-humorigen Zynismus, die Häuser und die Straßen von Sunder City werden als entsprechend abgeranzt beschrieben. Zwischendurch einige Kämpfe, die Fetch Phillips immerhin überlebt, aber selten gewinnt und viele dunkle Gedanken - vor allem, weil er ja schuld an der ganzen Misere von Sunder City sei. Nur - selbst zum Ende dieses Romans ist nicht ganz klar geworden, worin nun genau seine Schuld bestanden haben soll, die ähnlich klingt, als würde man einem das Löschen des Internets unterjubeln wollen. Mal sehen, ob der 2. Band dieser Reihe dazu mehr Erhellendes bietet … Ulrich Karger (Luke Arnold: Der letzte Held von Sunder City - Fetch Phillips, Band 1. SF-Roman. Aus dem Englischen von Christoph Hardebusch. Knaur Verlag, München 2020. 319 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-52616-3) >>> Amazon ![]() Essun sucht noch immer nach ihrer Tochter Nassun, die ihr Mann entführt hat, kurz nachdem er zum Mörder ihres gemeinsamen Sohnes wurde - denn er hasst alle Orogene, die nicht nur ihre Umgebung vereisen, sondern auch Erdbeben auslösen und damit (meist unabsichtlich) Menschen töten können. Sollte Essun wieder auf ihn treffen, wäre sein Schicksal besiegelt. Gefunden wurde Essun hingegen von dem sich versteinernden Alabaster Tenring, einem Orogenen mit 10 Ringen, der die Zerstörung der Welt eingeleitet hat - und Essun hierfür um Unterstützung bittet. Weit entfernt von Essun schlägt sich ihre Tochter Nassun mit dem Vater durch. Doch für ihn sind ihre zunehmenden, jedoch nicht von einem Fulcrum ausgebildeten Orogene-Fähigkeiten bald nicht mehr länger zu übersehen - und zu ertragen. Nassun wächst zu einer Orogene heran, die womöglich noch machtvoller als ihre Mutter wird ... Mit Brennender Fels wird von N. K. Jemisin der zweite Band ihrer preisgekrönten Romantrilogie Die große Stille vorgelegt. Wer den ersten Band Zerrissene Erde gelesen hat, wird sich auf jeden Fall auch diesen zu Gemüte führen wollen - er hält auch dank der erneut gelungenen Übersetzung von Susanne Gerold das im besten Sinne Genre sprengende Niveau. Aber seine Lektüre wird den Lesern nicht leicht gemacht. Zwei Jahre nach Erscheinen des ersten Bandes, knüpft der zweite bruchlos daran an, wo der erste geendet hat. All die bewusst erst aufgeteilten Erzählstränge des ersten Bandes sind nun zwar auf nur noch zwei "reduziert", doch die Begrifflichkeiten und Auseinandersetzungen dieser Welt bleiben hochkomplex und eigentlich nur bei einem Hintereinanderweglesen beider Bände von Anfang an nachvollziehbar. Nach zwei Jahren aber ist das Wiederhineinfinden etwas mühsam. Zum Glück ist das Erscheinen des dritten Bandes "Steinerner Himmel" schon für Juli 2020 angekündigt - am besten dann gleich alle drei Bände bestellen und lesen, lesen, lesen … Ulrich Karger (N. K. Jemisin: Brennender Fels. Die große Stille Bd. 2/3. Roman. Aus dem Englischen von Susanne Gerold. Knaur Verlag, München 2020. 432 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-52516-6) >>> Amazon ![]() Eva Siegmund legt mit Sodom - Utopia Gardens 1 den ersten Band einer Trilogie vor, die man wohl den spezielleren SF-Genres Cyberpunk oder Dark Future zuordnen kann. Im nächsten Jahrhundert teilt sich Berlin in ein verwahrlostes Zentrum, dessen ehemaligen Stadtteile nur noch unter Alt-Berlin zusammengefasst werden, während Neu-Berlin drumherum den vermögenderen Bürgern ansehnlichen Wohnkomfort bietet. In Alt-Berlin hingegen werden die meisten Häuser gar nicht mehr offiziell vermietet, sondern nur noch auf eigenes Risiko besetzt - bis auf eines: das "Utopia Gardens", das gleich einer Mischung aus Colosseum und Zirkus seinen Besuchern tagsüber harmlose Vergnügen für Familien mit Kindern und nachts alles bietet, was das Herz an Sex, Gewalt und Drogen begehrt. Ein höchst illegaler "Service", der dort geboten wird, ist u.a. auch das Modifizieren des Körpers durch höchst effektive Prothesen, wie z.B. neue Sprunggelenke oder besonders weitsichtige Augen. Wer diesen Service in Anspruch genommen hat, wird "Cheater" genannt, wer ihn bietet ist ein "Modda" - so wie auch die zum Strafdienst verurteilte Raven. Neben den bereits genannten drei Protagonisten, aus deren Perspektiven die meisten Kapitel des Romans erzählt werden, gibt es noch zwei, drei andere, deren Namen die Überschrift eines Kapitels einleiten und die Erzählperspektive vorgeben. Wiewohl in diesem Band so Einiges an Gewalt sichtbar wird, scheinen deren Ausbrüche weniger Teil einer Erzählung als einer Milieustudie zu sein, die erst noch den Rahmen für einen Plot und die daraus entfaltete Geschichte bilden soll. In diesem "dunklen" Milieu trifft Punkiges auf Bizarres, Skurriles, Ekliges und zwischendurch auch auf Berührendes. Das hält durchaus immer wieder die Spannung hoch, aber fällt dann auch wieder ab, weil zu Vorhersehbares oder eben Nichts die Handlung Vorantreibendes geschieht. Erst gaaanz am Schluss trifft Birol auf jemanden, der zumindest kurz einen allerersten Hinweis zur Lösung seines Geheimnis andeutet. Na gut, schaun mer mal, was der zweite Band "Gomorrha" bringt - sollte der weiter so auf der Stelle treten und nur Seiten schinden, wäre der dritte Band "Babylon" jedenfalls gleich ganz verzichtbar. Ulrich Karger (Eva Siegmund: Sodom - Utopia Gardens 1. Thriller. Knaur Verlag, München 2020. Seiten. Euro. ISBN: 978-3-426-52475-6) >>> Amazon ![]() Michael J. Sullivan beginnt mit Im Schatten des Kronturms eine neue Serie unter dem Titel Riyria-Chroniken, die zugleich ein Prequel der nach 6 Bänden abgeschlossenen Riyria-Reihe darstellt (siehe dazu auch die Besprechung zu deren ersten Band Der Thron von Melengar). Für Fans der Riyria-Reihe, zu denen auch der Rezensent sich zählt, ist das eine schöne Wiederbegegnung mit liebgewordenen Protagonisten, die auf jeden Fall lohnt - auch wenn der Spannungsbogen hier bislang um Einiges weniger komplex als in der abgeschlossenen Reihe angelegt ist. Neben den beiden bereits genannten Helden wird hier auch deren erste Begegnung mit Gwen DeLancy angebahnt, was durchaus einige Verwicklungen voraussetzt - doch die Metaebene einer herrschenden, später alles mit ihrer Religion bestimmenden Klasse, wird für diese sehr eigene Welt mit ihren verschiedenen Königreichen eben (noch) bestenfalls nur angedeutet. Kriege, Elend abhängiger Frauen und Anderes bleiben deshalb vom Anlass her noch eher vage und "nur" auf die konkrete Ebene heruntergebrochene Auseinandersetzungen. Das ist dann für sich genommen zwar auch nicht wenig spannend wie auch die ersten Dialogscharmützel zwischen Hadrian Blackwater und Royce Melborn mit ihrem trockenem Humor durchaus das Zwerchfell kitzeln. Hinzu kommt, dass Sullivan es abhängig vom Erfolg dieses 1. Bandes macht, ob er das Prequel fortsetzt - insofern würde ich entgegen seiner Vorstellung allen "Neulingen" keine Wahl lassen, sondern ihnen zuerst die Lektüre der abgeschlossenen Riyria-Reihe empfehlen, bevor sie mit dem 1. Band des Prequels beginnen. (Sollte das Prequel dann tatsächlich bis zum Anschluss an die Riyria-Reihe fortgesetzt werden, kann sich diese Einschätzung natürlich auch wieder ändern.) So oder so, lohnt es jedenfalls, auf den nächsten Band der Riyria-Chroniken neugierig zu sein - denn unterhaltend sind sie allemal. Ulrich Karger (Michael J. Sullivan: Im Schatten des Kronturms - Riyria-Chroniken 1. SF-Roman. Aus dem Englischen von Wolfram Ströle. Klett Cotta Verlag, Stuttgart 2020. 461 Seiten. 17,00 Euro. ISBN: 978-3-608-98569-6) >>> Amazon Kinder- & Jugendliteratur ![]() Das ist alles sehr nett gegen den Strich gebürstet, nach dem Motto "Meinetwegen, seid empört, und haltet nicht zu oft den Mund, denn Widerworte sind gesund", dürfte sein dankbares Publikum aber vor allem bei Kindern der Jahrgänge ab Mitte des vorigen Jahrhunderts finden. Denn die "Fallhöhe" ergibt sich nun mal aus Kenntnis und "Erleiden" der Originalgeschichten als Beispiel schwarzer Pädagogik. Ohne das dürften selbst die schnurrigsten Reime von Enzensberger ins Leere zielen, genauso, wie auch die in sich sehr gelungenen und sehr witzigen Illustrationen von Anke Kuhl, die nicht selten dem Nacherzähler Enzensberger ganz cool Contra geben. Und dann versucht Enzensberger auch noch einen Begriff wie "Mohr" gewiss sehr gutgemeint gesund zu reden, was jedoch bei der eigentlich angedachten Zielgruppe für Kinder ab 6 Jahren wohl leider erst recht daneben gehen dürfte. Ein höchst anerkannter Autor und eine nicht minder talentierte Illustratorin geben zusammen ein schön ausgestattetes Bilderbuch in Halbleinen heraus - aber am Ende fragt man sich: Warum nur? Warum dieses?? Ulrich Karger (Hans Magnus Enzensberger: Struwwelpeters Rückkehr. Bilderbuch mit Illustrationen von Anke Kuhl. Hanser Verlag, München 2020. 48 Seiten. 16,00 Euro. ISBN: 978-3-446-26804-3) >>> Amazon ![]() Von Helen Peters wurde mit Mitternacht in Charlbury House ein spannendes Leseabenteuer ins Deutsche übersetzt, das mitternächtlichen Gruselfaktor mit Zeitreisen in die historisch sauber recherchierte Lebenswelt eines Herrenhauses im England vom Anfang des 19. Jahrhunderts kombiniert. Wie sich Evi aus der Jetztzeit nach und nach in die Rolle eines Dienstmädchens einfindet, wird sehr überzeugend und eingängig nachvollziehbar dargestellt. Neben ihrem durchaus wortwörtlich zu verstehenden Überlebenskampf muss Evi aber auch noch die äußerst schwierige Aufgabe lösen, die Tochter ihres Dienstherren vor einem schrecklichen Schicksal zu bewahren. Denn nur, wenn Evi sie rettet, gelangt sie auch wieder in ihre eigene Zeit zuück. Diese Mischung aus Mystery, spannungsreiche Selbstbehauptung als Mädchen (damals wie jetzt!) und neu erlernte Wertschätzung dessen, was damals unerhörten Luxus bedeutet hätte, sollte Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren aufs Beste unterhalten. Ulrich Karger (Helen Peters: Mitternacht in Charlbury House. Roman. Aus dem Englischen von Cornelia Panzacchi. Umschlagillustration und Vignetten: Verena Körting. Thienemann Verlag, Stuttgart 2020. 368 Seiten. 15,00 Euro. Ab 12 Jahren. ISBN: 978-3-522-18515-8) >>> Amazon ![]() Der Himmel knipst die Lichter an, schon leuchten tausend Sterne. Ich zünde meine Kerze an, dann freut sich die Laterne. Dieses und 47 weitere Gedichte "für Kinder und andere Menschen" von Manfred Schlüter sind in seinem von ihm auch illustrierten Gedichtband Guruku Gugukuru nachzulesen, der vom Verlag zudem als sehr gut in der Hand liegende Hardcover-Ausgabe vorgelegt wurde. Schlüter feiert darin Wortspiele, die mal nur albern, mal durchaus subtil und tiefsinnig großen Vorbildern wie Ernst Jandl oder auch Erich Fried, Christian Morgenstern und Joachim Ringelnatz nachspüren, ohne dabei epigonal zu wirken. Vorgelesen werden schon fünfjährige viel Spaß an diesen Reimereien haben, und weit ältere Semester werden die nicht selten darin enthaltene Lakonie zu schätzen wissen. Auch wegen der durchweg farbigen und sich kongenial in die Gedichte einfügenden Vignetten ist dieser Band ein Augenschmaus, den man sich immer mal wieder gern zu Gemüte führen wird. Es ist ja nicht mehr lange hin, da geht's wieder ans große Verschenken - dieses Buch von Manfred Schlüter sollte jedenfalls auf keiner Geschenkeliste fehlen! Ulrich Karger (Manfred Schlüter: Guruku Gugukuru. Gedichte für Kinder und andere Menschen. Bibliothek der Provinz Verlag, Wien 2020. 82 Seiten. Euro. Ab 5 Jahren. ISBN: 978-3-99028-929-7) >>> Amazon |
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