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Büchernachlese | Kurzhinweise 2018 Neben denen des aktuellen Erscheinungsjahrs können auch noch siehe Links oben insgesamt 632 Kurzhinweise zu den Jahren 2003 bis 2024 abgerufen werden: Sortiert nach Genre und dem Alphabet der Autorennamen führen die verlinkten Genrebezeichnungen zum jeweils ersten Kurzhinweis. (Nachfolgend mit >>> Amazon gekennzeichnete Links sind sogenannte Affiliate Links. Kommt über einen solchen Link ein Einkauf zustande, wird die Büchernachlese mit einer kleinen Provision beteiligt. Für Sie/Dich entstehen dabei keine Mehrkosten. Das Wo, Wann und Wie eines Produkterwerbs bleibt natürlich Ihnen/Dir überlassen.) |
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Belletristik
![]() Dragon Teeth - Wie alles begann wird als zuvor unveröffentlichtes Erstlingswerk von Michael Chrichton (1942-2008) vorgestellt. Ein Vergleich zwischen seinen weltbekannten Romanen "Next", "Timeline" und "Jurassic Park", womit Dragon Teeth laut Klappentext als eine Art Vorläufer auch in Beziehung gesetzt wird, verbietet sich, da der Rezensent zwar einige Chrichton-Verfilmungen kennt, Dragon Teeth aber für ihn eine Erstlektüre dieses Autors darstellt. Zwar kein "Thriller", liest sich das in eingängiger Übersetzung von Klaus Berr vorliegende Buch als amüsante und sehr unterhaltsame, im 19. Jahrhundert und im Milieu des "Wilden Westens" spielende Abenteuergeschichte. Historisches, das auch mit einem zweiseitigen Literatur- bzw. Quellen-Anhang fundiert wird, hebt sich kenntlich (in einem gewichtigen Punkt jedoch mit einer falschen Zuordnung), aber keineswegs störend vom Fiktiven ab - so ist die Hauptfigur des William Johnson erfunden, während es die beiden Paläontologen samt dem Knochenkrieg wirklich gab. Wie gesagt, Qualitätsunterschiede zu anderen Romane Chrichtons können hier nicht gemacht werden - aber dieser Roman wirkt in sich rund, sein Plot plausibel und die Geschichte mit nicht wenig (Achtung: Kalauer!) knochentrockenem Humor entfaltet. Historische, zuweilen durchaus brutale Gegebenheiten werden keineswegs zugedeckt, sondern im besten Sinn satirisch zugespitzt, und last, but not least treibt die Hauptfigur die Handlung als pointierten Entwicklungsroman (neudeutsch: Coming-of-Age-Roman) mit viel Witz voran. Abgesehen von den hier umkämpften Dinosaurier-Fossilien hat das Buch aber mit "Jurassic Park" wohl nichts gemein. Mancher Autor wäre froh, hätte er einen derartigen Roman als Debüt vorlegen können - warum Michael Chrichton ihn nicht veröffentlicht hat, bleibt sein Geheimnis und wird auch nicht im Nachwort näher erläutert. Ulrich Karger (Michael Chrichton: Dragon Teeth - wie alles begann. Roman. Aus dem amerikanischen Englisch von Klaus Berr. Blessing Verlag, München 2018. 318 Seiten. 22,00 Euro. ISBN: 978-3-89667-623-8) >>> Amazon ![]() Nach dem eher ärgerlichen Roman Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra ist Robin Sloan mit Der zauberhafte Sauerteig der Lois Clary ein wirklich zauberhafter Roman gelungen, der trotz ganz anderer Mittel atmosphärisch ein wenig an den Kinofilm "Chocolat - Ein kleiner Biss genügt" mit Juliette Binoche erinnert. Wiewohl die liebenswerte Lois sämtliche Widrigkeiten geradezu schlafwandlerisch meistert und dafür auch mit einem sehr gut trainierten Denkapparat ausgestattet ist, nimmt man nicht übel, sondern freut sich mit ihr über jede gelungene Annäherung an andere Menschen oder ein zu lösendes Problem. Und wenn sich am Ende erweist, wie gut doch alte und neue Kulturtechniken sinnvoll zu kombinieren sind, seufzt man dankbar auf, mal ein Buch lang das Gute siegen "erlebt" zu haben. Ulrich Karger (Robin Sloan: Der zauberhafte Sauerteig der Lois Clary. Roman. Aus dem Amerikanischen von Dietlind Falk. Blessing Verlag, München 2018. 272 Seiten. 20,00 Euro. ISBN: 978-3-89667-615-3) >>> Amazon Krimis / Thriller ![]() Nicht lange, und die Leichen des offensichtlich ermordeten Ehepaars werden gefunden, unweit von diesen eine andere Leiche, in deren leeren Augenhöhle eine Lilie gesteckt wurde - das alte Symbol des irischen Freiheitskampfes, und das 20 Jahre nach dem Friedensschluss in Nordirland … Ølsten Borge legt mit Hinterhalt seinen zweiten Kriminalroman um den Europol-Kommissar Bogart Bull vor. Erneut entfaltet der Autor einen sehr komplexen Plot, der Vergangenheit und Gegenwart (politisch wie privat) in eine spannende Beziehung zu setzen weiß. Die Übersetzung ist wieder sehr eingängig und auch wenn das Ende dann eines Deus ex machina bedarf, hat man sich mit diesem Kriminalroman keineswegs unter Niveau unterhalten. Empfehlenswert, gern mehr davon! Ulrich Karger (Olsten Borge: Hinterhalt. Kriminalroman. Aus dem Norwegischen von Andreas Brunstermann. Droemer Verlag, München 2018. 315 Seiten. 9,99 Euro. ISBN: 978-3-426-30605-5) >>> Amazon ![]() Fans von Max Bronski wird es wahrscheinlich schnuppe sein, dass Schneekönig weniger Krimi als laut Friedrich Ani "ein total abgedrehtes Krippenspiel" mit sehr viel Münchner Lokalkolorit ist, das auch einen geisterhaften Gossec sehr irdische Nachforschungen anstellen lassen kann - kuriose Begegnungen, himmlische Helfer, göttliche Eingebungen und dem einen oder anderen Wink des Schicksals (oder des Himmels?) inklusive. Das hat durchaus anarchistischen Charme und subkutanen Tiefgang - und am Ende ist auch dieser Fall befriedigend gelöst. Ulrich Karger (Max Bronski: Schneekönig. Kriminalroman. Droemer Verlag, München 2018. 222 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-30611-6) >>> Amazon ![]() Der Thriller The President Is Missing wird als Gemeinschaftswerk von James Patterson und dem ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton beworben. Wie hoch die jeweiligen Schreibanteile daran verteilt sind, lässt sich nicht sagen - angeblich sei der Thriller aber "gespickt mit Informationen, über die nur ein ehemaliger Oberbefehlshaber verfügt". Nun ja, der im Zusammenhang mit einer virtuellen Bedrohung von ganz Amerika gebaute Plot ist nach altbekannter Patterson-Manier durchaus spannend aus der Ich-Perspektive eines fiktiven US-Präsidenten entfaltet. Das darin aufscheinende Selbstbild des Präsidenten - aus einfachen Verhältnissen durch Fleiß und Bildung nach oben gekommen, zudem von anerkannt selbstloser Tapferkeit als Ex-Ranger im Militär -, ist vor allem dem Allgemeinwohl verpflichtet und hat angesichts des derzeitigen Präsidenten (aber auch in Erinnerung an Clinton selbst) eben … fiktiven Charakter. Was das Hauen und Stechen innerhalb Regierung, Senat und Kongress angeht, ist da nichts wirklich Neues nachzulesen - aber der Plot trifft immerhin mit dem Aufgreifen des Cyberterrors als einer der derzeit womöglich größten menschengemachten Bedrohungen auch für den Rest der Welt den Nagel auf den Kopf. Ulrich Karger (Bill Clinton & James Patterson: The President Is Missing. Roman. Aus dem Amerikanischen von Anke und Eberhard Kreutzer. Droemer Verlag, München 2018 2018. 477 Seiten. 22,99 Euro. ISBN: 978-3-426-28197-0 >>> Amazon ![]() Michael Connelly legt mit Die Verlorene seinen 21. Harry-Bosch-Roman vor - und ist damit erneut zur Höchstform aufgelaufen! Boschs Suche nach einem Erben von Whitney Vance wird zu einem kleinteiligen Puzzlespiel, das, wie schon oft bei Connelly, auch ein überzeugend düsteres Schlaglicht auf die jüngere Historie der USA wirft. Parallel dazu hat Bosch es als ehrenamtlicher Ermittler für das San Fernando Police Department mit einem Serienvergewaltiger zu tun, dessen immer brutaleres Tatmuster alsbald auch die Ermordung eines seiner nächsten Opfer befürchten lässt. Bosch dabei zuzuhören, wie schwer es ihn ankommt, nach Aufspüren des mutmaßlichen Täters diesen eben nicht mit gleichfalls brutalen Mitteln anzugehen, ist vom Autor schlicht brillant gelöst und hält beim Leser Verständnis und Gesetzestreue in angemessener Balance. Die Spannung lässt bei beiden Erzählsträngen auf keiner Seite nach und zieht einen mit großem Tempo bis ans Ende des Buchs. So bekommt man von Harry Bosch nie genug und freut sich schon auf den 22. Roman mit ihm. Ulrich Karger (Michael Connelly: Die Verlorene. Die Harry-Bosch-Serie, Band 21. Thriller. Aus dem amerikanischen Englisch von Sepp Leeb. Droemer Verlag, München 2018. 444 Seiten. 22,99 Euro. ISBN: 978-3-426-28192-5) >>> Amazon ![]() Zeitgleich vermisst in London Lochlan Shelley seine Ehefrau Eloise, die offenbar am helllichten Tag spurlos verschwunden ist und ihn wie auch die gemeinsamen zwei kleinen Kinder ohne erkennbare Begründung verlassen hat. Ohne Geld und Ausweis, ohne Koffer oder Auto, ohne Flugticket. Es dauert nicht lange, und Lochlan sieht sich Vorwürfen und Beschuldigungen ausgesetzt - nicht zuletzt auch von jenen, die er sich selber macht ... Unter dem Pseudonym C. J. Cooke hat eine in Glasgow lebende "preisgekrönte Autorin" den Psychothriller Broken Memory - Woher kennst du meinen Namen? vorgelegt. Im Wechsel erzählen Lochlan und die Frau auf Komméno aus der Innenperspektive, und es wird schnell klar, dass es sich bei ihr um die vermisste Eloise handelt. Der Spannungsbogen innerhalb und zwischen diesen beiden Innenperspektiven wird von Anfang an kräftig angezogen und bis zum Ende durchgehalten - dem kann man sich selbst dann nicht mehr entziehen, wenn einem deutlich wird, an welchem Kindheitstrauma Eloise leidet und was es z.B. mit den anderen vier Inselbewohnern auf sich hat. Spannend bis zur letzten Seite, wirkt der eingängig entfaltete Plot in sich sehr schlüssig und kommt ohne Effekthascherei aus - die ist auch gar nicht nötig, vermögen doch jahrelang geübte selektive Wahrnehmung und Verdrängung Abgründe aufzutun. Endlich mal wieder ein Psychothriller, der im besten Sinne die Genre-Zuordnung verdient! Ulrich Karger (C. J. Cooke: Broken Memory - Woher kennst du meinen Namen? Psychothriller. Aus dem Englischen von Susanne Wallbaum. Droemer Verlag, München 2018. 366 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-28184-0) >>> Amazon ![]() Unter dem Pseudonym Vitu Falconi hat Thomas Thiemeyer mit Das korsische Begräbnis eine neue "Urlaubs-Krimireihe" gestartet. Den Schauplatz Korsika mit seinen reizvollen Landschaften weiß der Autor gut vor Augen zu führen und er zieht aus den Traditionen samt einer Mentalität mit archaisch anmutenden Ehrbegriff genug Honig, um daraus eine actionreiche Handlung zu konstruieren. Eric Marchand, der u.a. auch Martial Arts trainiert hatte, passt da als Hauptfigur mit soft-angehauchten Machismo ganz gut hinein. So unterläuft er die ihm zugeschriebene Intelligenz immer wieder auch mit ziemlich dämlichem, rein Impuls gesteuerten Gebaren. Die Handlung lebt neben der bis zum Ende gehaltenen Spannung auch von einigen, angeblich traditionsbedingt esoterischen Abschweifungen - aber was soll's, insgesamt kommt das im Vergleich zu manch anderem Krimi ganz rund und flüssig daher. Angesichts der darin durchaus blutrünstig geschilderten, auch "versehentlich" nicht vor Touristen halt machenden Mafiastrukturen sollte man das Buch vielleicht nicht gerade als Urlaubslektüre auf Korsika nutzen. Ulrich Karger (Vitu Falconi: Das korsische Begräbnis. Kriminalroman. Knaur Verlag, München 2018. 352 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-52170-0) >>> Amazon ![]() Nach Das zweite Leben des Nick Mason legt Steve Hamilton mit Drei Zeugen zu viel den zweiten Band um Nick Mason als Auftragskiller wider Willen vor. Brutal und Testosteron beladen bis zum Anschlag, sind bis auf eine Staatsanwältin alle Handelnden Männer, während Frauen bestenfalls die Rolle zu beschützender Geliebte einnehmen. Nick Mason selbst scheint dabei immer mehr dem Marvel-Comic-Universum entsprungen zu sein, der noch selbst mit dem Kopf unterm Arm eine Gruppe von Muskelbergträgern überwinden könnte. So muss der Autor bei seinen Plots immer noch ein Schippchen an Fallhöhe drauflegen, um die Spannung zu erhöhen und auch ein Scheitern Nicks für wahrscheinlich zu halten. Und tatsächlich wartet das Ende des Romans mit einer nicht allzu leicht vorhersehbaren Volte auf … Ulrich Karger (Steve Hamilton: Drei Zeugen zu viel. Thriller. Aus dem amerikanischen Englisch von Karin Diemerling. Droemer Verlag, München 2018. 334 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-30499-0) >>> Amazon ![]() Colin Harrison hat mit Die Zügellosen einen fulminanten Thriller vorgelegt, der sich mit seinen sarkastisch kommentierten Querbezügen zur aktuellen Politik und Wirtschaftslage zugleich wie eine Gesellschaftsstudie à la Tom Wolfes "Fegefeuer der Eitelkeiten" liest. So eingängig wie intelligent, so spannend wie überraschend - Unterhaltung vom Feinsten! Ulrich Karger (Colin Harrison: Die Zügellosen. Thriller. Aus dem Amerikanischen von Anke & Eberhard Kreutzer. Droemer Verlag, München 2018. 416 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-30633-8) >>> Amazon ![]() Jørn Lier Horst hat mit Jagdhunde, bis auf einige unnötige Redundanzen zu Anfang, erneut einen rundum überzeugenden Kriminalroman vorgelegt. Die Charaktere, allen voran Kommissar William Wisting und seine als Journalistin tätige Tochter Line, sind angenehm unprätentiös und zugleich sehr glaubwürdig angelegt. Dass Line diesmal die aktivere ist, tut dem keinen Abbruch. Der fesselnd entfaltete Plot zieht die Spannungsschraube bis zur letzten Seite an. Bestechend einmal mehr, dass anstelle blutig zur Schau gestellter Gemetzel hier die Wistings mit ihrer plausiblen Polizei- und Journalistenarbeit im Vordergrund stehen, um Verbrechen auf die Spur zu kommen. Ulrich Karger (Jørn Lier Horst: Jagdhunde. Kriminalroman. Aus dem Norwegischen von Andreas Brunstermann. Droemer Verlag, München 2018. 397 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-30628-4) >>> Amazon ![]() Dreckiger Schnee ist ein Roman- bzw. Thrillerdebüt von Joseph Knox, das in Teilen überzeugen kann. Die Handlungsträger in Manchester sind demnach durch und durch korrupt, egal ob sie der Upperclass entstammen oder Polizisten und Gangster sind. Lediglich der offenbar weit unter 30-jährige Detective Aidan Waits, geprägt von einer Heimkindheit, meint nicht käuflich zu sein, wenn er entwendete Drogengelder für einen "guten Zweck" an jemand anderen weitergibt. Zudem ist er drogenabhängig und überschätzt seine Fähigkeiten - warum er dann an anderer Stelle wieder einen größeren Durchblick als alle anderen haben soll, ist kaum plausibel und hat bei allen "Überraschungen", wie u.a. dem "dreckigen Schnee" vulgo tödlich angereichertem Heroin, mehr mit Glück oder dem berüchtigten "deus machina" zu tun. Ein wirklicher Sympathieträger ist Aidan somit nicht, und als Ich-Erzähler lässt er einen anfangs auch nur schwer in die Handlung und das Wesen seiner Rolle finden. Erst in der zweiten Hälfte entwickelt das Ganze einen Zug, der einen immerhin bis zum Ende dranbleiben lässt. Bleibt abzuwarten, ob der Autor hier insgesamt noch nachbessern kann - das Talent dazu hätte er wohl … Ulrich Karger (Joseph Knox: Dreckiger Schnee. Thriller. Aus dem Englischen von Andrea O'Brien. Knaur Verlag, München 2018. 431 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-52210-3) >>> Amazon ![]() Stefan Lehnberg legt mit Die Affäre Carambol den zweiten Band der "criminalistischen Werke des Johann Wolfgang von Goethe, aufgezeichnet von seinem Freunde Friedrich von Schiller" vor. Das Ermittlerduo Goethe und Schiller stößt unter der Fragestellung "Cui bono?" schnell auf ungewöhnlich hohe Lieferungen von Mehl an einen geheimen Ort in Frankfurt, mit denen offenbar auf eine baldige kriegsbedingte Hungersnot spekuliert wird, was in seiner zynischen Perfidie durchaus an heutige Börsespekulationen gemahnt. Das zwingt die beiden Ermittler zu einigen waghalsigen Abenteuern, die sie zuweilen mit List aber vor allem mit sehr viel Glück überstehen. Nichtsdestotrotz lebt auch dieser Roman weniger von dem kriminalistischen Plot und dessen "Action" als von der augenzwinkernden Fiktion einer Posse oder Persiflage, die bei aller Unwahrscheinlichkeit der ihnen hier zugeschriebenen Taten gerade auch in den Dialogen u.a. das immer wieder augenscheinliche Gefälle der beiden Dichterfürsten analog zu Sherlock Holmes und Dr. Watson treffend herausstellt. So verlangt Goethe an einer Stelle von Schiller zwei Drittel der Tantiemen, die Schiller für sein Buch mit dem von ihm geschilderten ersten Ermittlungen in Durch Nacht und Wind erhalten hat - denn ohne Goethes Stellung und Spürsinn wären die beiden ja nie beauftragt worden. Schiller findet das "originell" argumentiert, wiewohl er ja bislang stets den anstrengenderen Part der Ermittlungen zu übernehmen hatte. Daneben legt der offenbar sehr kenntnisreiche Lehnberg ihnen aber auch Worte in den Mund, die sie tatsächlich so gesagt haben könnten oder geschrieben haben - das betrifft auch weitere Eigenheiten, wie Schillers Geldknappheit oder Goethes Hang zu Liebeleien. So geht es hier wie im Band davor im wahrsten Sinn des Wortes um einen Lesespaß, dem jeder Bierernst abträglich wäre. Den I-Punkt setzt hierfür einmal mehr die liebevolle Ausstattung des Buches im handgerechten Hardcoverformat und mit einer altertümlich stilisierten Schreibweise, die neben sei = sey oder bei = bey noch en passant und ohne den Lesefluss zu stören kleine Glanzlichter einstiger Wortvertracktheiten setzt. Ulrich Karger (Stefan Lehnberg: Die Affäre Carambol. Die criminalistischen Werke des Johann Wolfgang von Goethe, aufgezeichnet von seinem Freunde Friedrich von Schiller. Kriminalroman. Tropen c/o Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2018. 232 Seiten. 15,00 Euro. ISBN: 978-3-608-50354-8) >>> Amazon ![]() Nina Laurin hat mit Escape - Wenn die Angst dich einholt ein Roman-Debüt vorgelegt, das vom Verlag als "Psychothriller" beworben wird. Das weckt falsche Erwartungen, die weder die Autorin noch der Roman verdient haben. Denn in erster Linie handelt es sich hierbei um die durchaus gelungene Psychostudie einer Tablettensüchtigen, die immer wieder gegen ihre inneren Beschränkungen anzukämpfen hat. Dank der eingängigen Übersetzung lassen sich auch die typischen Redundanzen vom Scheitern und Neu-beginnen-wollen in auswegloser Situation flüssig weglesen. Wer selber Kinder hat, den wird die innere Spannung Laines nicht loslassen: den kaum widerstehbaren Drang nach Vergessen und den dagegen vergleichsweise nur sehr schwachen Impulsen, Olivia dieses Schicksal ersparen zu wollen. Erst im letzten Viertel des Buches ist Laine soweit, dass die Geschichte einen "Thrill" im eigentlichen Sinne entwickelt - und zwar derart passabel, dass man neugierig darauf ist, ob und wie die talentierte junge Autorin auch einen Roman mit nicht von vornherein derart eingeschränkten Handlungsträgern gestalten könnte. Ulrich Karger (Nina Laurin: Escape - Wenn die Angst dich einholt. Psychothriller. Aus dem kanadischen Englisch von Alice Jakubeit. Knaur Verlag, München 2018. 344 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-65410-1) >>> Amazon ![]() Nora Luttmer hat mit Dunkelkinder einen von der ersten bis letzten Seite überzeugenden Thriller vorgelegt. Angefangen vom überraschungsreichen Plot, den sie an sehr unterschiedlichen Orten in Hamburg und Umgebung entfaltet, sind ihre Charaktere - abgesehen vom Fiesling Bordasch - vielschichtig angelegt, so wie auch das Allem zugrunde liegende Verbrechen einige der (Mit-)Täter auch Opfer sein lässt, handelt es sich doch bei ihnen um Kinder. Und diese "Dunkelkinder" sind leider der Realität abgeschaut ... Nicht zuletzt auch ihre eingängig und wohldosiert mit treffenden Metaphern umgehende Sprachregelung macht Nora Luttmer zu einer Autorin, die man sich merken mag! Ulrich Karger (Nora Luttmer: Dunkelkinder. Thriller. Knaur Verlag, München 2018. 317 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-52193-9) >>> Amazon ![]() Nach ihrem eher schwächeren Thriller Perfect Girl knüpft Gilly Macmillan mit Bad Friends wieder an die Extraklasse ihres Debütromanes Toter Himmel an. Aus den wechselnden Ich-Perspektiven Jim Clemos, Abdis Schwester und natürlich der beiden Jungen entwickelt die Autorin einen Sog, der einen mit immer neuen und überraschenden Verweisen auf die Wirkung des Geschehens und ihre Vorgeschichte(n) in Bann hält. Ein echter Psychothriller, der nicht nur auf die nackte Handlung sondern vor allem auf die peu à peu sichtbar werdenden Puzzlesteine der Charaktere setzt und dabei immer wieder geschickt auch Klischees unterläuft - nicht zuletzt auch was die "politcal correctness" gegenüber Flüchtlingen und Kranken angeht. Natürlich, Kinder und Jugendliche, noch dazu als Opfer oder Täter, wecken sowieso den Thrill und entsprechende Neugier beim Leser - aber wie Gilly Macmillan sie nun auch wieder in diesem Plot von "Toter Himmel" einbindet, erinnert einmal mehr an die besten Romane von Krimi-Queens wie Minette Walters und PD James. Ulrich Karger (Gilly MacMillan: Bad Friends. Thriller. Aus dem Englischen von Maria Hochsieder. Knaur Verlag, München 2018. 415 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-52258-5) >>> Amazon ![]() Rachgier von Val McDermid ist der zehnte Fall für ihr berühmtes Ermittler-Duo Detective Chief Inspector Carol Jordan und Profiler Tony Hill. Gerade der erste Fall in dem neu begründeten und von Carol Jordan geleiteten ReMIT-Team scheint unlösbar zu sein, da der Täter jeden Fehler vermeidet. Hinzukommt, dass Jordan als trockene Alkoholikerin leichter als sonst aus der Bahn zu werfen ist und ihr im Zusammenhang mit ihrer letzten alkoholisierten Autofahrt noch ein Skandal drohen könnte, der auch gleich wieder zur Auflösung des ReMIT-Teams führen könnte, das als regionales Team von Sonderermittlern (=Regional Major Incident Team) alle gewaltsamen Todesfälle wie besonders grausame Sexualverbrechen oder Kindesentführungen im Bereich von sechs Polizeiapparaten übernehmen soll. In diesem Bedingungsgefüge werden die Ermittlungen zum Tanz auf der Rasierklinge und nehmen ein völlig unerwartetes Ende … Val McDermid ist erneut zu unwiderstehlicher Höchstform aufgelaufen, und man kann nur hoffen, das bald auch der elfte Fall mit Detective Chief Inspector Carol Jordan und Profiler Tony Hill angekündigt wird. (Val McDermid: Rachgier. Thriller. Aus dem Englischen von Doris Styron. Knaur Verlag, München 2018. 480 Seiten. 9,99 Euro. ISBN: 978-3-426-52181-6) >>> Amazon ![]() Der Nachbar von Patrícia Melo wird als Kriminalroman beworben, ist aber seiner "unerhörten Begebenheit" und dem Umfang nach eher eine Novelle im Gewand einer Satire. Oder auch nur eine beinhart durchdeklinierte Etüde über die Kleingeistigkeit eines vom Lärm belästigten Biologielehrers, der als namenloser Ich-Erzähler zur reinen Karikatur ohne Zwischentöne oder gar eine echte Chance auf Erkenntnisgewinn verkürzt wurde. Denn "natürlich" hat er vor dem durch ihn verursachten Unfall Ygors nicht nur keinen Erfolg bei seinen Schülern gehabt, sondern auch schon Monate davor seine Ehefrau verloren, ohne es zu merken. Das ist Alles sehr vorhersehbar, und damit weder spannend noch witzig noch sonst wie den Horizont erweiternd. Daran ändert auch die schöne Hardcover-Ausstattung dieses Buches nichts. Ulrich Karger (Patrícia Melo: Der Nachbar. Kriminalroman. Aus dem brasilianischem Portugiesisch von Barbara Mesquita. Tropen Verlag, Stuttgart 2018. 159 Seiten. 18,00 Euro. ISBN: 978-3-608-50387-6) >>> Amazon ![]() Maile Meloy hat mit Bewahren Sie Ruhe einen Thriller vorgelegt, der wegen seines Plots - insbesondere dank des Erzählstrangs mit den Kindern - von Anfang an packt und auf jeden Fall zu Ende gelesen werden will. Allerdings spätestens ab der Mitte des Buches nur noch, um zu sehen, ob und wie die Autorin ihr griffig "ausbalanciertes", wenn auch nicht immer plausibles Baukastenmodell zur Erstellung eines Romans für das US-amerikanische Middle-Class-Milieu durchhält. So ist zwar immer wieder von political correctness die Rede, doch die Zuteilungen der jeweiligen Schicksale und die seitens der Autorin durchdeklinierten Vorurteile hätten trotz allem Helikopter-Eltern-Geschwafel von Agatha Christie selig stammen können. Und leider ist das Ganze eben nicht als Satire gemeint … Ulrich Karger (Maile Meloy: Bewahren Sie Ruhe. Roman. Aus dem Amerikanischen von Anna-Christin Kramer und Jenny Merling. Kein & Aber Verlag, Zürich-Berlin 2018. 430 Seiten. 23,00 Euro. ISBN: 978-3-0369-5776-0) >>> Amazon ![]() Mit Der Kratzer schließt Oliver Ménard nach Federspiel und Das Hospital seine Trllogie um Christine Lenève ab, die als Tochter eines ermordeten Polizisten kein Risiko scheut, um ein Verbrechen aufzuklären. Wie die Vorgängerbände zwar in sich abgeschlossen, empfiehlt sich dennoch deren chronologische Lektüre, da so um einiges besser (und plausibler) u.a. die Entwicklung des Charakters von Lenève und auch anderer Handlungsträger nachzuvollziehen ist. So spannungs- wie voltenreich dieses Finale ist, umso größer die Hoffnung, dass Ménard bald einen neuen Thriller vorlegt - wirkten die Figuren im ersten Thriller noch ziemlich flach, war das im zweiten schon etwas besser, und beim dritten hat er noch einmal eine ordentliche Schippe draufgelegt. Ulrich Karger (Oliver Menard: Der Kratzer. Thriller. Knaur Verlag, München 2018. 413 Seiten. 9,99 Euro. ISBN: 978-3-426-52237-0) >>> Amazon ![]() Im Original bereits 2000 erschienen, liegt nun mit Commissaire le Floch und der Brunnen der Toten auch der zweite Band der mehrteiligen Nicholas-Le-Floch-Reihe von Jean-François Parot in deutscher Sprache vor. Der nach erfolgreicher Aufklärung zum Commissaire erhobene Nicolas Le Floch hat nun von Anfang zwar an einen besseren Stand bei seinen Untersuchungen, sieht sich aber auch mit immer höheren Erwartungen konfrontiert, denen er nur dank seines immer größer werdenden "Netzwerks" aus verlässlichen (und auch einflussreichen!) Begleitern entsprechen kann. Wie der erste spielt auch der zweite Fall im Jahr 1761 und birgt dank seines im besten Sinne mehrbödigen Plots nicht wenige Überraschungen. Und einmal mehr lässt Parot die Leser mit allen Sinnen das Paris jener Zeit nachvollziehen - sei es in den Straßen, Gasthäusern, Bordellen, Theatern, Klöstern oder auch außerhalb davon im königlichen Hof von Versailles. Wie schon im ersten Band mit einem umfangreichen Anhang ausgestattet, bieten auch hier die Abenteuer des Commissaire Nicolas Le Floch ein echtes Lesevergnügen, das man gern mit vielen neuen Lesern teilen möchte. Ulrich Karger (Jean-François Parot: Commissaire Le Floch und der Brunnen der Toten. Ein historischer Paris-Krimi. Aus dem Französischen von Michael von Killisch-Horn. Blessing Verlag, München 2018. 415 Seiten. 17,00 Euro. ISBN: 978-3-89667-572-9) >>> Amazon ![]() 10 Jahre nach dem ersten und 8 Jahre nach dem zweiten legt Markus Stromiedel mit Nachtfrost erst jetzt den dritten Roman um den Berliner Hauptkommissar Selig vor. Waren die beiden Vorgängerbände, wiewohl als "Politthriller" beworben, noch eher der Science-Fiction zuzuordnen, so ist "Nachtfrost" nun trotz und gerade wegen der Internetbezüge ein Kriminalroman, der nicht zuletzt auch historische Bezüge zur jüngeren Vergangenheit herstellt, und damit auch zur Rahmenhandlung um Seligs Vater. Seligs Sohn Tobias hingegen spielt mit seinen Freunden eine starke Rolle bei der Aufklärung einer ernsthaften Bedrohung durch Hacker samt deren "Trojanern" und "Computerviren". Letzteres gerade dieses Jahr bereits Thema in mehreren Thrillern und Krimis, gelingt Stromiedel hier eine sehr interessante Variante, anhand der er deutsch-deutsche Geschichte mit ihren zahlreichen Verlieren und immer gleichen Gewinnern durchzudeklinieren versteht. Und die Auflösung des eigentlichen Kriminalfalls hat es wirklich in sich. Daneben und dazwischen auch noch Seligs Annäherung an seine toughe Kollegin Maria Garcia Fernandez und die anderen gut gezeichneten Charaktere machen diesen Kriminalroman rundum überzeugend. Derart geerdet wäre der Weg nun frei, nicht wieder 8 Jahre bis zum nächsten Selig-Roman vergehen zu lassen … Ulrich Karger (Markus Stromiedel: Nachtfrost. Kriminalroman. Knaur Verlag, München 2018. 416 Seiten. 9,99 Euro. ISBN: 978-3-426-52067-3) >>> Amazon ![]() Gordon Tyrie hat mit Todesströmung ein äußerst gelungenes Thrillerdebüt vorgelegt, worin er zwar nicht gleich das Rad neu erfindet, aber immerhin so manche Genrevorgabe auf den Kopf stellt. So hat der Killer Hynch zwar nur ein Buch wirklich gelesen, aber das ist eines des Philosophen David Hume - und daraus zitiert der ansonsten wortkarge Mann immer wieder mal. Und die verkehrte Welt geht noch weiter, als bald immer deutlicher wird, dass die Rollen von gut und böse vertauscht sind: Da ein Killer, der tut, was er tun muss, aber nur gegen andere Killer und ohne Kollateralschaden an unschuldigen Zivilpersonen, auf der anderen Seite korrupte Polizisten im Auftrag machtgieriger Politiker. Und wie die Inselbevölkerung die Killer aufnimmt und sich von ihnen nicht einschüchtern lässt, hat Situationskomik, die aber nicht zur flachen Witzelei gerinnt. Der Tod bleibt eine ernste Sache, genauso wie der Überlebenskampf und die Gründe dafür - aber keine Angst: Es geht hier wie in jedem guten Krimi um einen Plot, der sehr geschickt immer mehr an der Spannungsschraube dreht und dabei sprachlich flüssig mit politisch unkorrekten Sichtweisen durchaus zum Nachdenken anregt, ohne dabei das Wichtigste nicht zu vergessen - nämlich von der ersten bis zur letzten Seite gut zu unterhalten. Ulrich Karger (Gordon Tyrie: Todesströmung. Thriller. Droemer Verlag, München 2018. 377 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-30650-5) >>> Amazon SF / Fantasy /Mystery ![]() Mike Brooks legte mit Dark Run einen klassischen Science-Fiction-Abenteuerroman vor, der eine Galaxie zum Spiel- und Handlungsort seiner Helden und Heldinnen macht. Die Menschen haben sich überall ausgebreitet, die Reichen können sich gute Luft leisten, während die Ärmeren es in unterirdischen Schächten aushalten müssen. Weit verbreitet sind zudem elektronische Bauteile, die Körperteile ersetzen. Drifts sechsköpfige Crew umfasst gendermäßig ausgewogen drei Kämpfer*innen, eine junge geniale Hackerin, einen Mann für die Maschinen und dessen Schwester als zielsichere Pilotin, die ihre Passagiere immer wieder an den Rand des Nervenzusammenbruchs zu treiben weiß. Nach dem Motto "Wir haben keine Chance, aber die nutzen wir immer" entwickelt der Plot eine eigentlich unüberwindbare Fallhöhe. Action ist somit garantiert, die nur noch mit den Dialogen voller Wortwitz konkurrieren muss. Nix zur tiefgründigen Erbauung, aber wer Sinn für spacig schwarzen Humor hat, wird hier bis zur letzten Seite gut unterhalten. Ulrich Karger (Mike Brooks: Dark Run. SF-Roman. Aus dem Englischen von Simon Weinert. Knaur Verlag, München 2018. 429 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-52208-0) >>> Amazon ![]() Brian Lee Durfee legt mit Der Mond des Vergessens den ersten Band seiner High-Fantasy-Serie "Die fünf Kriegerengel" vor. 888 Seiten umfangreich, wird in 54 Kapiteln aus acht wechselnden Erzählperspektiven ein Tanz auf dem Vulkan einer vom Untergang bedrohten Welt entfaltet. Farbenprächtig und detailreich werden Land und Leute geschildert, die Charaktere entwickeln trotz einiger Vorhersehbarkeit auch interessante Haken und Ösen. Mit am interessantesten unter ihnen die Entwicklungsgeschichte von Nail, der sich alles andere als zum Helden berufen sieht. Die Brutalität, sei sie physisch wie auch in Form von Intrigenspielen, ist allgegenwärtig und lässt auch durchaus anfangs vielversprechende Handlungsträger "über die Klinge springen". Die zuweilen sich an kirchengeschichtliche Motive aus dem Christentum des Mittelalters anlehnenden Religionen dieser Welt lassen bei den Bewohnern keine agnostische Haltung zu, dafür umso mehr engsternigen Fundamentalismus, was wiederum an heutige so genannte "Gotteskrieger" gemahnt. Der erste Band entwickelt einen mächtigen Erzählsog - und das, obwohl gerade die beschreibenden Teile der Form nach noch des Öfteren unverhofft hölzern und redundant rüberkommen. Doch am Ende ist man auf jeden Fall neugierig auf den zweiten Band … Ulrich Karger (Brian Lee Durfee: Der Mond des Vergessens - Die fünf Kriegerengel 1. SF-Roman. Aus dem Amerikanischen von Andreas Heckmann. Hobbit Presse / Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2018. 888 Seiten. 25,00 Euro. ISBN: 978-3-608-96141-6) >>> Amazon ![]() Mittlerweile ist Atticus klar, dass Theophilus als ältester Vampir die eigentliche Ursache für all seine Schwierigkeiten ist, da dessen Ziel seit mehr als 2000 Jahren die Ausrottung sämtlicher Druiden ist. Als Vertreter Gaias sind Druiden schon immer auf sehr effektive Weise Vampiren gefährlich geworden. So kommt es nun zu einem folgenreichen Show-down in Rom … Kevin Hearne legt mit Aufgespießt den achten und damit vorletzten Band seiner "Chronik des eisernen Druiden" vor. Neben Atticus (plus Oberon) haben seine Schülerin Granuaile (plus Orlaith) und sein alter Lehrer und Erzdruide Owen Kennedy jeweils in eigenen Erzählsträngen ihre eigenen Probleme zu lösen. So will Granuaile sich von einer Markierung durch Loki befreien und ihrem verhassten Stiefvater endgütlig eins auswischen, während Owen sich von seiner Liebe zu der Werwölfin Greta zur Begründung eines neuen Hains zur Ausbildung von Werwolf-Kindern zu Druiden auserkoren sieht. Was scheinbar nebeneinander läuft, führt am Ende dazu, dass sich alle drei den Vampiren in Rom stellen - wie immer, mit vielen Überraschungen und köstlichem Dialogwitz. Und zum Glück kann man sich wenigstens noch auf einen weiteren Band mit Atticus freuen … Ulrich Karger (Kevin Hearne: Die Chronik des eisernen Druiden 8 - Aufgespießt. SF-Roman. Aus dem Amerikanischen von Friedrich Mader. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2018. 464 Seiten. 16,95 Euro. ISBN: 978-3-608-98133-9) >>> Amazon ![]() Auf einer Nebenschiene zur "Chronik des eisernen Druiden" stellt Kevin Hearne in Oberons blutige Fälle den irischen Wolfshund in den Mittelpunkt zweier Kurzromane, die inhaltlich miteinander verbunden sind. Als Fan der "Chronik des eisernen Druiden" und des darin stets auf Gedankenebene mit Atticus kommunizierenden und ihn treffsicher kommentierenden Wolfshund Oberon ist dieser Band natürlich ein Muss. Aber: So ein Wolfshund ist halt doch eher eindimensional aufs Fressen und gegen Eichhörnchen ausgerichtet sowie mit einem völligen Unverständnis für den Unterschied einer Zeitdauer von einer Minute oder einem Monat gesegnet. Das führt notgedrungen zu einigen Redundanzen, die dann doch wieder nur Atticus und andere Druiden oder Menschen überbrücken können. Insgesamt zwei "nette" Kurzromane, die aber im Gegensatz "Chronik des eisernen Druiden" keine weitere Fortsetzung verlangen. Ulrich Karger (Kevin Hearne: Oberons blutige Fälle - Der Hund des eisernen Druiden. 2 SF-Kurzromane. Aus dem Amerikanischen von Friedrich Mader. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2018. 223 Seiten. 14,95 Euro. ISBN: 978-3-608-96295-6) >>> Amazon ![]() Diesmal erwacht sie im Süden von Nankan, wo sie eine junge schwangere Frau namens Kalenia gegen marodierende Räuber schützen muss. Kalena berichtet anschließend von einer Verschwörung, wonach der große Wald samt all seinen Lebewesen sich gegen die Menschen des angrenzenden Kontinents Yarkin erhoben hat und sie zu vernichten trachtet. Die Ursache für den bösen Zauber seien Verschwörer, deren Namen Kalenia kennt. Danèstra soll sie alle töten, da sie nicht nur Kalenias Familie und alle Bewohner ihres Dorfes ermordet haben, sondern den ganzen Kontinent bedrohen … Markus Heitz legt mit Die Klinge des Schicksals einen Fantasy-Roman vor, der erneut viele brillante Ideen und interessante Charaktere aufweist, doch leider trotz seines Umfangs in einem mit heißer Nadel gestrickten und deshalb nicht wirklich überzeugenden Ende mündet. Auch der Anfang lässt sich erst ziemlich betulich an, doch dann nimmt der Roman eine spannungsreiche Fahrt auf, während der u.a. auch die Grundsatzfrage im Miteinander von Mensch und Natur eine essentielle Bedeutung bekommt. Dennoch - am Ende vertraut der Autor nicht mehr wirklich seinen eigenen Ideen und lässt trotz eingeführter magischer Momente mehrfach deus ex machina walten. Das kann er besser, wie er u.a. in "Des Teufels Gebetbuch" bewiesen hat. Deshalb hier nur ein ingesamt "ganz nett" … Ulrich Karger (Markus Heitz: Die Klinge des Schicksals. SF-Roman. Knaur Verlag, München 2018. 571 Seiten. 16,99 Euro. ISBN: 978-3-426-65448-4) >>> Amazon ![]() Gork der Schreckliche ist nach seiner preisgekrönten Storysammlung "Dear Mr. President" (dt. 2004) erst die zweite Buchveröffentlichung des US-Amerikaners Gabe Hudson und zugleich sein Romandebüt. Der Ich-Erzählerdrache Gork knüpft dem Stil nach an SF-Comedians wie Terry Pratchett und Robert Asprin an und wurde vom "Rolling Stone" sogar mit Douglas Adams verglichen - das kann eigentlich nur bedeuten, dass dieser Roman in der Originalsprache und bezogen auf die USA mehr Subtext transportiert als die deutsche Übersetzung. Denn in ihr lesen sich Gorks Tiraden so, dass er eigentlich sehr gern so hart und böse wie die anderen Drachen wäre, es aber halt nicht schafft - und dennoch alle Anschläge gegen sich "irgendwie" überlebt, um dann zum Schluss hin "irgendwie" genau mit seinen Eigenarten, die er auf einmal auch "irgendwie" annimmt, seine richtige Queen auf dem richtigen Planeten zu erkennen. In sich konsistent und nachvollziehbar sind in ihrer perfiden Schrägheit einzig die Gegner Gorks. Und ja, zwischendurch blitzt ein wenig Witz auf, wenn Gork nach (s)einem Fall noch tiefer fällt - identifizieren mag und kann man sich mit Gork aber eher nicht, dazu ist er einfach meist zu doof und darin - bis auf den Schluss - auch noch redundant. Einer der seltenen Fälle, bei denen die Hobbit Presse danebengegriffen hat - aber zum Glück stehen in diesem Verlag ja u.a. noch zwei Bände von Kevin Hearne aus, die nicht nur wirklich witzig sind, sondern auch darüber hinaus um einiges Mehr an Substanz aufweisen … Ulrich Karger (Gabe Hudson: Gork der Schreckliche. Roman. Aus dem Englischen von Wieland Freund und Andrea Wandel. Hobitt Presse im Klett Cotta Verlag, Stuttgart 2018. 432 Seiten. Euro. ISBN: 978-3-608-96268-0) >>> Amazon ![]() Mit Feuerstunde als 2. Band der Chroniken der Sphaera setzt Christopher Husberg seine sehr vielschichtige High-Fantasy-Reihe fort. Menschen, von diesen verachtete, an Elfen gemahnende Tiellaner und auch Vampire bevölkern die Sphaera. Einige seiner Bewohner verfügen über magische Fähigkeiten, meist allerdings nur mit Hilfe der süchtig machenden Droge "Frostflamme". Zudem werden die weltlichen Regenten von der Priesterschaft der Göttin Canta dominiert und den Glauben nicht achtende auch von deren Inquisitoren verfolgt. Und nun sind auch noch die Angst und Schrecken verbreitenden Dämonen zurückgekehrt … Husberg versteht es sehr gut, seine höchst unterschiedlichen Charaktere und Interessengruppen überzeugend auszugestalten und in Beziehung zu- oder gegeneinander zu setzen. Der Plot stellt nicht weniger als die Überlebens- und Sinnfrage für eine ganze Welt, was hier zuweilen auch in durchaus tiefgründige Überlegungen und Dialoge mündet. Bleibt nur noch die Frage: Wann folgt der 3. Band? Ulrich Karger (Christopher B. Husberg: Feuerstunde - Die Chroniken der Sphaera. SF-Roman. Aus dem Amerikanischen von Kerstin Fricke. Knaur Verlag, München 2018. 683 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-51922-6) >>> Amazon ![]() Mit Seidenkrieger - Die Götter von Dara legt Ken Liu nach Seidenkrieger - Die Schwerter von Dara den zweiten Teil seiner Trilogie um das Kaiserreich Dara mit Kuni Garu als sympathischem Schlitzohr vor, der eigentlich für alle nur stets das Gute will und damit sogar trotz aller strengen Rituale und der Anhänger unterschiedlicher Philosophien gar nicht so wenig Erfolg hat. Doch viele Jäger sind des Hasen tot - oder könnten es sein. Einmal mehr ein so ungewöhnlicher wie durchgehend fesselnder Farbtupfer in diesem Genre, endet der zweite Band mit einem Cliffhanger, der alles möglich erscheinen lässt. Umso größer die Vorfreude auf den dritten Band! Ulrich Karger (Ken Liu: Seidenkrieger - Die Götter von Dara. Roman. Aus dem Amerikanischen von Katharina Naumann. Knaur Verlag, München 2018. 480 Seiten. 10,99 Euro. ISBN: 978-3-426-51907-3) >>> Amazon Kinder- & Jugendliteratur ![]() Und nun sind Penny und Will tot, gestorben nach einem Verkehrsunfall, der bei Lake lediglich einen Unterarm in Gips hinterlassen hat. Das ist so traurig und so schlimm - aber noch schlimmer ist, dass von Lake in wenigen Tagen eine Entscheidung abverlangt wird. An ihrem 18. Geburtstag hat sie nämlich das Recht, einen Menschen von den Toten auferstehen zu lassen, der dann nicht nur wieder lebendig, sondern auch von allen zuvor erlittenen Krankheiten oder eben auch den Folgen eines Unfalls geheilt wäre. In der Familie war es längst beschlossene Sache, dass Matt kurz vor ihrem 18. Geburtstag sterben und dann dank ihr wieder gesund auferstehen sollte … Für Chandler Baker ist ihr Jugendroman Das Ende ist erst der Anfang ein "Buch des Herzens", das sie während eines Schwangerschaftsurlaubes "in einem Anfall von Inspiration geschrieben" hat. Doch "Inspiration" meint hier nicht mehr als einen Einfall, dem es (nicht nur) bei dessen Entfaltung dann leider in jeder Hinsicht gehörig an Plausibilität mangelt - auch wenn mit der Möglichkeit der Totenerweckung als (einzigem) Aspekt der Science-Fiction hier der Rahmen ja weit gesteckt gewesen wäre. Doch auch die SF sucht zumindest nach einer inneren Plausibilität, der ein gewisses Maß an Logik innewohnt. Unsterbliche (Gottheiten) und jahrtausendalte Druiden (wie z.B. bei Kevin Hearn: Die Chronik des eisernen Druiden - Die Hetzjagd) sind da nicht ungewöhnlich, doch wieder aufstehende Tote haben es in der SF nur zu "Zombies" geschafft, die nichts mehr mit der zuvor lebenden Person zu tun haben (können). Die einzige Ausnahme in der (Glaubens-)Literatur bildet Jesus - und selbst er war nach seinem Tod am Kreuz nicht mehr derselbe … Baker hingegen begibt sich in ihrem Buch recht unbekümmert auf ein "weites Feld" und reißt nur einige sich aus ihrer "Idee" zwingend ergebende Problem- und Fragestellungen bestenfalls halbherzig an, um eine ansonsten nicht allzu ungewöhnliche, mit viel Drama angereicherte Herzschmerzgeschichte unter Jugendlichen voranzubringen. Heranwachsende unterhaltsam mit ethischen Fragen zu konfrontieren, ist eine aller Ehren werte Angelegenheit - doch hier wird mit einer schon arg versalzenen Wurst nach der Speckseite geworfen, die ein Nicht-Problem erörtert und am Ende eine Lösung findet, die auch ohne diese Erörterung hätte gefunden werden können. Dass nun selbst ein bislang seriöser Verlag wie Thienemann Derartiges unter seine Fittiche zu nehmen müssen glaubt, stimmt in einer Welt immer mehr grassierender Fake News schon sehr bedenklich. So bleibt zu hoffen, dass es sich hier nur um einen einmaligen Ausrutscher handelt … Ulrich Karger (Chandler Baker: Das Ende ist erst der Anfang. Roman. Aus dem amerikanischen Englisch von Gerda Bean. Thienemann Verlag, Stuttgart 2018. 398 Seiten. 17,00 EUR. Ab 16 Jahren. ISBN: 978-3-522-20248-0) >>> Amazon ![]() Für interessierte Jugendliche wie auch für Erwachsene, die über die Schlagworte hinaus eine erste Einführung zur Person Karl Marx und seinen Theorien wie auch ihre Auswirkungen lesen wollen, sei Karl Marx - Ein radikaler Denker von Wolfgang Korn sehr anempfohlen. Das erste von 14 Kapiteln setzt nicht mit der Geburt, sondern mit dem Untertitel "Was Marx uns heute noch zu sagen hat" ein, in dem auch der Autor sein erstes Interesse an ihm offen legt. Die aktuellen Bezüge ergeben sich aus den erstmals und in vielerlei Hinsicht gut begründeten Vorhersagen von Marx, wonach die Welt wegen den Prinzipien einer Kapitalwirtschaft immer ungerechter wird, weil die reichen Länder immer reicher, und die meisten anderen Länder ärmer werden, während in den reichen Ländern wiederum die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Seine Erkenntnisse als erster Globalisierungskritiker über das Kapitalwesen feiten ihn zwar nicht vor Irrtümern und Missbrauch seiner Theorien - wiewohl Marx ausdrücklich sagte "Ich bin kein Marxist!" -, doch sie verdienen nach wie vor Beachtung, wenn man den oben angesprochenen Ungerechtigkeiten und daraus resultierender Unzufriedenheit ernsthaft etwas entgegensetzen will. Die Entwicklung seiner Theorien korrespondiert höchst spannungsgeladen und zuweilen auch widersprüchlich mit dem privaten Leben von Karl Marx. Ohne etwas zu beschönigen, setzt Wolfgang Korn dies auch in einen historischen Bezug z.B. vom allgemeinen Rollenverständnis zwischen Mann und Frau damals. Manche Fragen bleiben da angesichts des Buchumfangs offen, z.B. die, warum ein Friedrich Engels jahrzehntelang bis zu dessen Lebensende Karl Marx und seine Familie alimentierte und dafür sogar die verhasste Fabrik des Vaters übernahm - und dies, wiewohl der rechthaberische Karl Marx trotz seines ihm von Engels zugestandenen Genies so wenig zielstrebig seine wissenschaftlichen Arbeiten verfolgte oder auch nur Empathie für Engels in dessen traurigster Stunde aufbrachte. Aber das tut der Qualität des Buches keinen Abbruch - denn basierend auf aktuellstem Forschungsstand wird hier knapp (sic!), fundiert und in eingängiger Sprachregelung höchst unterhaltsam das Leben von Karl Marx, sein Werk und dessen Nachwirkungen vorgestellt. So manchem wird das genügen, andere werden gewiss neugierig gemacht und wollen nun mehr über diese Person der Zeitgeschichte erfahren. Ulrich Karger (Wolfgang Korn: Karl Marx - Ein radikaler Denker. Hanser Verlag, München 2018. 256 Seiten. 19,00 Euro. Ab 14 Jahren. ISBN: 978-3-446-25870-9) >>> Amazon ![]() Für sein Roadmovie der Sonderklasse hat Dirk Pope mit Abgefahren einen in jeder Hinsicht passenden Titel gewählt. Wie der Antiheld Viorel einerseits traumwandlerisch Klippen umschifft bzw. Gefahren hinter sich lässt, um dann in umso größere Nöte zu geraten, wird voller skurriler Einfälle entfaltet, ohne dabei je in seicht-witzelnde Gewässer zu geraten. Die tote Mutter, der Selbsthass auf sich und seine Verfressenheit - das Alles bleibt bis fast zuletzt bestimmend für Viorels Sicht auf die Welt, noch dazu in einem drögen, nüchternen Ton, der selbst die Situationskomik tragischer Ereignisse auf den Punkt zu bringen vermag. Klischees und Vorurteile - alle Rumänen klauen - werden einbezogen, dann von größtmöglicher Liebenswürdigkeit und Hilfsbereitschaft unterlaufen und in Teilen dann doch wieder wahr. Was zuweilen wie ein unglaubwürdiger LSD-Trip anmutet, aufgeladen u.a. durch Begegnungen wie der mit Danas Großmutter und ihren beiden Fledermauspapageien, von denen später einer noch Opfer eines Vampirs werden sollte - jedenfalls nach unverrückbarer Ansicht der Großmutter. Ein Lesevergnügen für Erwachsene und Jugendliche gleichermaßen. Schräg, komisch, skurril und unterhaltsam bis zur letzten Seite - einfach abgefahren! Ulrich Karger (Dirk Pope: Abgefahren. Roman. Hanser Verlag, München 2018. 235 Seiten. 15,00 Euro. Ab 14 Jahren ISBN: 978-3-446-25875-4) >>> Amazon |
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