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Büchernachlese | Kurzhinweise 2018


Neben den denen des aktuellen Erscheinungsjahrs können auch noch siehe Links oben insgesamt 591 Kurzhinweise zu den Jahren 2003 bis 2023 (und davon jene zum hier angezeigten Jahr) abgerufen werden:

Sortiert nach Genre und dem Alphabet der Autorennamen führen die verlinkten Genrebezeichnungen zum jeweils ersten Kurzhinweis.
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  • Belletristik: Michael Chrichton, Robin Sloan
  • Krimis / Thriller: Ølsten Borge, Max Bronski, Bill Clinton & James Patterson, Michael Connelly, C. J. Cooke, Vitu Falconi alias Thomas Thiemeyer, Steve Hamilton, Colin Harrison, Jørn Lier Horst, Joseph Knox, Stefan Lehnberg, Nina Laurin, Nora Luttmer, Gilly MacMillan, Val McDermid, Patrícia Melo, Maile Meloy, Oliver Ménard, Jean-François Parot, Markus Stromiedel, Gordon Tyrie
  • SF / Fantasy / Mystery: Mike Brooks, Brian Lee Durfee, Kevin Hearne (2x), Markus Heitz, Gabe Hudson, Christopher Husberg, Ken Liu
  • Kinder- & Jugendliteratur: Chandler Baker, Wolfgang Korn, Dirk Pope


  • Belletristik

    Etwa 1869 begannen zwischen den Paläontologen Othniel Charles Marsh und Edward Drinker Cope die "Bone Wars" bzw. "Knochenkriege", in denen sie sich in heftiger Konkurrenz zueinander bekämpften. Zwischen die Fronten dieser Knochenkriege gerät 1875 William Jason Tertullius Johnson, der seinerzeit 18-jährige Sohn eines wohlhabenden Schiffsbauers aus Philadelphia. Verzogen und undiszipliniert zwingt ihn die Wette mit einem Kommilitonen am Yale College zur Teilnahme an einer Expedition unter Führung von Marsh, um im "Wilden Westen" Fossilien zu entdecken und auszugraben. Marsh, der hinter jedem einen potentiellen Spion von Cope vermutet, lässt Johnson auf halber Strecke zurück - und Johnson wird kurz danach in die Gruppe von Cope aufgenommen. Allerdings will der in ein Gebiet, durch das demnächst aufgebrachte und äußerst feindlich eingestellte Indianerstämme ziehen werden - ganz davon abgesehen, dass auch Marsh nicht vor Verfolgung, falschen, in der Folge lebensgefährlichen Gerüchten und Todschlag zurückschreckt …
    Dragon Teeth - Wie alles begann wird als zuvor unveröffentlichtes Erstlingswerk von Michael Chrichton (1942-2008) vorgestellt. Ein Vergleich zwischen seinen weltbekannten Romanen "Next", "Timeline" und "Jurassic Park", womit Dragon Teeth laut Klappentext als eine Art Vorläufer auch in Beziehung gesetzt wird, verbietet sich, da der Rezensent zwar einige Chrichton-Verfilmungen kennt, Dragon Teeth aber für ihn eine Erstlektüre dieses Autors darstellt.
    Zwar kein "Thriller", liest sich das in eingängiger Übersetzung von Klaus Berr vorliegende Buch als amüsante und sehr unterhaltsame, im 19. Jahrhundert und im Milieu des "Wilden Westens" spielende Abenteuergeschichte.
    Historisches, das auch mit einem zweiseitigen Literatur- bzw. Quellen-Anhang fundiert wird, hebt sich kenntlich (in einem gewichtigen Punkt jedoch mit einer falschen Zuordnung), aber keineswegs störend vom Fiktiven ab - so ist die Hauptfigur des William Johnson erfunden, während es die beiden Paläontologen samt dem Knochenkrieg wirklich gab.
    Wie gesagt, Qualitätsunterschiede zu anderen Romane Chrichtons können hier nicht gemacht werden - aber dieser Roman wirkt in sich rund, sein Plot plausibel und die Geschichte mit nicht wenig (Achtung: Kalauer!) knochentrockenem Humor entfaltet. Historische, zuweilen durchaus brutale Gegebenheiten werden keineswegs zugedeckt, sondern im besten Sinn satirisch zugespitzt, und last, but not least treibt die Hauptfigur die Handlung als pointierten Entwicklungsroman (neudeutsch: Coming-of-Age-Roman) mit viel Witz voran. Abgesehen von den hier umkämpften Dinosaurier-Fossilien hat das Buch aber mit "Jurassic Park" wohl nichts gemein.
    Mancher Autor wäre froh, hätte er einen derartigen Roman als Debüt vorlegen können - warum Michael Chrichton ihn nicht veröffentlicht hat, bleibt sein Geheimnis und wird auch nicht im Nachwort näher erläutert. Ulrich Karger
    (Michael Chrichton: Dragon Teeth - wie alles begann. Roman. Aus dem amerikanischen Englisch von Klaus Berr. Blessing Verlag, München 2018. 318 Seiten. 22,00 Euro. ISBN: 978-3-89667-623-8)
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    Lois Clary programmiert den ganzen Tag als Software-Ingenieurin bei einem Start-up in San Francisco, das Roboter herstellt. Ihre Sozialkontakte beschränken sich auf zwei Brüder, bei denen sie jeden Abend Suppe und ein überaus köstliches Sauerteigbrot bestellt. Als die beiden ihr Küche aufgeben und wegziehen, hinterlassen sie ihr noch die Sauerteigkultur, aus der sie ihr Brot hergestellt haben - und die hat es in sich: Sie viel erfordert sehr viel Pflege und verändert das Leben von Lois so sehr, dass sie ihren Job kündigt, um nun ihr eigenes Brot zu backen und zu vertreiben. Dabei macht sie Bekannschaft mit einer eingeschworenen Gruppe von Leuten, einen experimentellen Street-Food-Markt betreiben. Doch von dieser Gruppe aufgenommen zu werden und schließlich auch ihr Geheimnis zu lüften, ist gar nicht so leicht …
    Nach dem eher ärgerlichen Roman Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra ist Robin Sloan mit Der zauberhafte Sauerteig der Lois Clary ein wirklich zauberhafter Roman gelungen, der trotz ganz anderer Mittel atmosphärisch ein wenig an den Kinofilm "Chocolat - Ein kleiner Biss genügt" mit Juliette Binoche erinnert.
    Wiewohl die liebenswerte Lois sämtliche Widrigkeiten geradezu schlafwandlerisch meistert und dafür auch mit einem sehr gut trainierten Denkapparat ausgestattet ist, nimmt man nicht übel, sondern freut sich mit ihr über jede gelungene Annäherung an andere Menschen oder ein zu lösendes Problem. Und wenn sich am Ende erweist, wie gut doch alte und neue Kulturtechniken sinnvoll zu kombinieren sind, seufzt man dankbar auf, mal ein Buch lang das Gute siegen "erlebt" zu haben. Ulrich Karger
    (Robin Sloan: Der zauberhafte Sauerteig der Lois Clary. Roman. Aus dem Amerikanischen von Dietlind Falk. Blessing Verlag, München 2018. 272 Seiten. 20,00 Euro. ISBN: 978-3-89667-615-3)
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    Krimis / Thriller

    In Belfast verschwindet ein norwegisches Ehepaar, deren Tochter ist ranghohe Politikerin gut vernetzt - und schon wird Europol-Kommissar Bogart Bull auf den Fall angesetzt. Dabei wollte Bull nach einem frisch operierten Bandscheibenvorfall in Nordirland nur ein paar freie Tage verbringen und bei der Gelegenheit zusammen mit seinem egozentrischen Künstler-Vater seinen geliebten Großvater mütterlicherseits besuchen.
    Nicht lange, und die Leichen des offensichtlich ermordeten Ehepaars werden gefunden, unweit von diesen eine andere Leiche, in deren leeren Augenhöhle eine Lilie gesteckt wurde - das alte Symbol des irischen Freiheitskampfes, und das 20 Jahre nach dem Friedensschluss in Nordirland …
    Ølsten Borge legt mit Hinterhalt seinen zweiten Kriminalroman um den Europol-Kommissar Bogart Bull vor.
    Erneut entfaltet der Autor einen sehr komplexen Plot, der Vergangenheit und Gegenwart (politisch wie privat) in eine spannende Beziehung zu setzen weiß. Die Übersetzung ist wieder sehr eingängig und auch wenn das Ende dann eines Deus ex machina bedarf, hat man sich mit diesem Kriminalroman keineswegs unter Niveau unterhalten.
    Empfehlenswert, gern mehr davon! Ulrich Karger
    (Olsten Borge: Hinterhalt. Kriminalroman. Aus dem Norwegischen von Andreas Brunstermann. Droemer Verlag, München 2018. 315 Seiten. 9,99 Euro. ISBN: 978-3-426-30605-5)
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    Gerade eben noch auf seinem wenig besuchten Stand auf dem Münchner Christkindlmarkt, wird Gossec von einem LKW überfahren. Danach gibt es ihn zweimal, und er sieht schwebend unter sich den zerschundenen Körper des einen im Bett einer Intensivstation. Den anderen zieht es zurück in seine Ladenwohnung, die alsbald zur Herberge einer jungen, ihm unbekannten Frau namens Mariella werden soll, in der dann auch noch Joshua geboren wird …
    Fans von Max Bronski wird es wahrscheinlich schnuppe sein, dass Schneekönig weniger Krimi als laut Friedrich Ani "ein total abgedrehtes Krippenspiel" mit sehr viel Münchner Lokalkolorit ist, das auch einen geisterhaften Gossec sehr irdische Nachforschungen anstellen lassen kann - kuriose Begegnungen, himmlische Helfer, göttliche Eingebungen und dem einen oder anderen Wink des Schicksals (oder des Himmels?) inklusive.
    Das hat durchaus anarchistischen Charme und subkutanen Tiefgang - und am Ende ist auch dieser Fall befriedigend gelöst. Ulrich Karger
    (Max Bronski: Schneekönig. Kriminalroman. Droemer Verlag, München 2018. 222 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-30611-6)
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    Vertreter von Kongress und Senat halten dem US-Präsidenten mehrere Gerüchte vor, die nicht zuletzt Cyberterror und Spionage betreffen. Doch der Präsident kann nicht angemessen antworten, da es offensichtlich im Kabinett einen Verräter gibt, von dem neben ihm nur eine Handvoll Mitarbeiter wissen dürfen. Als der Präsident schließlich sogar selbst unter Verdacht gerät, ist er plötzlich von der Bildfläche verschwunden. Etwas noch nie Dagewesenes …
    Der Thriller The President Is Missing wird als Gemeinschaftswerk von James Patterson und dem ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton beworben. Wie hoch die jeweiligen Schreibanteile daran verteilt sind, lässt sich nicht sagen - angeblich sei der Thriller aber "gespickt mit Informationen, über die nur ein ehemaliger Oberbefehlshaber verfügt".
    Nun ja, der im Zusammenhang mit einer virtuellen Bedrohung von ganz Amerika gebaute Plot ist nach altbekannter Patterson-Manier durchaus spannend aus der Ich-Perspektive eines fiktiven US-Präsidenten entfaltet. Das darin aufscheinende Selbstbild des Präsidenten - aus einfachen Verhältnissen durch Fleiß und Bildung nach oben gekommen, zudem von anerkannt selbstloser Tapferkeit als Ex-Ranger im Militär -, ist vor allem dem Allgemeinwohl verpflichtet und hat angesichts des derzeitigen Präsidenten (aber auch in Erinnerung an Clinton selbst) eben … fiktiven Charakter. Was das Hauen und Stechen innerhalb Regierung, Senat und Kongress angeht, ist da nichts wirklich Neues nachzulesen - aber der Plot trifft immerhin mit dem Aufgreifen des Cyberterrors als einer der derzeit womöglich größten menschengemachten Bedrohungen auch für den Rest der Welt den Nagel auf den Kopf. Ulrich Karger
    (Bill Clinton & James Patterson: The President Is Missing. Roman. Aus dem Amerikanischen von Anke und Eberhard Kreutzer. Droemer Verlag, München 2018 2018. 477 Seiten. 22,99 Euro. ISBN: 978-3-426-28197-0
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    Harry Bosch, mittlerweile ehrenamtlich für das San Fernando Police Department sowie gegen Honorar als Privatermittler tätig, soll einen Erben des Milliardärs Whitney Vance finden. Als Student hatte Vance ein Verhältnis mit einer Mexikanerin, die er auf Druck seines Vaters verließ, als die junge Frau schwanger wurde. Als alter und ansonsten kinderloser Mann seinen Tod vor Augen, will Vance endlich Wiedergutmachung leisten. Da die Manager des Firmenimperiums von Vance ganz andere Interessen haben muss Bosch mit äußerster Vorsicht vorgehen. Doch kaum hat er erste Erfolge erzielt, erfährt er vom plötzlichen Tod seines Auftraggebers. Ganz klar, dass Harry Bosch trotzdem am Ball bleibt …
    Michael Connelly legt mit Die Verlorene seinen 21. Harry-Bosch-Roman vor - und ist damit erneut zur Höchstform aufgelaufen!
    Boschs Suche nach einem Erben von Whitney Vance wird zu einem kleinteiligen Puzzlespiel, das, wie schon oft bei Connelly, auch ein überzeugend düsteres Schlaglicht auf die jüngere Historie der USA wirft. Parallel dazu hat Bosch es als ehrenamtlicher Ermittler für das San Fernando Police Department mit einem Serienvergewaltiger zu tun, dessen immer brutaleres Tatmuster alsbald auch die Ermordung eines seiner nächsten Opfer befürchten lässt. Bosch dabei zuzuhören, wie schwer es ihn ankommt, nach Aufspüren des mutmaßlichen Täters diesen eben nicht mit gleichfalls brutalen Mitteln anzugehen, ist vom Autor schlicht brillant gelöst und hält beim Leser Verständnis und Gesetzestreue in angemessener Balance. Die Spannung lässt bei beiden Erzählsträngen auf keiner Seite nach und zieht einen mit großem Tempo bis ans Ende des Buchs.
    So bekommt man von Harry Bosch nie genug und freut sich schon auf den 22. Roman mit ihm. Ulrich Karger
    (Michael Connelly: Die Verlorene. Die Harry-Bosch-Serie, Band 21. Thriller. Aus dem amerikanischen Englisch von Sepp Leeb. Droemer Verlag, München 2018. 444 Seiten. 22,99 Euro. ISBN: 978-3-426-28192-5)
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    Als eine Frau am Strand der griechischen Insel Komméno geweckt wird, weiß sie weder ihren Namen noch woher die Verletzung am Kopf stammt. Dabei hat sie noch Glück im Unglück, denn auf der schon längere Zeit völlig verlassenen Insel haben sich vier Autoren eines der leerstehenden Häuser hergerichtet, um für einige Wochen die karge Abgeschiedenheit der Insel als Inspiration für ihr Schreiben zu nutzen. Als die Frau einigermaßen wach ist, bieten sie ihr gleich ihre Hilfe an. Doch irgendetwas stimmt mit den Vieren nicht, und bald fragt sich die Frau, ob sie nicht mehr über sie wissen, als sie behaupten.
    Zeitgleich vermisst in London Lochlan Shelley seine Ehefrau Eloise, die offenbar am helllichten Tag spurlos verschwunden ist und ihn wie auch die gemeinsamen zwei kleinen Kinder ohne erkennbare Begründung verlassen hat. Ohne Geld und Ausweis, ohne Koffer oder Auto, ohne Flugticket. Es dauert nicht lange, und Lochlan sieht sich Vorwürfen und Beschuldigungen ausgesetzt - nicht zuletzt auch von jenen, die er sich selber macht ...
    Unter dem Pseudonym C. J. Cooke hat eine in Glasgow lebende "preisgekrönte Autorin" den Psychothriller Broken Memory - Woher kennst du meinen Namen? vorgelegt.
    Im Wechsel erzählen Lochlan und die Frau auf Komméno aus der Innenperspektive, und es wird schnell klar, dass es sich bei ihr um die vermisste Eloise handelt. Der Spannungsbogen innerhalb und zwischen diesen beiden Innenperspektiven wird von Anfang an kräftig angezogen und bis zum Ende durchgehalten - dem kann man sich selbst dann nicht mehr entziehen, wenn einem deutlich wird, an welchem Kindheitstrauma Eloise leidet und was es z.B. mit den anderen vier Inselbewohnern auf sich hat.
    Spannend bis zur letzten Seite, wirkt der eingängig entfaltete Plot in sich sehr schlüssig und kommt ohne Effekthascherei aus - die ist auch gar nicht nötig, vermögen doch jahrelang geübte selektive Wahrnehmung und Verdrängung Abgründe aufzutun. Endlich mal wieder ein Psychothriller, der im besten Sinne die Genre-Zuordnung verdient! Ulrich Karger
    (C. J. Cooke: Broken Memory - Woher kennst du meinen Namen? Psychothriller. Aus dem Englischen von Susanne Wallbaum. Droemer Verlag, München 2018. 366 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-28184-0)
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    An einer Schreibblockade leidend, will der Autor Eric Marchand die Hauptfigur seiner Krimiserie sterben lassen, doch sein Verleger empfiehlt im stattdessen eine Auszeit zu nehmen. Die führt Marchand nach Korsika, wo auch seine Mutter herstammte. Erst schien ihn die Insel freundlich willkommen zu heißen, doch als er bei einer Gelegenheit den Familiennamen seiner Mutter nennt, weckt er eine jahrhundertealte Blutfehde, die sich nun auch auf ihn erstreckt …
    Unter dem Pseudonym Vitu Falconi hat Thomas Thiemeyer mit Das korsische Begräbnis eine neue "Urlaubs-Krimireihe" gestartet.
    Den Schauplatz Korsika mit seinen reizvollen Landschaften weiß der Autor gut vor Augen zu führen und er zieht aus den Traditionen samt einer Mentalität mit archaisch anmutenden Ehrbegriff genug Honig, um daraus eine actionreiche Handlung zu konstruieren. Eric Marchand, der u.a. auch Martial Arts trainiert hatte, passt da als Hauptfigur mit soft-angehauchten Machismo ganz gut hinein. So unterläuft er die ihm zugeschriebene Intelligenz immer wieder auch mit ziemlich dämlichem, rein Impuls gesteuerten Gebaren.
    Die Handlung lebt neben der bis zum Ende gehaltenen Spannung auch von einigen, angeblich traditionsbedingt esoterischen Abschweifungen - aber was soll's, insgesamt kommt das im Vergleich zu manch anderem Krimi ganz rund und flüssig daher. Angesichts der darin durchaus blutrünstig geschilderten, auch "versehentlich" nicht vor Touristen halt machenden Mafiastrukturen sollte man das Buch vielleicht nicht gerade als Urlaubslektüre auf Korsika nutzen. Ulrich Karger
    (Vitu Falconi: Das korsische Begräbnis. Kriminalroman. Knaur Verlag, München 2018. 352 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-52170-0)
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    Nick Mason ist noch immer in der Hand von Darius Cole, der ihm als Pate von Chicago eine vorzeitige Entlassung aus dem Gefängnis verschafft hat. Doch dafür muss Nick als Nächstes drei Männer töten, die Cole ins Gefängnis gebracht haben und seither mit neuen Identitäten im Zeugenschutzprogramm des FBI abgetaucht sind. Dank korrupter Beamte weiß Cole zwar, wo Nick sie finden kann, doch angesichts der Bewachung rund um die Uhr durch US Marshals sind die Zeitfenster für Anschläge sehr klein. Zudem will Nick keine Unschuldigen töten, was das Ganze nicht einfacher macht. Scheitert Nick nur bei einem Auftrag, würden in jedem Fall Nicks Kind und seine Exfrau getötet …
    Nach Das zweite Leben des Nick Mason legt Steve Hamilton mit Drei Zeugen zu viel den zweiten Band um Nick Mason als Auftragskiller wider Willen vor.
    Brutal und Testosteron beladen bis zum Anschlag, sind bis auf eine Staatsanwältin alle Handelnden Männer, während Frauen bestenfalls die Rolle zu beschützender Geliebte einnehmen. Nick Mason selbst scheint dabei immer mehr dem Marvel-Comic-Universum entsprungen zu sein, der noch selbst mit dem Kopf unterm Arm eine Gruppe von Muskelbergträgern überwinden könnte. So muss der Autor bei seinen Plots immer noch ein Schippchen an Fallhöhe drauflegen, um die Spannung zu erhöhen und auch ein Scheitern Nicks für wahrscheinlich zu halten. Und tatsächlich wartet das Ende des Romans mit einer nicht allzu leicht vorhersehbaren Volte auf … Ulrich Karger
    (Steve Hamilton: Drei Zeugen zu viel. Thriller. Aus dem amerikanischen Englisch von Karin Diemerling. Droemer Verlag, München 2018. 334 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-30499-0)
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    Paul Reeves, ein New Yorker Anwalt für Einwanderungsrecht, hat sich eingerichtet. Anfang 50, nach zwei gescheiterten Ehen zwar mit neuer Freundin, aber ohne Ambition, erneut zu heiraten, kann er meist erfolgreich seiner Sammlerleidenschaft mit dem Erwerb von historischen Karten New Yorks nachgehen. Doch eines Tages wird er in die Affäre seiner bildschönen jungen Nachbarin Jennifer hineingezogen, die ihn bittet, ihren Lover aus Jugendtagen vorübergehend in Pauls leer stehendem Elternhaus in Brooklyn unterzubringen. Doch ihrem schwerreichen Ehemann bleibt das nicht verborgen, und er setzt eine verhängnisvolle Kette tödlicher Ereignisse in Gang …
    Colin Harrison hat mit Die Zügellosen einen fulminanten Thriller vorgelegt, der sich mit seinen sarkastisch kommentierten Querbezügen zur aktuellen Politik und Wirtschaftslage zugleich wie eine Gesellschaftsstudie à la Tom Wolfes "Fegefeuer der Eitelkeiten" liest.
    So eingängig wie intelligent, so spannend wie überraschend - Unterhaltung vom Feinsten! Ulrich Karger
    (Colin Harrison: Die Zügellosen. Thriller. Aus dem Amerikanischen von Anke & Eberhard Kreutzer. Droemer Verlag, München 2018. 416 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-30633-8)
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    Weil Hauptkommissar William Wisting wegen des Vorwurfs, vor 17 Jahren in einem Entführungs- und Mordfall zum Schaden einer jungen Frau Beweise manipuliert zu haben, vom Dienst suspendiert wird, ist seine Tochter Line als Journalistin nun mehrgleisig unterwegs. So verfolgt sie mit ihren Kollegen den inzwischen aus dem Gefängnis entlassenen und gegen die Ermittlungsbeamten von damals Klage erhebenden, einstigen Tatverdächtigen und sucht zugleich wie die Kollegen ihres Vaters in zwei aktuellen Fällen nach Hinweisen zu einem verschwundenen Mädchen sowie zum mysteriösen Mord an einem zuvor völlig unauffälligen Mann. Wisting selbst durchforstet inzwischen die alten Akten, um seine Unschuld schließlich auch mithilfe einiger alter Kollegen beweisen zu können. Doch den Fall auflösen wird Line …
    Jørn Lier Horst hat mit Jagdhunde, bis auf einige unnötige Redundanzen zu Anfang, erneut einen rundum überzeugenden Kriminalroman vorgelegt.
    Die Charaktere, allen voran Kommissar William Wisting und seine als Journalistin tätige Tochter Line, sind angenehm unprätentiös und zugleich sehr glaubwürdig angelegt. Dass Line diesmal die aktivere ist, tut dem keinen Abbruch. Der fesselnd entfaltete Plot zieht die Spannungsschraube bis zur letzten Seite an. Bestechend einmal mehr, dass anstelle blutig zur Schau gestellter Gemetzel hier die Wistings mit ihrer plausiblen Polizei- und Journalistenarbeit im Vordergrund stehen, um Verbrechen auf die Spur zu kommen. Ulrich Karger
    (Jørn Lier Horst: Jagdhunde. Kriminalroman. Aus dem Norwegischen von Andreas Brunstermann. Droemer Verlag, München 2018. 397 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-30628-4)
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    Detective Aidan Waits ist als Undercover-Agent einem Drogendealer auf der Spur. Und ihm dabei zu nah gekommen - auch was seinen eigenen Drogenkonsum angeht. Sein Vorgesetzter gibt ihm noch eine Chance, wenn er einerseits einen mutmaßlichen Mord an einer vor 10 Jahren in der Drogenszene Manchesters verschwundenen jungen Frau klären und zudem die von Zuhause ausgerissene, noch minderjährige Tochter eines einflussreichen Politikers aufspüren kann. Doch besagte Tochter scheint untergetaucht zu sein, um ihr Leben zu retten. Und bald hängt auch das Leben von Aidan Waits am seidenen Faden, und er gerät zwischen alle Fronten …
    Dreckiger Schnee ist ein Roman- bzw. Thrillerdebüt von Joseph Knox, das in Teilen überzeugen kann.
    Die Handlungsträger in Manchester sind demnach durch und durch korrupt, egal ob sie der Upperclass entstammen oder Polizisten und Gangster sind. Lediglich der offenbar weit unter 30-jährige Detective Aidan Waits, geprägt von einer Heimkindheit, meint nicht käuflich zu sein, wenn er entwendete Drogengelder für einen "guten Zweck" an jemand anderen weitergibt. Zudem ist er drogenabhängig und überschätzt seine Fähigkeiten - warum er dann an anderer Stelle wieder einen größeren Durchblick als alle anderen haben soll, ist kaum plausibel und hat bei allen "Überraschungen", wie u.a. dem "dreckigen Schnee" vulgo tödlich angereichertem Heroin, mehr mit Glück oder dem berüchtigten "deus machina" zu tun. Ein wirklicher Sympathieträger ist Aidan somit nicht, und als Ich-Erzähler lässt er einen anfangs auch nur schwer in die Handlung und das Wesen seiner Rolle finden. Erst in der zweiten Hälfte entwickelt das Ganze einen Zug, der einen immerhin bis zum Ende dranbleiben lässt.
    Bleibt abzuwarten, ob der Autor hier insgesamt noch nachbessern kann - das Talent dazu hätte er wohl … Ulrich Karger
    (Joseph Knox: Dreckiger Schnee. Thriller. Aus dem Englischen von Andrea O'Brien. Knaur Verlag, München 2018. 431 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-52210-3)
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    Nach ihrer höchst anstrengenden und langwierigen Reise nach "Franckfurt" am Main, stellt Goethe seinem Freund Schiller den Ort seiner Kindheit und Jugend vor. Kurz vor ihrer geplanten Rückreise werden sie zum Generalerbpostmeister Karl Anselm von Thurn und Taxis bestellt, der ihnen den Auftrag gibt, die beiden bei ihm sitzenden Stadträte von Frankfurt bei einer "criminalistischen" Untersuchung zu unterstützen. Denn kurz zuvor wurden zwei andere Ratsmitglieder der Stadt ermordet, und darüber hinaus war in abgefangenen Depeschen an Napoleon fälschlicherweise nachzulesen, dass Frankfurt an 121 Garnisonsstädte Kuriere entsandt hätte, was den Eindruck erwecken sollte, dass das hohe Contributionen an Napoleon zahlende Frankfurt ein Heer gegen Frankreich zusammenziehen wolle. Und angesichts einer solchen Provokation ist zu befürchten, dass Napoleon mit seinem Heer erneut in die Stadt einfällt …
    Stefan Lehnberg legt mit Die Affäre Carambol den zweiten Band der "criminalistischen Werke des Johann Wolfgang von Goethe, aufgezeichnet von seinem Freunde Friedrich von Schiller" vor.
    Das Ermittlerduo Goethe und Schiller stößt unter der Fragestellung "Cui bono?" schnell auf ungewöhnlich hohe Lieferungen von Mehl an einen geheimen Ort in Frankfurt, mit denen offenbar auf eine baldige kriegsbedingte Hungersnot spekuliert wird, was in seiner zynischen Perfidie durchaus an heutige Börsespekulationen gemahnt. Das zwingt die beiden Ermittler zu einigen waghalsigen Abenteuern, die sie zuweilen mit List aber vor allem mit sehr viel Glück überstehen.
    Nichtsdestotrotz lebt auch dieser Roman weniger von dem kriminalistischen Plot und dessen "Action" als von der augenzwinkernden Fiktion einer Posse oder Persiflage, die bei aller Unwahrscheinlichkeit der ihnen hier zugeschriebenen Taten gerade auch in den Dialogen u.a. das immer wieder augenscheinliche Gefälle der beiden Dichterfürsten analog zu Sherlock Holmes und Dr. Watson treffend herausstellt. So verlangt Goethe an einer Stelle von Schiller zwei Drittel der Tantiemen, die Schiller für sein Buch mit dem von ihm geschilderten ersten Ermittlungen in Durch Nacht und Wind erhalten hat - denn ohne Goethes Stellung und Spürsinn wären die beiden ja nie beauftragt worden. Schiller findet das "originell" argumentiert, wiewohl er ja bislang stets den anstrengenderen Part der Ermittlungen zu übernehmen hatte. Daneben legt der offenbar sehr kenntnisreiche Lehnberg ihnen aber auch Worte in den Mund, die sie tatsächlich so gesagt haben könnten oder geschrieben haben - das betrifft auch weitere Eigenheiten, wie Schillers Geldknappheit oder Goethes Hang zu Liebeleien.
    So geht es hier wie im Band davor im wahrsten Sinn des Wortes um einen Lesespaß, dem jeder Bierernst abträglich wäre. Den I-Punkt setzt hierfür einmal mehr die liebevolle Ausstattung des Buches im handgerechten Hardcoverformat und mit einer altertümlich stilisierten Schreibweise, die neben sei = sey oder bei = bey noch en passant und ohne den Lesefluss zu stören kleine Glanzlichter einstiger Wortvertracktheiten setzt. Ulrich Karger
    (Stefan Lehnberg: Die Affäre Carambol. Die criminalistischen Werke des Johann Wolfgang von Goethe, aufgezeichnet von seinem Freunde Friedrich von Schiller. Kriminalroman. Tropen c/o Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2018. 232 Seiten. 15,00 Euro. ISBN: 978-3-608-50354-8)
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    Ella Santos gelang mit 13 Jahren die Flucht: Da war sie hochschwanger und hatte drei Jahre lang immer wieder den quälenden Missbrauch durch ihren Entführer ertragen müssen. Ihr Kind, ein Mädchen, hat sie, ohne es zu sehen, zur Adoption freigegeben. Da ihr Entführer nie gefasst wurde, bekam sie einen neuen Namen - aber mehr an Unterstützung wurde ihr nicht zuteil. Weder von ihrer Mutter noch von Amts wegen. Zehn Jahre später überlebt sie nun als Laine Moreno mit Gelegenheitsjobs und einem Tablettencocktail, der ihr beim Vergessen helfen soll. Doch dann sieht sie auf einem Vermisstenplakat ein zehnjähriges Mädchen, das Oliva Shaw heißt und ihr Ebenbild sein könnte. Kurz darauf taucht jener Polizist wieder bei ihr auf, der sie als Kind gerettet hatte. Und er will, dass Laine sich erinnert, damit Olivia nicht das gleiche Schicksal wie sie erleiden muss …
    Nina Laurin hat mit Escape - Wenn die Angst dich einholt ein Roman-Debüt vorgelegt, das vom Verlag als "Psychothriller" beworben wird. Das weckt falsche Erwartungen, die weder die Autorin noch der Roman verdient haben. Denn in erster Linie handelt es sich hierbei um die durchaus gelungene Psychostudie einer Tablettensüchtigen, die immer wieder gegen ihre inneren Beschränkungen anzukämpfen hat. Dank der eingängigen Übersetzung lassen sich auch die typischen Redundanzen vom Scheitern und Neu-beginnen-wollen in auswegloser Situation flüssig weglesen. Wer selber Kinder hat, den wird die innere Spannung Laines nicht loslassen: den kaum widerstehbaren Drang nach Vergessen und den dagegen vergleichsweise nur sehr schwachen Impulsen, Olivia dieses Schicksal ersparen zu wollen.
    Erst im letzten Viertel des Buches ist Laine soweit, dass die Geschichte einen "Thrill" im eigentlichen Sinne entwickelt - und zwar derart passabel, dass man neugierig darauf ist, ob und wie die talentierte junge Autorin auch einen Roman mit nicht von vornherein derart eingeschränkten Handlungsträgern gestalten könnte. Ulrich Karger
    (Nina Laurin: Escape - Wenn die Angst dich einholt. Psychothriller. Aus dem kanadischen Englisch von Alice Jakubeit. Knaur Verlag, München 2018. 344 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-65410-1)
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    Kommissarin Mia Paulsen hat sich nach mehreren Jahren von Berlin nach Hamburg versetzen lassen - nur um dort dann wieder auf ihren Ex zu treffen, noch dazu als ihren unmittelbaren Vorgesetzten. An aktuelle Fälle lässt Jens Bordasch sie nicht ran, stattdessen soll Mia eigentlich schon zu den Akten gelegte, seit Jahren ungelöste Fälle bearbeiten. In einem davon geht es um die Leiche eines vietnamesischen Jungen, die zwei Jahre zuvor auf einer Lichtung im Raakmoor im Norden Hamburgs entdeckt wurde. Als Mia den Fundort aufsucht, stößt sie an derselben Stelle auf zwei erst kürzlich dort vergrabene Männerleichen. Mia setzt die Leichen sofort in Beziehung zu der des Jungen, doch Bordasch sieht das prompt anders - Mia soll sich ausschließlich um den alten Fall kümmern …
    Nora Luttmer hat mit Dunkelkinder einen von der ersten bis letzten Seite überzeugenden Thriller vorgelegt.
    Angefangen vom überraschungsreichen Plot, den sie an sehr unterschiedlichen Orten in Hamburg und Umgebung entfaltet, sind ihre Charaktere - abgesehen vom Fiesling Bordasch - vielschichtig angelegt, so wie auch das Allem zugrunde liegende Verbrechen einige der (Mit-)Täter auch Opfer sein lässt, handelt es sich doch bei ihnen um Kinder. Und diese "Dunkelkinder" sind leider der Realität abgeschaut ...
    Nicht zuletzt auch ihre eingängig und wohldosiert mit treffenden Metaphern umgehende Sprachregelung macht Nora Luttmer zu einer Autorin, die man sich merken mag! Ulrich Karger
    (Nora Luttmer: Dunkelkinder. Thriller. Knaur Verlag, München 2018. 317 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-52193-9)
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    Nach der Flucht seiner Familie aus Somalia kam Abdi Mahal an eine Schule in Boston. Dort lernte er den schwer krebskranken Mitschüler Noah Sadler kennen. Trotz großer sozialer Unterschiede wurden sie beste Freunde und sind bald unzertrennlich. Als sich Abdi und Noah eines Nachts zum Feeder Canal davonschleichen, um Noahs "To-do-Liste" abzuarbeiten, kommt es dort zu einem folgenschweren Vorfall. In der Folge davon muss Noah bewusstlos aus dem Kanal gezogen und anschließend ins Koma versetzt werden, während Abdi daneben steht und aus ihm kein Wort herauszubekommen ist. So ist Detective Inspector Jim Clemo dringend auf Zeugen angewiesen, und das unter dem Vorzeichen, angesichts der zunehmenden Fremdenfeindlichkeit in Bristol möglichst taktvoll zu ermitteln. Währenddessen gerät das Leben der beiden Freunde und ihrer Familien immer mehr aus den Fugen …
    Nach ihrem eher schwächeren Thriller Perfect Girl knüpft Gilly Macmillan mit Bad Friends wieder an die Extraklasse ihres Debütromanes Toter Himmel an.
    Aus den wechselnden Ich-Perspektiven Jim Clemos, Abdis Schwester und natürlich der beiden Jungen entwickelt die Autorin einen Sog, der einen mit immer neuen und überraschenden Verweisen auf die Wirkung des Geschehens und ihre Vorgeschichte(n) in Bann hält. Ein echter Psychothriller, der nicht nur auf die nackte Handlung sondern vor allem auf die peu à peu sichtbar werdenden Puzzlesteine der Charaktere setzt und dabei immer wieder geschickt auch Klischees unterläuft - nicht zuletzt auch was die "politcal correctness" gegenüber Flüchtlingen und Kranken angeht.
    Natürlich, Kinder und Jugendliche, noch dazu als Opfer oder Täter, wecken sowieso den Thrill und entsprechende Neugier beim Leser - aber wie Gilly Macmillan sie nun auch wieder in diesem Plot von "Toter Himmel" einbindet, erinnert einmal mehr an die besten Romane von Krimi-Queens wie Minette Walters und PD James. Ulrich Karger
    (Gilly MacMillan: Bad Friends. Thriller. Aus dem Englischen von Maria Hochsieder. Knaur Verlag, München 2018. 415 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-52258-5)
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    Die eher unauffällige Büroangestellte Kathryn McCormick lernt auf der Hochzeit ihrer Kollegin einen attraktiven Mann kennen, der sie sehr charmant umwirbt. Doch gerade als sie auf ein neues Glück hofft, wird es auf brutale Weise im Keim erstickt - und von Kathryn McCormick bleibt nur noch die verkohlte Leiche in einem ausgebrannten Auto übrig. DCI Carol Jordan und Profiler Tony Hill versuchen den letzten Mann im Leben der Kathryn McCormick ausfindig zu machen, müssen aber feststellen, dass keiner der anderen Hochzeitsgäste ihn kannte. Eine weitere, ebenfalls verbrannte Frauenleiche bestätigt alsbald den Verdacht, dass ein so raffinierter wie perfider Serienkiller sich die Einsamkeit seiner Opfer zunutze macht.
    Rachgier von Val McDermid ist der zehnte Fall für ihr berühmtes Ermittler-Duo Detective Chief Inspector Carol Jordan und Profiler Tony Hill.
    Gerade der erste Fall in dem neu begründeten und von Carol Jordan geleiteten ReMIT-Team scheint unlösbar zu sein, da der Täter jeden Fehler vermeidet. Hinzukommt, dass Jordan als trockene Alkoholikerin leichter als sonst aus der Bahn zu werfen ist und ihr im Zusammenhang mit ihrer letzten alkoholisierten Autofahrt noch ein Skandal drohen könnte, der auch gleich wieder zur Auflösung des ReMIT-Teams führen könnte, das als regionales Team von Sonderermittlern (=Regional Major Incident Team) alle gewaltsamen Todesfälle wie besonders grausame Sexualverbrechen oder Kindesentführungen im Bereich von sechs Polizeiapparaten übernehmen soll. In diesem Bedingungsgefüge werden die Ermittlungen zum Tanz auf der Rasierklinge und nehmen ein völlig unerwartetes Ende …
    Val McDermid ist erneut zu unwiderstehlicher Höchstform aufgelaufen, und man kann nur hoffen, das bald auch der elfte Fall mit Detective Chief Inspector Carol Jordan und Profiler Tony Hill angekündigt wird.
    (Val McDermid: Rachgier. Thriller. Aus dem Englischen von Doris Styron. Knaur Verlag, München 2018. 480 Seiten. 9,99 Euro. ISBN: 978-3-426-52181-6)
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    Was tun, wenn der Wohnungsnachbar über einem das eigene Ruhebedürfnis torpediert und zu allen möglichen und unmöglichen Tages- und Nachtzeiten Geräusche erzeugt, sei es mit klackenden Schuhsohlen oder durchdringend infernalischem Lustgeschrei, sobald er seine wechselnden Sexualpartnerinnen zu Besuch hat? Und wenn dieser Wohnungsnachbar namens Ygor Upsilon freundliche Ansprachen samt einem Weinflaschenpräsent ignoriert und das Klopfen mit dem Besenstiel gegen die Decke lediglich den Stuck durchlöchert - dann ist es doch legitim, mit einem findig erstellten Nachschlüssel in dessen Wohnung einzudringen, oder? Dass Ygor nun tot ist, war eindeutig ein Unfall - nur das wird einem keiner glauben. Also wohin mit der Leiche? Und das ist längst nicht das einzige Problem, das nach einer Lösung verlangt …
    Der Nachbar von Patrícia Melo wird als Kriminalroman beworben, ist aber seiner "unerhörten Begebenheit" und dem Umfang nach eher eine Novelle im Gewand einer Satire. Oder auch nur eine beinhart durchdeklinierte Etüde über die Kleingeistigkeit eines vom Lärm belästigten Biologielehrers, der als namenloser Ich-Erzähler zur reinen Karikatur ohne Zwischentöne oder gar eine echte Chance auf Erkenntnisgewinn verkürzt wurde.
    Denn "natürlich" hat er vor dem durch ihn verursachten Unfall Ygors nicht nur keinen Erfolg bei seinen Schülern gehabt, sondern auch schon Monate davor seine Ehefrau verloren, ohne es zu merken. Das ist Alles sehr vorhersehbar, und damit weder spannend noch witzig noch sonst wie den Horizont erweiternd. Daran ändert auch die schöne Hardcover-Ausstattung dieses Buches nichts. Ulrich Karger
    (Patrícia Melo: Der Nachbar. Kriminalroman. Aus dem brasilianischem Portugiesisch von Barbara Mesquita. Tropen Verlag, Stuttgart 2018. 159 Seiten. 18,00 Euro. ISBN: 978-3-608-50387-6)
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    Zwei befreundete Ehepaare aus Los Angeles buchen relativ kurz entschlossen eine Kreuzfahrt. Beide Paare haben je zwei Kinder im Altern von elf und acht bzw. elf und sechs Jahren, die sich untereinander gut verstehen und tagsüber von dem vertrauenswürdigen Personal des "Kids Club" betreut werden. So können auch die Erwachsenen zu ihrem Recht auf Erholung und schließen bei der Gelegenheit auch noch mit einem argentinischen Ehepaar Bekanntschaft, deren Kinder schon Jugendliche waren. Alles wunderbar also, bis zu dem Tag, als bei einem Landgang in Ecuador die Männer sich zum Golfen verabreden, während die Frauen mit den Kindern eine Sehenswürdigkeit besichtigen wollten. Doch wegen eines Unfalls mussten die Frauen improvisieren und ließen sich mit den Kindern von ihrem Guide zu einem Flussufer führen. Noch war das Wasser flach, in dem die Kinder mit großen Schwimmreifen tobten - dass eine Flut des nahen Meeres auch im Fluss den Wasserspiegel steigen lässt und für eine kräftige Strömung sorgt, wusste der Guide nicht. Als die Frauen, sich gegenseitig auf die anderen verlassend, für eine ganze Weile nicht auf die Kinder Acht gaben, waren alle sechs Kinder auf einmal weg …
    Maile Meloy hat mit Bewahren Sie Ruhe einen Thriller vorgelegt, der wegen seines Plots - insbesondere dank des Erzählstrangs mit den Kindern - von Anfang an packt und auf jeden Fall zu Ende gelesen werden will. Allerdings spätestens ab der Mitte des Buches nur noch, um zu sehen, ob und wie die Autorin ihr griffig "ausbalanciertes", wenn auch nicht immer plausibles Baukastenmodell zur Erstellung eines Romans für das US-amerikanische Middle-Class-Milieu durchhält. So ist zwar immer wieder von political correctness die Rede, doch die Zuteilungen der jeweiligen Schicksale und die seitens der Autorin durchdeklinierten Vorurteile hätten trotz allem Helikopter-Eltern-Geschwafel von Agatha Christie selig stammen können.
    Und leider ist das Ganze eben nicht als Satire gemeint … Ulrich Karger
    (Maile Meloy: Bewahren Sie Ruhe. Roman. Aus dem Amerikanischen von Anna-Christin Kramer und Jenny Merling. Kein & Aber Verlag, Zürich-Berlin 2018. 430 Seiten. 23,00 Euro. ISBN: 978-3-0369-5776-0)
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    Vor sieben Jahren durch einen eklatanten Fehler wieder entkommen, setzt ein Serienkiller erneut eines seiner brutalen Zeichen, noch dazu an der Ex-Frau von Kriminalkommissar Tobias Dom, der den Killer seinerzeit schon dingfest gemacht hatte: In den Oberschenkel der Frau, die nur knapp überlebt, ritzte er den Namen ihrer gemeinsamen Tochter. Wiewohl er genau weiß, dass die Journalistin Christine Lenève eigentlich nichts mehr mit ihm zu tun haben will, bittet Dom sie in seiner Not um Hilfe. Zu seinem Glück hatte Lenève seine an MS erkrankte Tochter kurz zuvor erst unabhängig von ihm kennengelernt, so dass sie zwar nicht ihm, aber seiner Tochter helfen will. Ihr erster Weg führt in jene psychiatrische Anstalt, in der Dr. Lindfeld einsitzt, der Lenève fast ermordet hätte. Aber er ist als ausgezeichneter Profiler bekannt, der sich sehr gut in die Seele eines Serienkillers einfühlen kann …
    Mit Der Kratzer schließt Oliver Ménard nach Federspiel und Das Hospital seine Trllogie um Christine Lenève ab, die als Tochter eines ermordeten Polizisten kein Risiko scheut, um ein Verbrechen aufzuklären. Wie die Vorgängerbände zwar in sich abgeschlossen, empfiehlt sich dennoch deren chronologische Lektüre, da so um einiges besser (und plausibler) u.a. die Entwicklung des Charakters von Lenève und auch anderer Handlungsträger nachzuvollziehen ist. So spannungs- wie voltenreich dieses Finale ist, umso größer die Hoffnung, dass Ménard bald einen neuen Thriller vorlegt - wirkten die Figuren im ersten Thriller noch ziemlich flach, war das im zweiten schon etwas besser, und beim dritten hat er noch einmal eine ordentliche Schippe draufgelegt. Ulrich Karger
    (Oliver Menard: Der Kratzer. Thriller. Knaur Verlag, München 2018. 413 Seiten. 9,99 Euro. ISBN: 978-3-426-52237-0)
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    Commissaire Nicolas Le Floch muss im Auftrag seines Polizeipräfekten erneut Fingerspitzengefühl walten lassen: Nachdem er das von innen verschlossene Zimmer des Grafensohnes Lieutnant Lionel de Ruissec hat aufbrechen lassen, sieht es auf den ersten Blick so aus, als hätte sich Lionel mit seiner Pistole erschossen. Und wiewohl das für eine adlige Familie hohe Nachteile bedeutet und sie zu entehren droht, beharrt auch sein Vater darauf, dass es sich um Selbstmord handeln muss - doch die Mutter ist wie insgeheim auch bereits Nicolas anderer Meinung, und verabredet sich heimlich mit dem Commissaire zu einem Gespräch in einem Kloster. Am Treffpunkt findet Nicolas allerdings nur noch die sterblichen Überreste von ihr vor …
    Im Original bereits 2000 erschienen, liegt nun mit Commissaire le Floch und der Brunnen der Toten auch der zweite Band der mehrteiligen Nicholas-Le-Floch-Reihe von Jean-François Parot in deutscher Sprache vor.
    Der nach erfolgreicher Aufklärung zum Commissaire erhobene Nicolas Le Floch hat nun von Anfang zwar an einen besseren Stand bei seinen Untersuchungen, sieht sich aber auch mit immer höheren Erwartungen konfrontiert, denen er nur dank seines immer größer werdenden "Netzwerks" aus verlässlichen (und auch einflussreichen!) Begleitern entsprechen kann. Wie der erste spielt auch der zweite Fall im Jahr 1761 und birgt dank seines im besten Sinne mehrbödigen Plots nicht wenige Überraschungen. Und einmal mehr lässt Parot die Leser mit allen Sinnen das Paris jener Zeit nachvollziehen - sei es in den Straßen, Gasthäusern, Bordellen, Theatern, Klöstern oder auch außerhalb davon im königlichen Hof von Versailles.
    Wie schon im ersten Band mit einem umfangreichen Anhang ausgestattet, bieten auch hier die Abenteuer des Commissaire Nicolas Le Floch ein echtes Lesevergnügen, das man gern mit vielen neuen Lesern teilen möchte. Ulrich Karger
    (Jean-François Parot: Commissaire Le Floch und der Brunnen der Toten. Ein historischer Paris-Krimi. Aus dem Französischen von Michael von Killisch-Horn. Blessing Verlag, München 2018. 415 Seiten. 17,00 Euro. ISBN: 978-3-89667-572-9)
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    Ein alter Mann hat von langer Hand die Kontaktaufnahme mit Hauptkommissar Paul Selig geplant, um ihm einen Mord zu melden. Mordopfer werde er selbst sein und der Täter ein gewisser Erhard Lasnik, der erst kürzlich wegen seines Sicherheitskonzepts gegen Hackerangriffe im Internet von der Bundeskanzlerin zum Gespräch eingeladen wurde. Einen Tag später liegt der Alte tatsächlich tot in einer Wohnung im Norden Berlins, und die aufgefundenen Spuren und Beweise verweisen eindeutig auf Lasnik. Doch nach der Verhaftung Lasniks zweifelt Selig an den geradezu mundgerecht vorgefundenen Ermittlungsresultaten. Trotz anderer Weisungen bleibt er an dem Fall dran und fördert so überraschende Zusammenhänge aus der jüngsten deutschen Vergangenheit zutage, die sich nicht nur auf die Gegenwart, sondern auch auf die Zukunft des ganzen Landes auszuwirken drohen.
    10 Jahre nach dem ersten und 8 Jahre nach dem zweiten legt Markus Stromiedel mit Nachtfrost erst jetzt den dritten Roman um den Berliner Hauptkommissar Selig vor.
    Waren die beiden Vorgängerbände, wiewohl als "Politthriller" beworben, noch eher der Science-Fiction zuzuordnen, so ist "Nachtfrost" nun trotz und gerade wegen der Internetbezüge ein Kriminalroman, der nicht zuletzt auch historische Bezüge zur jüngeren Vergangenheit herstellt, und damit auch zur Rahmenhandlung um Seligs Vater. Seligs Sohn Tobias hingegen spielt mit seinen Freunden eine starke Rolle bei der Aufklärung einer ernsthaften Bedrohung durch Hacker samt deren "Trojanern" und "Computerviren". Letzteres gerade dieses Jahr bereits Thema in mehreren Thrillern und Krimis, gelingt Stromiedel hier eine sehr interessante Variante, anhand der er deutsch-deutsche Geschichte mit ihren zahlreichen Verlieren und immer gleichen Gewinnern durchzudeklinieren versteht. Und die Auflösung des eigentlichen Kriminalfalls hat es wirklich in sich. Daneben und dazwischen auch noch Seligs Annäherung an seine toughe Kollegin Maria Garcia Fernandez und die anderen gut gezeichneten Charaktere machen diesen Kriminalroman rundum überzeugend.
    Derart geerdet wäre der Weg nun frei, nicht wieder 8 Jahre bis zum nächsten Selig-Roman vergehen zu lassen … Ulrich Karger
    (Markus Stromiedel: Nachtfrost. Kriminalroman. Knaur Verlag, München 2018. 416 Seiten. 9,99 Euro. ISBN: 978-3-426-52067-3)
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    Der Gangsterboss Mallard ist eigentlich schon so gut wie tot - als Hynch sein Präzisionsgewehr wieder ablegt. Irgendetwas ist faul hier. Zusammen mit seinen beiden Teamkollegen begibt er sich nicht nur auf einen Rückzug, sondern flieht mit ihnen in die Einöde der Hybrideninsel Jura. Doch die Inselbewohner durchschauen dank der breaking news schnell, wer sich hier als urlaubende Camper maskiert hat - macht aber nichts, denn sie haben ein Problem mit einem sich auf der Insel breit machenden Milliardär, der ihre Lebensweise bedroht. Könnte ein leicht auszuhandelndes Agreement werden, stünde da nicht der Killer Hynch auf der To-do-Liste eines weit schlimmeren Verbrechers, der Schritt für Schritt einen seit Jahren gefassten Plan in die Tat umsetzt …
    Gordon Tyrie hat mit Todesströmung ein äußerst gelungenes Thrillerdebüt vorgelegt, worin er zwar nicht gleich das Rad neu erfindet, aber immerhin so manche Genrevorgabe auf den Kopf stellt.
    So hat der Killer Hynch zwar nur ein Buch wirklich gelesen, aber das ist eines des Philosophen David Hume - und daraus zitiert der ansonsten wortkarge Mann immer wieder mal. Und die verkehrte Welt geht noch weiter, als bald immer deutlicher wird, dass die Rollen von gut und böse vertauscht sind: Da ein Killer, der tut, was er tun muss, aber nur gegen andere Killer und ohne Kollateralschaden an unschuldigen Zivilpersonen, auf der anderen Seite korrupte Polizisten im Auftrag machtgieriger Politiker. Und wie die Inselbevölkerung die Killer aufnimmt und sich von ihnen nicht einschüchtern lässt, hat Situationskomik, die aber nicht zur flachen Witzelei gerinnt. Der Tod bleibt eine ernste Sache, genauso wie der Überlebenskampf und die Gründe dafür - aber keine Angst: Es geht hier wie in jedem guten Krimi um einen Plot, der sehr geschickt immer mehr an der Spannungsschraube dreht und dabei sprachlich flüssig mit politisch unkorrekten Sichtweisen durchaus zum Nachdenken anregt, ohne dabei das Wichtigste nicht zu vergessen - nämlich von der ersten bis zur letzten Seite gut zu unterhalten. Ulrich Karger
    (Gordon Tyrie: Todesströmung. Thriller. Droemer Verlag, München 2018. 377 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-30650-5)
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    SF / Fantasy /Mystery

    Ichabod Drift, Captain des Raumfrachters Keiko, hat mit seiner eingeschworenen Crew aus Schmugglern, Glücksrittern und Abenteurern schon so manchen Coup gelandet. Wenn nötig, auch gern am Rande der Legalität oder darüber hinaus. Dass der aktuelle Auftraggeber ihn nun erpresst, schmeckt Drift allerdings gar nicht, noch dazu, weil er nicht das Geringste über die Ladung wissen darf, die er für ihn auf die Erde schmuggeln soll. Und deshalb weiß Drift auch nicht, welche Gefahr die Schmuggelladung nicht nur für das Schiff und seine Crew, sondern für den Zielort Amsterdam und dessen weitere Umgebung bedeutet ...
    Mike Brooks legte mit Dark Run einen klassischen Science-Fiction-Abenteuerroman vor, der eine Galaxie zum Spiel- und Handlungsort seiner Helden und Heldinnen macht. Die Menschen haben sich überall ausgebreitet, die Reichen können sich gute Luft leisten, während die Ärmeren es in unterirdischen Schächten aushalten müssen. Weit verbreitet sind zudem elektronische Bauteile, die Körperteile ersetzen.
    Drifts sechsköpfige Crew umfasst gendermäßig ausgewogen drei Kämpfer*innen, eine junge geniale Hackerin, einen Mann für die Maschinen und dessen Schwester als zielsichere Pilotin, die ihre Passagiere immer wieder an den Rand des Nervenzusammenbruchs zu treiben weiß. Nach dem Motto "Wir haben keine Chance, aber die nutzen wir immer" entwickelt der Plot eine eigentlich unüberwindbare Fallhöhe. Action ist somit garantiert, die nur noch mit den Dialogen voller Wortwitz konkurrieren muss. Nix zur tiefgründigen Erbauung, aber wer Sinn für spacig schwarzen Humor hat, wird hier bis zur letzten Seite gut unterhalten. Ulrich Karger
    (Mike Brooks: Dark Run. SF-Roman. Aus dem Englischen von Simon Weinert. Knaur Verlag, München 2018. 429 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-52208-0)
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    Aeros Raijael ist Engelsprinz von Sør Sevier und sieht sich als Erbe und Vollstrecker seines Vorfahren, dem Gottessohn Raijael. Sein Rachefeldzug innerhalb der Fünf-Inseln-Welt zielt auf nicht weniger als die (Rück-)Eroberung sämtlicher Königreiche unter seine Herrschaft. "Verstoßen" wurde der Gottessohn Raijael seinerzeit von der alten Laijons-Religion, die mit ihren Kulten und einer machtbewussten Priesterschaft seither das Leben auf den fünf Inseln bestimmt und nach Aeros Willen allesamt totgeweiht sind. Doch anstatt sich gegen Aeros zu verbünden, leugnet u.a. Jovan als König über Gul Kana die Realität und richtet seinen von der Priesterschaft befeuerten Verfolgungswahn auch gegen die eigene Familie. Anfangs noch unbemerkt lebt in Gul Kana auch ein Vollwaise namens Nail, der als Kleinkind von einem Ritter gegen die Verfolgung durch die Bluthölzler gerettet und von diesem als Vormund unter falschem Namen großgezogen wurde. Dieser Nail wird alsbald wie viele andere aus seinem Dorf vor Aeros auf der Flucht sein - und dabei immer mehr mit seiner eigenen Bestimmung konfrontiert …
    Brian Lee Durfee legt mit Der Mond des Vergessens den ersten Band seiner High-Fantasy-Serie "Die fünf Kriegerengel" vor.
    888 Seiten umfangreich, wird in 54 Kapiteln aus acht wechselnden Erzählperspektiven ein Tanz auf dem Vulkan einer vom Untergang bedrohten Welt entfaltet. Farbenprächtig und detailreich werden Land und Leute geschildert, die Charaktere entwickeln trotz einiger Vorhersehbarkeit auch interessante Haken und Ösen. Mit am interessantesten unter ihnen die Entwicklungsgeschichte von Nail, der sich alles andere als zum Helden berufen sieht. Die Brutalität, sei sie physisch wie auch in Form von Intrigenspielen, ist allgegenwärtig und lässt auch durchaus anfangs vielversprechende Handlungsträger "über die Klinge springen". Die zuweilen sich an kirchengeschichtliche Motive aus dem Christentum des Mittelalters anlehnenden Religionen dieser Welt lassen bei den Bewohnern keine agnostische Haltung zu, dafür umso mehr engsternigen Fundamentalismus, was wiederum an heutige so genannte "Gotteskrieger" gemahnt.
    Der erste Band entwickelt einen mächtigen Erzählsog - und das, obwohl gerade die beschreibenden Teile der Form nach noch des Öfteren unverhofft hölzern und redundant rüberkommen.
    Doch am Ende ist man auf jeden Fall neugierig auf den zweiten Band … Ulrich Karger
    (Brian Lee Durfee: Der Mond des Vergessens - Die fünf Kriegerengel 1. SF-Roman. Aus dem Amerikanischen von Andreas Heckmann. Hobbit Presse / Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2018. 888 Seiten. 25,00 Euro. ISBN: 978-3-608-96141-6)
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    Nachdem der Druide Atticus - siehe Bd.1 Die Hetzjagd - mit seinen 2100 Lebensjahren in Notwehr eine hohe keltische Gottheit getötet hat, gerät er von einer Auseinandersetzung in die nächste.
    Mittlerweile ist Atticus klar, dass Theophilus als ältester Vampir die eigentliche Ursache für all seine Schwierigkeiten ist, da dessen Ziel seit mehr als 2000 Jahren die Ausrottung sämtlicher Druiden ist. Als Vertreter Gaias sind Druiden schon immer auf sehr effektive Weise Vampiren gefährlich geworden. So kommt es nun zu einem folgenreichen Show-down in Rom …
    Kevin Hearne legt mit Aufgespießt den achten und damit vorletzten Band seiner "Chronik des eisernen Druiden" vor.
    Neben Atticus (plus Oberon) haben seine Schülerin Granuaile (plus Orlaith) und sein alter Lehrer und Erzdruide Owen Kennedy jeweils in eigenen Erzählsträngen ihre eigenen Probleme zu lösen. So will Granuaile sich von einer Markierung durch Loki befreien und ihrem verhassten Stiefvater endgütlig eins auswischen, während Owen sich von seiner Liebe zu der Werwölfin Greta zur Begründung eines neuen Hains zur Ausbildung von Werwolf-Kindern zu Druiden auserkoren sieht. Was scheinbar nebeneinander läuft, führt am Ende dazu, dass sich alle drei den Vampiren in Rom stellen - wie immer, mit vielen Überraschungen und köstlichem Dialogwitz.
    Und zum Glück kann man sich wenigstens noch auf einen weiteren Band mit Atticus freuen … Ulrich Karger
    (Kevin Hearne: Die Chronik des eisernen Druiden 8 - Aufgespießt. SF-Roman. Aus dem Amerikanischen von Friedrich Mader. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2018. 464 Seiten. 16,95 Euro. ISBN: 978-3-608-98133-9)
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    Das Verschwinden eines preisgekrönten Pudels in Oregon weist für Oberon, seines Zeichens irischer Wolfshund des Druiden Atticus, auf ein niederträchtiges Verbrechen, dem er mit dem Mut und der eines Sherlock Holmes würdigen Kombinationsgabe auf die Spur kommen will - auch wenn es die Polizei nicht die Bohne interessiert. Das Gleiche gilt für ein Eichhörnchen, das seltsamerweise eine Zugfahrt lang auf dem Dach eines Zuges zu überleben vermochte und für Oberon in direktem Zusammenhang mit einer Leiche auf einem Bahnsteig steht, die Atticus zum Verwechseln ähnlich sieht. Eichhörnchen sind für Oberon die Inkarnation des Bösen schlechthin. Nur gut, dass Oberon in der Wolfshündin Orlaith und dem Boston Terrier Starbuck hilfreiche Mitstreiter hat, und auch Atticus für dies und das zu gebrauchen ist, auf das man Sauce kippen kann.
    Auf einer Nebenschiene zur "Chronik des eisernen Druiden" stellt Kevin Hearne in Oberons blutige Fälle den irischen Wolfshund in den Mittelpunkt zweier Kurzromane, die inhaltlich miteinander verbunden sind. Als Fan der "Chronik des eisernen Druiden" und des darin stets auf Gedankenebene mit Atticus kommunizierenden und ihn treffsicher kommentierenden Wolfshund Oberon ist dieser Band natürlich ein Muss.
    Aber: So ein Wolfshund ist halt doch eher eindimensional aufs Fressen und gegen Eichhörnchen ausgerichtet sowie mit einem völligen Unverständnis für den Unterschied einer Zeitdauer von einer Minute oder einem Monat gesegnet. Das führt notgedrungen zu einigen Redundanzen, die dann doch wieder nur Atticus und andere Druiden oder Menschen überbrücken können.
    Insgesamt zwei "nette" Kurzromane, die aber im Gegensatz "Chronik des eisernen Druiden" keine weitere Fortsetzung verlangen. Ulrich Karger
    (Kevin Hearne: Oberons blutige Fälle - Der Hund des eisernen Druiden. 2 SF-Kurzromane. Aus dem Amerikanischen von Friedrich Mader. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2018. 223 Seiten. 14,95 Euro. ISBN: 978-3-608-96295-6)
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    Mit ihren gut 60 Jahren gilt die Kriegerin Danèstra nach wie vor als allseits hoch geachtete "Klinge des Schicksals". Jede Nacht geht sie in voller Rüstung zu Bett und hat den Schattenhund Thirio an sich gebunden - denn seit 40 Jahren passiert es immer wieder, dass sie mitten in der Nacht unverhofft woanders erwacht, um als Klinge des Schicksals für Gerechtigkeit sorgen zu müssen.
    Diesmal erwacht sie im Süden von Nankan, wo sie eine junge schwangere Frau namens Kalenia gegen marodierende Räuber schützen muss. Kalena berichtet anschließend von einer Verschwörung, wonach der große Wald samt all seinen Lebewesen sich gegen die Menschen des angrenzenden Kontinents Yarkin erhoben hat und sie zu vernichten trachtet. Die Ursache für den bösen Zauber seien Verschwörer, deren Namen Kalenia kennt. Danèstra soll sie alle töten, da sie nicht nur Kalenias Familie und alle Bewohner ihres Dorfes ermordet haben, sondern den ganzen Kontinent bedrohen …
    Markus Heitz legt mit Die Klinge des Schicksals einen Fantasy-Roman vor, der erneut viele brillante Ideen und interessante Charaktere aufweist, doch leider trotz seines Umfangs in einem mit heißer Nadel gestrickten und deshalb nicht wirklich überzeugenden Ende mündet.
    Auch der Anfang lässt sich erst ziemlich betulich an, doch dann nimmt der Roman eine spannungsreiche Fahrt auf, während der u.a. auch die Grundsatzfrage im Miteinander von Mensch und Natur eine essentielle Bedeutung bekommt. Dennoch - am Ende vertraut der Autor nicht mehr wirklich seinen eigenen Ideen und lässt trotz eingeführter magischer Momente mehrfach deus ex machina walten. Das kann er besser, wie er u.a. in "Des Teufels Gebetbuch" bewiesen hat. Deshalb hier nur ein ingesamt "ganz nett" … Ulrich Karger
    (Markus Heitz: Die Klinge des Schicksals. SF-Roman. Knaur Verlag, München 2018. 571 Seiten. 16,99 Euro. ISBN: 978-3-426-65448-4)
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    Gork hat winzige Hörner und fällt gelegentlich in Ohnmacht, was wiederum einen Spitznamen wie "Weichei" und ein "Wille-zur-Macht"-Ranking von "Kuschelbär" zur Folge hat - und damit ist er bei über 2000 Drachen an der Militärakademie WarWings gerade noch der vorletzte seines Jahrgangs. Dennoch will sich Gork am Vorabend seiner Abschlussfeier der wichtigsten Mission seines Lebens stellen: Er muss einen weiblichen Drachen fragen, ob sie seine Queen sein will, um dann mit ihr gemeinsam einen fremden Planeten zu unterwerfen und mit Nachkommen zu bevölkern. Sagt sie nein, würde Gork versklavt. Und die Wahrscheinlichkeit, dass die von Gork ins Auge gefasste Queen "ja" sagt, liegt unterhalb jeder Wahrscheinlichkeit …
    Gork der Schreckliche ist nach seiner preisgekrönten Storysammlung "Dear Mr. President" (dt. 2004) erst die zweite Buchveröffentlichung des US-Amerikaners Gabe Hudson und zugleich sein Romandebüt.
    Der Ich-Erzählerdrache Gork knüpft dem Stil nach an SF-Comedians wie Terry Pratchett und Robert Asprin an und wurde vom "Rolling Stone" sogar mit Douglas Adams verglichen - das kann eigentlich nur bedeuten, dass dieser Roman in der Originalsprache und bezogen auf die USA mehr Subtext transportiert als die deutsche Übersetzung.
    Denn in ihr lesen sich Gorks Tiraden so, dass er eigentlich sehr gern so hart und böse wie die anderen Drachen wäre, es aber halt nicht schafft - und dennoch alle Anschläge gegen sich "irgendwie" überlebt, um dann zum Schluss hin "irgendwie" genau mit seinen Eigenarten, die er auf einmal auch "irgendwie" annimmt, seine richtige Queen auf dem richtigen Planeten zu erkennen.
    In sich konsistent und nachvollziehbar sind in ihrer perfiden Schrägheit einzig die Gegner Gorks. Und ja, zwischendurch blitzt ein wenig Witz auf, wenn Gork nach (s)einem Fall noch tiefer fällt - identifizieren mag und kann man sich mit Gork aber eher nicht, dazu ist er einfach meist zu doof und darin - bis auf den Schluss - auch noch redundant.
    Einer der seltenen Fälle, bei denen die Hobbit Presse danebengegriffen hat - aber zum Glück stehen in diesem Verlag ja u.a. noch zwei Bände von Kevin Hearne aus, die nicht nur wirklich witzig sind, sondern auch darüber hinaus um einiges Mehr an Substanz aufweisen … Ulrich Karger
    (Gabe Hudson: Gork der Schreckliche. Roman. Aus dem Englischen von Wieland Freund und Andrea Wandel. Hobitt Presse im Klett Cotta Verlag, Stuttgart 2018. 432 Seiten. Euro. ISBN: 978-3-608-96268-0)
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    Nach dem Sturz des Kaisers macht sich Lord Daval daran, selbst zum Kaiser gewählt zu werden. Und er hat einen mächtigen Unterstützer auf seiner Seite, der ihn sogar wieder jünger erscheinen und kräftiger sein lässt, ihn jedoch auch jederzeit wieder fallen lassen und zur geöffneten Büchse der Pandora für ganz Sphaera werden kann. Die bislang vorherrschende cantische Religion auf der Sphaera sieht sich zudem durch Jane bedroht, die ihren Anhängern als Prophetin gilt und zusammen mit ihrer Schwester Cinzia die cantische Religion wieder nach ihren eigentlichen Ursprüngen ausrichten will. Auf ihrer Seite ist Noth, der jedoch immer öfter Anfälle hat und von einer seiner zahlreichen Sifs übernommen wird. Und in den Reihen der Anhänger von Jane, die sich Odeniten nennen, verbergen sich immer mehr Attentäter, die neben Tiellanern auch Jane töten wollen …
    Mit Feuerstunde als 2. Band der Chroniken der Sphaera setzt Christopher Husberg seine sehr vielschichtige High-Fantasy-Reihe fort.
    Menschen, von diesen verachtete, an Elfen gemahnende Tiellaner und auch Vampire bevölkern die Sphaera. Einige seiner Bewohner verfügen über magische Fähigkeiten, meist allerdings nur mit Hilfe der süchtig machenden Droge "Frostflamme". Zudem werden die weltlichen Regenten von der Priesterschaft der Göttin Canta dominiert und den Glauben nicht achtende auch von deren Inquisitoren verfolgt. Und nun sind auch noch die Angst und Schrecken verbreitenden Dämonen zurückgekehrt …
    Husberg versteht es sehr gut, seine höchst unterschiedlichen Charaktere und Interessengruppen überzeugend auszugestalten und in Beziehung zu- oder gegeneinander zu setzen. Der Plot stellt nicht weniger als die Überlebens- und Sinnfrage für eine ganze Welt, was hier zuweilen auch in durchaus tiefgründige Überlegungen und Dialoge mündet.
    Bleibt nur noch die Frage: Wann folgt der 3. Band? Ulrich Karger
    (Christopher B. Husberg: Feuerstunde - Die Chroniken der Sphaera. SF-Roman. Aus dem Amerikanischen von Kerstin Fricke. Knaur Verlag, München 2018. 683 Seiten. 14,99 Euro. ISBN: 978-3-426-51922-6)
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    Seit zehn Jahren herrscht Kuni Garu unter dem neuen Namen Ragin als Kaiser von Dara, und über all die Zeit hat er versucht, die unterschiedlichen Interessen in Dara auszugleichen. Doch der Friede ist längst nicht gefestigt. Selbst unter seinen beiden Lebensgefährtinnen gilt es genau abzuwägen, welches der jeweils gemeinsamen Kinder Kuni auf dem Thron nachfolgen soll. Und dann gibt es noch die zuvor von Kuni geschlagene und abgesetzte Elite, die auf Rache aus sind. Die Götter spielen mal wieder Würfel um sein Schicksal, und so droht auch an den Grenzen des Reiches eine neue Bedrohung, die er so nicht erwarten konnte …
    Mit Seidenkrieger - Die Götter von Dara legt Ken Liu nach Seidenkrieger - Die Schwerter von Dara den zweiten Teil seiner Trilogie um das Kaiserreich Dara mit Kuni Garu als sympathischem Schlitzohr vor, der eigentlich für alle nur stets das Gute will und damit sogar trotz aller strengen Rituale und der Anhänger unterschiedlicher Philosophien gar nicht so wenig Erfolg hat.
    Doch viele Jäger sind des Hasen tot - oder könnten es sein. Einmal mehr ein so ungewöhnlicher wie durchgehend fesselnder Farbtupfer in diesem Genre, endet der zweite Band mit einem Cliffhanger, der alles möglich erscheinen lässt. Umso größer die Vorfreude auf den dritten Band! Ulrich Karger
    (Ken Liu: Seidenkrieger - Die Götter von Dara. Roman. Aus dem Amerikanischen von Katharina Naumann. Knaur Verlag, München 2018. 480 Seiten. 10,99 Euro. ISBN: 978-3-426-51907-3)
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    Kinder- & Jugendliteratur

    Für Lake waren Penny und Will mehr als nur beste Freundin und geliebter Freund. Als Trio bildeten sie für Lake einen Zufluchtsort, der voller Zuwendung war und damit ganz im Gegensatz zur eigenen Familie stand. Denn in ihr beherrschte einzig und allein ihr älterer, völlig gelähmter Bruder Matt alles Denken und Mitgefühl der Eltern, Lake blieb da seit dem Unfall Matts vor über vier Jahren außen vor. Ganz abgesehen davon, dass Matt sich ihr gegenüber stets wie ein Ekel benahm.
    Und nun sind Penny und Will tot, gestorben nach einem Verkehrsunfall, der bei Lake lediglich einen Unterarm in Gips hinterlassen hat. Das ist so traurig und so schlimm - aber noch schlimmer ist, dass von Lake in wenigen Tagen eine Entscheidung abverlangt wird. An ihrem 18. Geburtstag hat sie nämlich das Recht, einen Menschen von den Toten auferstehen zu lassen, der dann nicht nur wieder lebendig, sondern auch von allen zuvor erlittenen Krankheiten oder eben auch den Folgen eines Unfalls geheilt wäre. In der Familie war es längst beschlossene Sache, dass Matt kurz vor ihrem 18. Geburtstag sterben und dann dank ihr wieder gesund auferstehen sollte …
    Für Chandler Baker ist ihr Jugendroman Das Ende ist erst der Anfang ein "Buch des Herzens", das sie während eines Schwangerschaftsurlaubes "in einem Anfall von Inspiration geschrieben" hat. Doch "Inspiration" meint hier nicht mehr als einen Einfall, dem es (nicht nur) bei dessen Entfaltung dann leider in jeder Hinsicht gehörig an Plausibilität mangelt - auch wenn mit der Möglichkeit der Totenerweckung als (einzigem) Aspekt der Science-Fiction hier der Rahmen ja weit gesteckt gewesen wäre. Doch auch die SF sucht zumindest nach einer inneren Plausibilität, der ein gewisses Maß an Logik innewohnt. Unsterbliche (Gottheiten) und jahrtausendalte Druiden (wie z.B. bei Kevin Hearn: Die Chronik des eisernen Druiden - Die Hetzjagd) sind da nicht ungewöhnlich, doch wieder aufstehende Tote haben es in der SF nur zu "Zombies" geschafft, die nichts mehr mit der zuvor lebenden Person zu tun haben (können). Die einzige Ausnahme in der (Glaubens-)Literatur bildet Jesus - und selbst er war nach seinem Tod am Kreuz nicht mehr derselbe …
    Baker hingegen begibt sich in ihrem Buch recht unbekümmert auf ein "weites Feld" und reißt nur einige sich aus ihrer "Idee" zwingend ergebende Problem- und Fragestellungen bestenfalls halbherzig an, um eine ansonsten nicht allzu ungewöhnliche, mit viel Drama angereicherte Herzschmerzgeschichte unter Jugendlichen voranzubringen.
    Heranwachsende unterhaltsam mit ethischen Fragen zu konfrontieren, ist eine aller Ehren werte Angelegenheit - doch hier wird mit einer schon arg versalzenen Wurst nach der Speckseite geworfen, die ein Nicht-Problem erörtert und am Ende eine Lösung findet, die auch ohne diese Erörterung hätte gefunden werden können.
    Dass nun selbst ein bislang seriöser Verlag wie Thienemann Derartiges unter seine Fittiche zu nehmen müssen glaubt, stimmt in einer Welt immer mehr grassierender Fake News schon sehr bedenklich. So bleibt zu hoffen, dass es sich hier nur um einen einmaligen Ausrutscher handelt … Ulrich Karger
    (Chandler Baker: Das Ende ist erst der Anfang. Roman. Aus dem amerikanischen Englisch von Gerda Bean. Thienemann Verlag, Stuttgart 2018. 398 Seiten. 17,00 EUR. Ab 16 Jahren. ISBN: 978-3-522-20248-0)
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    Anlässlich seines 200. Geburtstages stapeln sich neue Biografien und Bücher zu den Theorien von Karl Marx.
    Für interessierte Jugendliche wie auch für Erwachsene, die über die Schlagworte hinaus eine erste Einführung zur Person Karl Marx und seinen Theorien wie auch ihre Auswirkungen lesen wollen, sei Karl Marx - Ein radikaler Denker von Wolfgang Korn sehr anempfohlen.
    Das erste von 14 Kapiteln setzt nicht mit der Geburt, sondern mit dem Untertitel "Was Marx uns heute noch zu sagen hat" ein, in dem auch der Autor sein erstes Interesse an ihm offen legt. Die aktuellen Bezüge ergeben sich aus den erstmals und in vielerlei Hinsicht gut begründeten Vorhersagen von Marx, wonach die Welt wegen den Prinzipien einer Kapitalwirtschaft immer ungerechter wird, weil die reichen Länder immer reicher, und die meisten anderen Länder ärmer werden, während in den reichen Ländern wiederum die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Seine Erkenntnisse als erster Globalisierungskritiker über das Kapitalwesen feiten ihn zwar nicht vor Irrtümern und Missbrauch seiner Theorien - wiewohl Marx ausdrücklich sagte "Ich bin kein Marxist!" -, doch sie verdienen nach wie vor Beachtung, wenn man den oben angesprochenen Ungerechtigkeiten und daraus resultierender Unzufriedenheit ernsthaft etwas entgegensetzen will.
    Die Entwicklung seiner Theorien korrespondiert höchst spannungsgeladen und zuweilen auch widersprüchlich mit dem privaten Leben von Karl Marx. Ohne etwas zu beschönigen, setzt Wolfgang Korn dies auch in einen historischen Bezug z.B. vom allgemeinen Rollenverständnis zwischen Mann und Frau damals. Manche Fragen bleiben da angesichts des Buchumfangs offen, z.B. die, warum ein Friedrich Engels jahrzehntelang bis zu dessen Lebensende Karl Marx und seine Familie alimentierte und dafür sogar die verhasste Fabrik des Vaters übernahm - und dies, wiewohl der rechthaberische Karl Marx trotz seines ihm von Engels zugestandenen Genies so wenig zielstrebig seine wissenschaftlichen Arbeiten verfolgte oder auch nur Empathie für Engels in dessen traurigster Stunde aufbrachte.
    Aber das tut der Qualität des Buches keinen Abbruch - denn basierend auf aktuellstem Forschungsstand wird hier knapp (sic!), fundiert und in eingängiger Sprachregelung höchst unterhaltsam das Leben von Karl Marx, sein Werk und dessen Nachwirkungen vorgestellt. So manchem wird das genügen, andere werden gewiss neugierig gemacht und wollen nun mehr über diese Person der Zeitgeschichte erfahren. Ulrich Karger
    (Wolfgang Korn: Karl Marx - Ein radikaler Denker. Hanser Verlag, München 2018. 256 Seiten. 19,00 Euro. Ab 14 Jahren. ISBN: 978-3-446-25870-9)
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    Eigentlich ist der 17-jährige Viorel eher antriebslos, seine Fettleibigkeit Ergebnis nur sehr kleiner Pausen zwischen den Mahlzeiten. Und als seine Mutter tot am Küchentisch sitzt, weiß er erst mal gar nicht, was er tun soll. Sie ist das einzige an Familie, was er hatte. Aber dann erinnert er sich, dass sie in ihrer Heimat am Schwarzen Meer bestattet werden wollte. Vom Unterricht in der 11. Klasse bekam er eh nur noch wenig mit, also schnappte sich Viorel die 300 Euro aus der Haushaltskasse, tankte den kleinen Corsa auf, in dessen Kofferraum bereits seine zierliche, in einen Schlafsack gewickelte Mutter lag. Bis nach Malimudia in Rumänien sind es 2500 Kilometer - auf dem Weg dahin kommt er kaum zum Schlafen, lernt einen Experten für die Vampirmythen Transsylvaniens kennen und muss alsbald dessen Leiche ebenfalls in seinen Wagen packen. Und dann trifft er auf die unglaubliche Dana …
    Für sein Roadmovie der Sonderklasse hat Dirk Pope mit Abgefahren einen in jeder Hinsicht passenden Titel gewählt.
    Wie der Antiheld Viorel einerseits traumwandlerisch Klippen umschifft bzw. Gefahren hinter sich lässt, um dann in umso größere Nöte zu geraten, wird voller skurriler Einfälle entfaltet, ohne dabei je in seicht-witzelnde Gewässer zu geraten. Die tote Mutter, der Selbsthass auf sich und seine Verfressenheit - das Alles bleibt bis fast zuletzt bestimmend für Viorels Sicht auf die Welt, noch dazu in einem drögen, nüchternen Ton, der selbst die Situationskomik tragischer Ereignisse auf den Punkt zu bringen vermag. Klischees und Vorurteile - alle Rumänen klauen - werden einbezogen, dann von größtmöglicher Liebenswürdigkeit und Hilfsbereitschaft unterlaufen und in Teilen dann doch wieder wahr.
    Was zuweilen wie ein unglaubwürdiger LSD-Trip anmutet, aufgeladen u.a. durch Begegnungen wie der mit Danas Großmutter und ihren beiden Fledermauspapageien, von denen später einer noch Opfer eines Vampirs werden sollte - jedenfalls nach unverrückbarer Ansicht der Großmutter.
    Ein Lesevergnügen für Erwachsene und Jugendliche gleichermaßen. Schräg, komisch, skurril und unterhaltsam bis zur letzten Seite - einfach abgefahren! Ulrich Karger
    (Dirk Pope: Abgefahren. Roman. Hanser Verlag, München 2018. 235 Seiten. 15,00 Euro. Ab 14 Jahren ISBN: 978-3-446-25875-4)
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