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Obwohl DAS 13. HAUS im Orginal schon 1987 in London erschienen ist,
wirkt es wie die gepfefferte Antwort zu Hanif Kureshis jüngst von
den Medien hochgepuschtes Buch DER BUDDHA AUS DER VORSTADT.
Zahid hat es geschafft für seine vierköpfige Familie, ein
mit seinen drei Zimmern vergleichsweise geräumiges Haus zu mieten.
Die Miete verschlingt mehr als ein Drittel seines unsicheren Einkommens,
das trotz jahrelanger Anstellung bei ein und derselben Firma jederzeit
ausfallen kann. Nun gut, er hat auch noch einen Nebenjob als Hauslehrer
verwöhnter Töchter, und die Miete ist, wie er weiß, nur
deshalb so "günstig", weil das Haus im Ruf steht, seinen Bewohnern
Unglück zu bringen. Zahid fühlt "sich von einer Welle des
Erstaunens darüber durchgeschüttelt, daß ihm das nichts
ausmachte".
Es ist ein dreizehntes Haus, das aus dem Rahmen des Beziehungsgeflechtes
der zwölf Häuser des Tierkreises fällt. Man weiß nicht
viel darüber, nur das darin das Schicksal unbarmherzig zuschlägt.
Wenn Doris Lessing diesen Erstlingsroman von Zameenzad als "ungewöhnlich
stark und talentvoll" anerkannte, ist das nicht nur ein Hinweis auf
die Qualität, sondern auch auf die verwendeten Sprachbilder.
Für den westlichen Macher, der Nöte und Vergangenheiten partout
bewältigen will, sind weniger die von außen auf den Protagonisten
Zahid einstürmenden Tragödien beängstigend, als seine in
direkter Rede und in surrealistischen Traumbildern vorgestellte resignative
Lebenshaltung. Resignativ ist hierbei wortwörtlich zu verstehen: Lebenszeichen
zurücknehmen bzw. in Zahids Fall gar nicht erst laut werden lassen.
Natürlich kennt auch Zahid die Wünsche nach mehr Geld und etwas
mehr Luxus. In Pakistan, bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung unter
30 Jahren, wäre das z.B. die für uns selbstverständliche
ärztliche Betreuung seines dritten, vermutlich epileptischen Sohnes,
nachdem die ersten beiden schon gestorben sind, und die schulische Ausbildung
seiner Tochter, die zwar gesund, aber eben "nur ein Mädchen" ist.
Dabei ist Zahid nicht etwa auf der breitbesiedelten niedrigsten Sozialstufe.
Er hat studiert und war bisher nie arbeitslos.
Jedes bißchen Glück empfindet Zahid mit tiefer Dankbarkeit
..und großer Angst. Es kann gar nicht sein, es darf gar nicht sein,
und wenn, dann hat es seinen irrational überhöhten Preis, der
jederzeit unverhofft, zumeist im "schönsten Augenblick" brutal
eingefordert wird - slapstickartige Szenen des Horrors, bei denen einem
das Lachen im Halse stecken bleibt. Sicher denken einige sofort an die
notwendige Erhöhung des "Entwicklungshilfe"-anteils, die wenigstens
die ärgste Not lindern könnte. Zahid erlebt jedoch die Politik
als etwas, das das Unglück der Menschen noch voll macht.
Es bleibt eine Fremdheit, die vermutlich unüberbrückbar ist,
die aber wenigstens zur Kenntnis genommen werden sollte, wenn sie einem
schon so meisterlich vorgestellt wird.
Weitere Besprechungen zu Werken von Adam Zameenzad siehe:
Adam Zameenzad: Das 13. Haus (1991)
Adam Zameenzad: Mein Freund Matt und Hena die Hure (1992)