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Von den 3653 Männern dreier kleiner Dörfer im Alter zwischen
13 und 34 Jahren sind Blutproben genommen worden. Trotzdem wäre der
Täter, der außer seinem vorzeitig ejakulierten Sperma auf demb
einen Mordopfer keine ihn identifizierenden Spuren hinterlassen hatte,
nach jahrelanger vergeblicher Ermittlungsarbeit beinah wieder entwischt.
Dabei hatte auch diese zweite Untersuchungskommission mehrere 100 Polizeibeamte
"verschlissen" und wäre ohne die Zufallsentdeckung von Alec
Jeffreys gar nicht erst zustande gekommen: Außer bei eineiigen Zwillingen
läßt sich nun mit 99,75%-iger Sicherheit selbst der Millimeter
eines Haares von dem eines anderen Menschen unterscheiden, da sich offenbar
jede menschliche Zelle nach dem ganz individuellen Grundmuster eines Menschen
aufbaut, das ähnlich ablesbar ist, wie der Strichcode auf den Artikeln
eines Supermarktes.
Wambaugh schildert sehr eindrücklich, d.h. nach amerikanischer
Lesart: drehbuchreif, den Aufbau und die Widerstände einer Sonderkomission
und widerspricht damit sehr wohltuend dem omnipotenten Kommissar Allwissend
eines Krimis üblicher Machart. Um allerdings ein bereits millionenfach
verschlungener Bestseller zu werden, vertraute auch er auf eine reißerische
Diktion, in der das spürbare Bemühen um Objektivität, die
den positiven Aussagen über die Resultate der Genforschung oder der
Polizeiarbeit auch andere Feststellungen zu Widerspruch kommen ließ, unterzugehen
drohte. Versöhnlich wiederum stimmen die Zitate über Soziopathie,
die eine Wertung des Täters seitens des Autoren erübrigten und
nunmehr die Frage nach dem Warum solch eines "kriminellen" Seelenzustandes
eröffnen.
Literarisch ist die Schilderung dieses authentischen "Falles"
eine spannende Zwischenmahlzeit - ob im Sinne humanistischer Aufklärung
oder lediglich der allzumenschlichen Sensationlust muß jede/r mit
sich selbst abmachen.
Weitere Besprechungen zu Werken von Joseph Wambaugh siehe:
Joseph Wambaugh: Nur ein Tropfen Blut (1990)
Joseph Wambaugh: Hollywood Station (2008)