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Kvothe fällt es von Geburt an leicht, artistische Fertigkeiten, Sprachen und arkanische Techniken zu erlernen. Doch das Glück seiner Kindheit endet jäh, als die fürchterlichen Chandrian seine Familie ermorden. Mit 12 Jahren völlig auf sich allein gestellt, zieht er sich traumatisiert erst in die Wälder zurück, um schließlich in der Stadt Tarbean als Betteljunge sein Leben zu fristen. Doch dann kommt der Moment, wo er wieder seinem früheren Ziel nachgehen will, in Imre auf dem Arkanum, der Universität für Hohe Magie, als Student aufgenommen zu werden ...
Mit Patrick Rothfuss ist ein neuer Stern auf dem Fantasy-Himmel aufgegangen. Sein Debut mit "Der Name des Windes" kündigt sich zur Freude des Lesers zugleich als erster Band einer Trilogie mit dem Titel "Die Königsmörder-Chronik" an.
Auf den ersten Blick drängen sich bei Kvothe Ähnlichkeiten mit Harry Potter auf. Erschüttert durch den Tod seiner Eltern durchläuft er eine Entwicklungsgeschichte, um sich dem Kampf gegen alltägliche Widrigkeiten und Konkurrenzen aber auch gegen das personifizierte Böse in Gestalt der Chandrian zu stellen. Diese Chandrian sind Ausgeburten des Gegenspielers von Tehlu, der die Welt erschaffen hat. Und spätestens hier enden die Ähnlichkeiten mit Harry Potter.
Denn während Joanne K. Rowling eine satirisch überhöhte Parallelwelt zur Realität geschaffen hat, zeichnet sich Kvothes Welt durch die "Logik" einer schöpfungsbedingten Magie aus, die auf Kenntnis der wahren Namen von Dingen und Lebewesen beruht. Für den einfachen Menschen dieser Welt sind solche Kenner der Namen Dämonen, die je nachdem als gute oder böse Geister wirken. Das erinnert schon mehr an die überbordende Konstruktion eines J.R.R. Tolkien, der seinen Herrn der Ringe ebenfalls mit einer ihr vorausgehenden Mythologie und auf der Grundlage altgermanischer Sprachen entwickelt hat. Doch hiervon unterscheidet sich Rothfuss wiederum durch seine Art des Erzählens, die sich nicht an die landläufigen Gesetzmäßigkeiten von Mythen oder Jugendliteratur hält.
So fußt der Werdegang Kvothes durchaus auf psychologisch nachvollziehbaren und auch so begründeten Entwicklungsschritten. Und auch die erotischen Erlebnisse und Erfahrungen Kvothes werden nicht verklausuliert, sondern auf sehr heutige nichtsdestotrotz keinesfalls pornographische Weise eingeführt.
Und überhaupt das Wie des Erzählens - Rothfuss nimmt 80 Seiten lang Anlauf, in denen er seinen Protagonisten als Wirt einer Schenke ganz allmählich immer mehr zu einer Figur von hoher Potenz auflädt. Und das gilt natürlich auch noch für weitere sehr originelle Charaktere. Denkt man auf den ersten 10 Seiten noch, nett, aber Null-Acht-Fünfzehn, wird man spätestens ab Seite 80, wenn Kvothe zum Ich-Erzähler wird, "beim Namen genannt" und in einen Bann gezogen, der bis zur letzten der 864 Seiten anhält. Und da Patrick Rothfuss die Trilogie bereits vollendet hat, was wiederum auf gleich bleibende Qualität hoffen lässt, ist jeder Monat, den der Verlag unsereinen auf die Folgebände warten lässt, ein Monat zuviel!
Weitere Besprechungen zu Werken von Patrick Rothfuss siehe:
Patrick Rothfuss: Der Name des Windes (2008)
Patrick Rothfuss: Die Furcht der Weisen (2011/12)
Patrick Rothfuss: Die Musik der Stille (2015)