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Peter Vane hat im Gegensatz zu vielen Kameraden den Ersten Weltkrieg überlebt und sucht 1923 als Mathematikstudent mit seiner Doktorarbeit über die Riemann'sche Geometrie voranzukommen. Doch noch immer setzen ihm die Erlebnisse des "Großen Krieges" zu und suchen ihn mit Halluzinationen und Alpträumen heim, in denen ihm auch immer eine unbekannte Stimme das Wort "Lily" zuraunt. Er kennt jedoch niemanden mit diesem Namen - ob womöglich eine Daguerreotypie mit dem Bild eines kleinen Mädchens etwas damit zu tun hat? Er hatte sie von dem schwer verletzten Finley im Schützengraben erhalten, der seit seinem Transport ins Lazarett verschollen ist. Sein Psychiater berichtet, dass viele wie Peter an den Nachwirkungen der Kriegstraumata leiden, doch könnte er ihm dagegen lediglich Medikamente verschreiben, die ihn jedoch so sehr dämpfen würden, dass an seine Doktorarbeit nicht mehr zu denken wäre. Da sucht Peter als letzten Ausweg, was er als mathematisch geschulter Geist eigentlich kategorisch ablehnt: Er nimmt an Séancen der berühmten Spiritistin Hester Dowden teil, die behauptet, mit dem Jenseits Kontakt aufnehmen zu können. Dort spürt er zwar nichts von Lily, aber überraschenderweise die sehr starke Präsenz von Oscar Wilde, der seit 23 Jahren tot ist. Zum Glück hat Peter auch die exzentrische Dolly kennengelernt, die nicht nur gut Auto fahren kann, sondern auch über viele Bekannte verfügt. Mit ihr will er nun unbedingt Mrs. Dowden als Betrügerin entlarven und zugleich seine Dämonen besiegen.
Alexander Pechmann hat in "Die Nebelkrähe" zahlreiche historische Persönlichkeiten und wahre Begebenheiten sprachlich sehr eingängig zu einer vielschichtigen Schauergeschichte verarbeitet, die im Gegensatz zu seinem Vorgängerroman Sieben Lichter von Anfang bis Ende überzeugt.
Wiewohl in ihr die auch bereits in den 1920ern vorhandenen Kenntnisse über Kriegstraumata eingeführt werden, gelingt ihm bei aller Skepsis der Protagonisten dem schaurig Unerklärlichen genau so viel Raum zu geben, dass ein "Alles Blödsinn" einem nicht mehr so leicht über die Lippen geht. Zudem ist in ihr nun auch ein Spannungsbogen angelegt, der am Schluss in einigen Volten mündet - nicht zuletzt auch dank des Anhangs, der für erstaunlich viel Erwähntes im Roman die Quellen benennt.
Weitere Besprechungen zu Werken von Alexander Pechmann siehe:
Alexander Pechmann: Die Nebelkrähe (2019)
Alexander Pechmann: Die zehnte Muse (2020)