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Chris McCool lässt mit 67 Jahren sein Leben in Irland Revue passieren. Bestimmt wurde es durch seine Herkunft, die ihn als Sohn einer protestantischen Mutter aus begütertem Hause und ihrem bäuerlich katholischen Liebhaber als "Bastard" auszeichnete. Dennoch oder gerade deswegen sieht sich Chris als coolen Nutznießer der Swinging Sixties, der von allen Frauen begehrt und den Männern beneidet wurde. Doch zwischen diesem Schwadronieren blitzt immer mehr und immer öfter sein Leiden an der zwiespältigen Herkunft und der in seiner Kindheit wenig erfahrenen Liebe auf.
Patrick McCabe legt in "Die heilige Stadt" einen Roman vor, der mit vielen Anspielungen auf die in den 1960ern und 70ern bekannten Bands und ihren Songs sowie mit Zitaten aus Robert Louis Stevensons Gedichten und Werken von James Joyce ("Das Portrait des Künstlers als junger Mann" und "Dubliner") ein Vexier- und Zeitbild herzustellen sucht.
Doch diesmal springt der Funke nicht über, die literarischen Anspielungen setzen offenbar ein Erkennen von Zwischentönen voraus, die ohne sie das Hin und Her im Rückblick des Protagonisten zum alsbald nur noch ermüdenden Geschwafel werden lässt. Da helfen vertraute Songzeilen der Beatles oder der Rolling Stones genauso wenig darüber hinweg wie die vereinzelten Passagen mit allgemein verständlicheren Pointen. Und da, wo McCabes Protagonist offenbar den Platz gefunden hat, sich sein Leben mäandernd auszumalen, will ja auch keiner wirklich hin - das hat man aber auch schon vor der Lektüre gewusst.
Weitere Besprechungen zu Werken von Patrick McCabe siehe:
Patrick McCabe: Der Schlächterbursche (1995)
Patrick McCabe: Breakfast on Pluto (2000)
Patrick McCabe: Die heilige Stadt (2012)