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'MORGENLICHT UND STERNENWÄCHTER' sind Geschwister. Morgenlicht liebt die Zeit des Sonnenaufgangs, wenn alle anderen noch schlafen, Sternenlicht die Zeit der Dunkelheit und der Sterne. Sternenlicht stört oft, indem er redet, wenn er zuhören sollte, rumrennt, wenn er stillsitzen sollte, albert, wenn er ernst sein sollte - meint Morgenlicht. Morgenlicht mischt sich dagegen in Dinge ein, die sie nichts angehen - meint Sternenwächter ...
Daß Geschwister sich streiten, ist eine uralte, für Betroffene wie Außenstehende meist nervige Geschichte. Michael Dorris aber erzählt von der Poesie des Streitens, wie er sie bei den Indianern vor 500 Jahren vermutet. Bei ihnen scheint das geschwisterliche Streiten unmittelbarer Bestandteil des Lernens gewesen zu sein, was letzlich dazu diente, offen aufeinander zuzugehen und die Wahrung des Gesichtes bei sich selbst und beim anderen achten zu lernen. Der Autor findet dafür, von U.-M. Gutzschhahn hervorragend übersetzt, eine anrührend bilderreiche Sprache, welche die Situationskomik keineswegs ausklammert. Wunderbar ergänzt von den geradezu meditativen Bildern von Quint Buchholz erschließt sich den jugendlichen LeserInnen eine Welt 'vorzivilisatorischer' Harmonie, die erst auf den letzten Seiten mit der Ankunft von Christoph Columbus die Ahnung ihres Abgesangs erfährt.
Weitere Besprechungen zu Werken von Michael Dorris siehe:
Michael Dorris: Morgenlicht und Sternenwächter (1995)
Michael Dorris: Fremde (1996)