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"Aber ich werde dahin gelangen, jemand Bedeutendes zu sein, nicht
wahr?"
"Im Leben gelangt man nirgendwohin, Gregory. Man lebt, und fertig."
Als Weißer wächst Gregory im Barrio auf, einem Ghetto mexikanischer
Einwanderer in East Los Angeles. Zuvor war er mit seiner Familie, angeführt
von dem Vater, einem Wanderprediger des "Unendlichen Plans", auf
den Landstraßen des südlichen Nordamerikas unterwegs gewesen.
Das spannungsreiche Überleben zwischen überschäumender
Herzlichkeit und brutaler Ausbeutung bringt Gregory zu dem Entschluß,
sich aus diesen Verhältnissen herausarbeiten zu wollen. Zu seinem
Glück hat Gregorys Karriereweg jedoch einige Knicke, nicht nur wegen
so einschneidender Erlebnisse wie der Teilnahme am Vietnamkrieg. Dank seiner
Freunde wird er zuletzt zu sich selbst und seiner eigentlichen Bestimmung
finden.
Diese dürre Inhaltsbeschreibung wird der Erzählkraft dieses
Romans überhaupt nicht gerecht. Isabel Allende scheint ein unerschöpfliches
Reservoir von Biographien im Kopf zu haben, die sie zu fesselnden Netzwerken
menschlicher Beziehungen umarbeiten kann.
Das DER UNENDLICHE PLAN nicht wie DAS GEISTERHAUS und EVA LUNA in Lateinamerika
spielt, ist ein gelungener Vorstoß der Autorin, Bezüge des aktuellen
Zeitgeschehens ins Spiel zu bringen. Zudem beweist sie ganz lapidar, daß
das uns im Urlaub oder in Romanen faszinierende lateinamerikanische Temperament
auch vor der Haustür westlicher "I.Welt-Länder" zu finden
wäre - wie und warum dies in unserer Realität nicht wahrgenommen
wird, erzählt Isabel Allende in einer Chronologie der letzten 30 Jahre.
Mal aus der Metaschau, mal aus der Ich-Perspektive Gregorys entwickelte
sie mitreißende Milieustudien, die ihre erzählerische Meisterschaft
einmal mehr unterstreichen und beste Werbung für die Kultur des Lesens
sind.
Weitere Besprechungen zu Werken von Isabel Allende siehe:
Isabel Allende: Der unendliche Plan (1992)
Isabel Allende: Paula (1995)
Isabel Allende: Fortunas Tochter (1999)
Isabel Allende: Die Stadt der wilden Götter (2002)