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Christian Waluszek

Der Klassendieb

Roman. Thienemann Verlag, Stuttgart 1997. 222 S., ISBN 3-522-17088-1, >>> Amazon
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Manchen war die Klassengemeinschaft zum Schluß ganz egal. Sie sind nur noch wegen des Unterrichts in die Schule gekommen. Andere hofften auf immer neue Sensationen. Es sei hier ja zugegangen wie in einem echten Krimi. Frau Beck war jedenfalls so enttäuscht von ihrer 9b, daß sie mit dieser Klasse am liebsten nichts mehr zu tun haben wollte. Dabei war sie letztes Jahr noch so begeistert davon, wie sie alle gemeinsam die Klassenfahrt auf die Beine gestellt haben. Auslöser aller Zwietracht war Sabines Füller. Seit ihr beinah 400 Mark teures Schreibwerkzeug geklaut wurde, verstrich kein Tag ohne Beschuldigungen und Streitereien. Langjährige Freundschaften gingen in die Brüche und zuletzt hätte der ganze Wahnsinn David beinahe das Leben gekostet.
Diese Erzählung von Christian Waluszek ist eine beeindruckende Paraphrase auf das zehnte Gebot: Du sollst nicht falsch Zeugnis reden. Die Mischung in dieser von ihm vorgestellten Gymnasialklasse ist keineswegs außergewöhnlich oder besonders brisant: Manche können es sich leisten, mit teuren "Markenklamotten" Trendsetter zu spielen, einer ist wegen auffälliger Verhaltensstörungen von einer anderen Schule hierher "versetzt" worden, und ein Aussiedlerjunge aus Kasachstan findet lange Zeit keinen Anschluß. Aber dann gibt ein (falsches) Wort das andere. Dieser wortreichen Sprachlosigkeit verleiht der Autor mit der Ich-Erzählerin Sabine eine glaubwürdige Stimme. Als unmittelbar betroffener Teil des Geschehens ist sie natürlich Partei. Da Sabine aber im Rückblick erzählt, vermag sie allmählich die Ereignisse differenzierter darzustellen, ohne dabei je die Erkenntnismöglichkeiten einer 15-jährigen überzustrapazieren. Nicht nur Gleichaltrigen hält sie hier einen schonungslosen Spiegel vor. Auch die mittlerweile Erwachsengewordenen wissen aus eigener Erfahrung, mit welcher Lust man in diesem Alter aus einer Mücke einen Elefanten macht. Und sich dann mit einer Halbwahrheit oder einen kleinen Lüge in Szene zu setzen, gehört doch einfach dazu.
Waluszek tappt aber nicht in die Falle, alsbald den moralinsauren Zeigefinger zu schwenken. Vielmehr legt er die Mosaiksteine der Erkenntnis wie in einem Kriminalroman aus. Immer mehr wird man von der anschwellenden Dramatik gefesselt und fiebert der letzten Seite entgegen. Alle, angefangen von der Bestohlenen, über die Klassenlehrerin bis hin zu dem Beinahe-Selbstmörder hatten ihren Anteil an dieser Geschichte. Und so sind denn auch alle aufgefordert, ihre jeweilige Lösung beizutragen.
Nicht zuletzt wegen der ausgezeichneten Sprachregelung kann dieses Buch bereits Jugendlichen ab 12 Jahren und, wegen seines Umfangs zumindest auszugsweise, auch für den Unterricht in der Mittelstufe empfohlen werden.

Weitere Besprechungen zu Werken von Christian Waluszek siehe:
Christian Waluszek: Der Klassendieb (1997)
Christian Waluszek: Allgames (2010)

Buechernachlese © Ulrich Karger


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