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Mirjam Pressler

Die Zeit der schlafenden Hunde

Roman. Beltz & Gelberg Verlag, Weinheim-Basel-Berlin 2003. 270 Seiten. 14,90 EUR. Ab 16 Jahren. ISBN: 3-407-80912-3, >>> Amazon
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Mit dem Jahr 1995 wird für die strebsame Johanna alles anders. Die Abiturklasse zu besuchen, den Freund bei sich übernachten zu lassen und sich mit dem frisch erworbenen Führerschein ein wenig mehr Unabhängigkeit verschafft zu haben, hatte bislang kaum für Turbulenzen beim Abnabelungsprozess von der Familie gesorgt. Einer standesbewussten Familie, denn den Riemenschneiders gehört das größte Modehaus am Platz. Doch während einer Klassenfahrt nach Israel wird Johanna mit einer schrecklichen Wahrheit konfrontiert: Meta Levin, eine Überlebende des Holocausts, beschuldigt Johannas Großvater, sich an der Not ihrer in Deutschland verfolgten Eltern bereichert zu haben. Das "Modehaus Riemenschneider" hieß 1938 noch "Bekleidungshaus Heimann & Compagnie", und Johannas Großvater wurde als begeistertes Parteimitglied der NSDAP bei der "Arisierung" des Geschäftes bevorzugt behandelt.
Mirjam Presslers Blick auf die Vergangenheit eines so genannten Traditionsbetriebes fordert zur differenzierten Stellungnahme heraus. Unter diesem Vorzeichen erzählt sie in "Die Zeit der schlafenden Hunde" so unsentimental wie mitreißend vom Erwachsenwerden und dem dafür notwendigen Erweitern des Gesichtsfelds. Unschuld und jugendliche Empörung über begangenes Unrecht reichen nicht aus, um sich und anderen gleichermaßen gerecht zu werden. Spätestens der Selbstmord des zuvor kaum noch ansprechbaren Großvaters macht Johanna deutlich, dass in einer Auseinandersetzung stets mehr Fragen als Antworten übrig bleiben. Auch jene danach, wie es möglich ist, dass ein Nazi wie ihr Großvater ein so liebevoller Opa sein konnte oder warum ihr Vater von all dem nichts wissen und ihre Mutter stets nur abwiegeln will oder, oder, oder. Die Autorin geht aber noch darüber hinaus und macht auch Meta Levin und ihren Neffen Doron kenntlich, lässt zu, dass insbesondere das rachsüchtige Verhalten Dorons gegenüber Johanna als fragwürdig gelten darf und nicht wieder hinter dem unantastbaren Stereotyp eines jüdischen Opferdaseins verschwimmt. Eine alles ausgleichende Gerechtigkeit gibt es nicht. Am Ende findet Johanna aber immerhin einen Ansatz, wie sie sich und der Vergangenheit ihrer Familie Rechnung tragen kann.

Weitere Besprechungen zu Werken von Mirjam Pressler siehe:
Mirjam Pressler: Die Zeit der schlafenden Hunde (2003)
Drei Kürzesthinweise im Sampler:
Mirjam Pressler: Jessi und die Tante Dorothea (1995)
Mirjam Pressler: Ben und Lena gehen Einkaufen (1998)
Mirjam Pressler: Ben und Lena freuen sich auf Weihnachten (2002)

Buechernachlese © Ulrich Karger


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