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Der Inbegriff des Geheimnisvollen: ein englischer Landsitz!
Roscoe's Leap wirkt von außen betrachtet selbst auf Engländer
ein wenig exzentrisch: ein Haus von einem Bach teilen zu lassen, um es
dann wiederum mit einer Galerie verbinden. Der Urahn hat das scheinbar
Unmögliche gewagt, ..und hat es geschafft. Soweit, so gut - my home
is my castle - das geht niemanden etwas an. Aber entgegen aller sonstigen
Gewohnheit hat der tyrannische Onkel Ernest Besuch von einem Fremden erlaubt.
Nick ist Historiker und entsetzt von dem Zustand des Gemäuers, und
drängt darauf etwas gegen den Verfall zu unternehmen. Aber dieser
alte Landsitz ist von innen her krank, und dem ist kein noch so guter Handwerker
gewachsen...
Gillian Cross hat es meisterhaft verstanden, die seelischen Zustände
der Familie Roscoe in eine unaufdringliche Metapher verwinkelt angelegter,
zumeist verschlossener Wohn- und Kellerräume zu kleiden. Die Frage
nach dem Warum für das seltsame Verhalten, der scheinbar nur von Onkel
Ernest in Schach gehaltenen Familie wird erst von dem außenstehenden
Nick offensiv gestellt. Zugleich sind die 15-jährige Hannah und der
12-jährige Stephen Indentifikationsfiguren, welche die eigentümlichen
Blockaden beschreiben, vor die Kinder sooft auf Grund nicht ausgesprochener
und verdrängter Probleme gestellt werden.
Dieses Buch hat vermutlich die Erkenntnisse der Schweizer Psychoanalytikerin
Alice Miller zur Grundlage genommen. Jede und jeder schleppt solange an
der Kette seiner/ihrer Familiengeschichte bis es jemand wagt, an ihr zu
ziehen, sie zu betrachten und "aufzuarbeiten".
Das Happy-End tut nicht so, als könnte zu irgendeinem Zeitpunkt
alles gelöst sein, aber es gibt den Bewohnern von Roscoe's Leap eine
faire Chance neu anzufangen.
Weitere Besprechungen zu Werken von Gillian Cross siehe:
Gillian Cross: Das Haus des Schweigens (1990)
Gillian Cross: Total verrückter Schultag (1996)