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Büchernachlese-Extra: Außergewöhnliche Morduntersuchungen

Henning Boëtius

Undines Tod

Roman. btb-Goldmann Verlag, München 1997. 303 Seiten. ISBN: 3-442-75002-4, >>> Amazon
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Den Auftakt bildet der mysteriöse Mord an einer hochgeschätzten Tänzerin. Ihrem Leichnam waren mit großer Präzision die Füße amputiert worden. Die Polizei ist ratlos und will den Fall mit Billigung der Obrigkeit am liebsten unter den Teppich kehren. Aber Philipp Kreisler, seines Zeichen Kammergerichtsrat, Schriftsteller und Komponist, läßt nicht locker. Zu sehr hat er die Tänzerin verehrt, ja geliebt, zu sehr faszinieren ihn die Begleitumstände dieses Verbrechens. Zusammen mit seinem Vertrauten Ludwig Freundt, einem begnadeten wie exzentrischen Schauspieler, beschließt er auf eigene Faust zu ermitteln. Doch bald finden sich weitere Opfer, allesamt aus dem Theatermillieu, allesamt um ein Körperteil ärmer.
UNDINES TOD spielt im akribisch erkundeten Straßenbild Berlins von 1817 und packt einen von der ersten bis zur letzten Seite. Henning Boëtius hat hier sein Faible fürs Historische und Kriminalistische auf das Beste zu bündeln gewußt. Personen der Zeitgeschichte wie Schinkel, Hufeland oder Brentano werden nicht auf ein 'name dropping' reduziert, sondern nehmen in dieser Fiktion durchaus glaubwürdige Rollen ein. Aber auch bei den preußischen Würdenträgern und der Berliner Unterwelt geht Boëtius weit über das Skizzieren von Karikaturen hinaus. Dazu verhilft ihm nicht zuletzt die geistreiche Sicht und Widerspenstigkeit seiner beiden Helden. Sie stellen mit ihren intuitiven Gedankensprüngen solche Schablonen wie Sherlock Holmes & Co. weit in den Schatten.
Die übergeordneten Fragen jener Zeit, die sich längst nicht nur in den Antworten von "Mechanikussen und Magnetiseuren" widerspiegeln, sind geschickt in den fesselnden Plot eingebaut und bewegen auch heute noch die Gemüter. Und das in einer zuweilen poetischen, zuweilen lakonischen Sprachführung, in der das Biedermeier mitschwingt, ohne sich davon überrumpeln zu lassen. Ein spannender Krimi, ein schönes Stück Literatur und eine hinreißende Sage zum Bau des Schauspielhauses in Berlin.

Weitere Besprechungen zu Werken von Henning Boëtius siehe:
Henning Boëtius: Der Walmann (1996)
Henning Boëtius: Undines Tod (1997)

Buechernachlese © Ulrich Karger


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