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Drei Bücher in einem schreibt Jurek Becker, und alle handeln von
Amanda.
Ludwig Weniger berichtet seinem Scheidungsanwalt im ersten Buch über
die zweijährige Ehe mit Amanda. Im zweiten ist es der "verbotene",
weit ältere Autor Fritz Hetmann, der die folgenden sieben Jahre Zusammenlebens
mit Amanda in einer Novelle verdauen wollte, die aber kurz nach ihrer Fertigstellung
gelöscht bzw. vernichtet wurde. Von Amanda?
Das Tagebuch eines westdeutschen Korrespondenten namens Stanislaus
Doll macht dann die zehn Jahre dokumentierter Reflektionen über Amanda
voll: Es schließt ab mit dem gemeinsamen Auszug in den Westen am
3. Januar 1989.
Becker erweist sich einmal mehr als geschickter Handwerker, der mit
Formen zu spielen weiß, sich mit diesem Roman aber eher an den Drehbüchern
zu LIEBLING KREUZBERG als an seinem letzten Roman BRONSTEINS KINDER orientiert
hat. Das wäre kein Vorwurf, sollten tatsächlich einmal ähnlich
überzeugende Schauspieler wie Manfred Krug seinen Protagonisten Leben
einhauchen. Nur gelesen sind sie eigentümlich flach auf der Brust,
Stereotypen, die hin und wieder mit gut konstruierter Situationskomik aufwarten
dürfen. Über diese Komik hätte wohl mancher auch schon Ende
der 60iger Jahre gelacht: Männer von trampelig-unsensibel bis tolpatschig
belehrbar, die mit dem rätselhaften anderen Geschlecht einfach überfordert
sind und nur auf Gnade hoffen können. Statt die Notwendigkeit konstruktiver
Beziehungskämpfe zu glossieren, erzählt uns Jurek Becker von
der unergründlichen Traumfrau, die - man stelle sich das vor - "eigensinnig"
ist.
Inwieweit dieser Roman immerhin trotzdem noch das zweifelhafte Prädikat
"heiter" verdient, müssen die LeserInnen aus den neuen Bundesländern
entscheiden. Vielleicht trifft der Autor mit seinem durchgängig ironisch-verniedlichenden
Ton ja tatsächlich das damalige Empfinden über den Alltag im
real existierenden Sozialimus, nach dem Motto: auch wir haben nicht nur
gelitten, sondern eher das Belustigende z.B. einer Überwachung erkannt.
Weder Fisch noch Fleisch sollte man dieses Nebenwerk einfach ignorieren
und auf Besseres von Jurek Becker warten.
Weitere Besprechungen zu Werken von Jurek Becker siehe:
Jurek Becker: Amanda Herzlos (1992)
Jurek Becker: Briefe (2004)