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Lily ist aus Sicht der Erwachsenen bestenfalls eine beschauliche Kleinstadt in Arkansas. Für den 17-jährigen Cullen und seine Freunde ist selbst die Aussicht auf Ferien in Lily deprimierend. Noch dazu wenn man wie Cullen zu gehemmt ist, um seiner Liebe zu einem Mädchen wie Ada Ausdruck zu verleihen - ganz abgesehen davon, dass bislang all ihre Freunde nach einer engeren Verbindung mit ihr einem tödlichen Unfall zum Opfer fielen. Doch dann wird in Lily ein bereits als ausgestorben geltender Specht wieder entdeckt. Ein Ereignis, das sogar Widerhall im Fernsehen findet und das ganze Städtchen außer Rand und Band geraten lässt. Was zu Anfang etwas mehr Leben in Lily verspricht, wird jedoch insbesondere von Cullen und seinem jüngeren Bruder Gabriel bald nur noch als nervig und absurd empfunden. Und dann verschwindet Gabriel. Einfach so, ohne jede Ankündigung …
"Hier könnte das Ende der Welt sein" ist ein bereits im angelsächsischen Sprachraum mehrfach ausgezeichnetes Roman-Debüt des US-Amerikaners John Corey Whaley. Aus der Sicht Cullens entfaltet er sehr pointiert und mit entsprechender Situationskomik das Leben von Jugendlichen in einer für sie öden Kleinstadt, die so gar nichts an spektakulären Reizen zu bieten hat. "Glück haben" heißt für ihn, diesem Ort alsbald zu entrinnen, seinen Horizont möglichst ganz weit weg von dort zu erweitern - und nur ja nicht als Gescheiterter zurückzukommen. Doch mit dem Verschwinden seines Bruders wird ihm auch eine scheinbar unüberwindliche Sehnsucht nach Vertrautem bewusst. Cullen kann unmöglich weg, solange Gabriels Schicksal nicht geklärt ist. Und dann ist da noch Alma Ember, die schon mal außerhalb Lilys verheiratet war und die er nun zu lieben meint. Der kluge Gabriel hätte das wohl als Dilemma bezeichnet ...
Damit nicht genug stellt der Autor der Perspektive Cullens noch einen parallel laufenden Erzählstrang gegenüber, der mit dem gleichaltrigen Benton Sage und seiner ersten (und letzten) Beauftragung als evangelikaler Missionar in Afrika ansetzt. Wie sich dessen Geschichte am Ende über mehrere Bande und ganz anders als erwartet nicht nur mit Cullens Leben verknüpft, ist spannungsgeladen und verleiht diesem Jugendroman eine Tiefe, die auch Erwachsene zu berühren vermag. John Corey Whaley ist es gelungen, für die Lebenskrise eines Jugendlichen einen so angemessenen wie ansprechenden Ton zu finden und für deren Überwindung wohldosiert das Schicksal als unberechenbare Größe einzuführen.