Minette Walters

Der Außenseiter

Howard Stamp war sein Leben lang ein Außenseiter. Sprachgestört, lernbehindert und von unansehnlichem Äußeren wurde er immer wieder zum Spielball ihn tyrannisierender Erwachsener und Kinder. Als seine Großmutter in ihrem Haus ermordet aufgefunden wird, weisen die Indizien auf ihn und er wird schuldig gesprochen. Das war 1970, und schon kurz darauf verübt Howard in seiner Gefängniszelle Selbstmord.
Die Umstände der Verurteilung damals und die heutigen Möglichkeiten der Beweisfindung treiben den Anthropologen Jonathan Hughes und die psychologisch qualifizierte Stadträtin George Gardener über 30 Jahre später dazu an, diesen Fall neu aufzurollen, um Howards Unschuld zu beweisen. "Der Außenseiter" ist wieder mal ein zu Recht lang ersehnter neuer Roman von Minette Walters. Auf einen knapp 20-seitigen Prolog folgt ein gut 35-seitiger Auszug eines fiktiven, nichtsdestotrotz sehr gut fundierten populärwissenschaftlichen Sachbuchs ihres Protagonisten Jonathan Hughes, der darin an drei Fallbeispielen vorurteilsbeladene Untersuchungen und Prozessführungen der Vergangenheit erläutert und um Mitwirkung bei der nachträglichen Auflösung bittet. So lernt er George Gardener kennen - doch bevor die beiden zu einem eingeschworenen Team werden, müssen sie ihre eigenen Vorurteile überwinden lernen. Das ist nicht ohne Witz, doch inszeniert wie ineinander verschachtelte Matroschka-Puppen breitet sich dann nach und nach ein erschreckendes Tableau an Täter-Opfer Beziehungen aus, das bis in die Gegenwart hineinwirkt und alsbald auch die beiden selbst bedroht.
Mit diesem Roman gelingt es Minette Walters einmal mehr, die Leser zu überraschen und jedwedes Serien-Schema zu unterlaufen. Und dann heißt es wieder auf den nächsten Roman von ihr zu warten ...

Weitere Besprechungen zu Werken von Minette Walters siehe:
Büchernachlese-Extra: Minette Walters