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Wissenschaftler haben errechnet, daß wir Menschen ab jetzt noch
knapp 50 Jahre Zeit haben, Hebel in Bewegung zu setzen, um eine globale
Katastrophe zu verhindern. Angesichts der Vielfalt und Beharrlichkeit menschlichen
Zerstörungspotentials sind 50 Jahre nicht gerade viel. Tatsächlich
scheint es aber einen gangbaren und zugleich visionären Ausweg zu
geben, der uns allen noch eine Chance läßt. Nachzulesen ist
er in dem neuen Bericht an den Club of Rome. Der Neffe des einstigen Bundespräsidenten
Ernst Ulrich von Weizsäcker ist Koautor dieses Berichtes und hat ihn
nicht nur ins Deutsche übertragen, sondern auch, wo nötig, den
spezifisch deutschen Verhältnissen angepaßt. Er stellt darin
die in ihrer genialen Einfachheit überzeugenden Ansätze des Alternativen
Nobelpreisträgers Amory Lovins vor: Ihr Kerngedanke ist die Effizienzsteigerung.
Jeder weiß, daß die Ressourcen wertvoller Energieträger
nicht unendlich reichen und zudem ihre Emissionen die Umwelt nachhaltig
schädigen. Zugleich wissen wir aber auch von der Trägheit unserer
Gattung, einen einmal erworbenen Lebensstandard nicht so schnell aufgeben
"wollen zu können". Der Bericht trägt beiden Gesichtspunkten
Rechnung, indem er auf den kleinsten gemeinsamen Nenner beider "Weltanschauungen"
abzielt: Danach dürfen z.B. Energieeinsparungen künftig nicht
nur den Moralisten Befriedigung verschaffen, sondern auch der aufs Renditebewußtsein
beschränkten Geschäftswelt. Um nun die richtigen Lösungen
zu finden, müssen erst einmal die richtigen Fragen gestellt werden.
So will ein Strom-, Gas- oder Benzinkunde ja weniger den Energieträger
als vielmehr den Effekt der damit angetriebenen Geräte wie Kühlschrank
oder Auto. Ein FAKTOR VIER, d.h. doppelter Wohlstand bei halbiertem Naturverbrauch
würde nun erreicht, wenn ein Kunde ein stromsparendes Gerät für
etwas mehr Geld kaufen kann, dieses Gerät die Mehrkosten aber schon
nach kurzer Zeit amortisiert und sich zugleich auf den Energie- und Kostenverbrauch
anderer Geräte auswirkt (Stichwort: Synergie), so daß der Kunde
am Ende sogar noch Geld übrig hat, um auch andere Energiefresser zu
ersetzen oder gar ganz auf sie verzichten zu können. Der Faktor Vier
ließe sich dann sogar bis auf einen Faktor hundert und darüber
steigern ...
Für den Praktiker werden im ersten Kapitel 50 Beispiele vorgestellt,
wie und wo bereits der Faktor Vier seine Anwendung findet und finden kann.
Das fängt beim hyperleichten Auto mit 0,8 Liter Benzinverbrauch an,
verweist auf effizienten Haus- und Wohnungsbau und endet schließlich
in (nahezu) autofreien Wohnsiedlungen. Im zweiten Kapitel wird Wirtschaftskräften
erläutert, daß Effizienzsteigerung ein für alle Seiten,
also auch für sie gewinnträchtiges Geschäft sein kann. Es
soll ja Parteien geben, die nicht wissen, wie sie sich mit welchen modernen,
zukunftsträchtigen Reformen profilieren könnten - dieses Kapitel
steckt voller Winke mit dicksten Zaunpfählen! (Auch unsere Kirche
könnte noch weit mehr von diesen Erkenntnissen in die Wirklichkeit
umsetzen helfen - auch zu ihrem eigenen Nutzen und Frommen.) Schließlich
erklärt bereits die nächste Kapitelüberschrift: "Die
Umweltkrise zwingt zum Handeln". Das vierte und letzte Kapitel wiederum
hinterfragt, was eigentlich Zivilisationsfortschritte auszeichnet. "Die
immateriellen Befriedigungen haben es schwer, sich gegen die materiellen
Befriedigungen durchzusetzen - nicht weil die immateriellen als weniger
wichtig empfunden würden, sondern weil die materiellen schneller und
leichter zu haben sind."
Die allerletzte Überschrift dieses Kapitels lautet denn auch folgerichtig:
"Der ökonomische Fundamentalismus: ein schlechter Ersatz für
Moral, Religion und Kultur".
Seriös belegt und doch eingängig und verständlich in
seiner Sprachregelung sei dieses Buch allen Menschen mit Interesse an unserer
Zukunft herzlich anempfohlen!