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Büchernachlese-Extra: Jens Sparschuh

Jens Sparschuh

eins zu eins

Roman. Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln 2003. 428 Seiten. 22,90 Euro. ISBN: 3-462-03214-3, >>> Amazon
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Olaf Gruber soll einer Firma für Wanderkarten auf die Sprünge helfen und Konzepte entwickeln, die wieder neues Interesse an ihren Produkten weckt. "andersWandern" hat wie viele andere Unternehmen auch, seinen Sitz in einen Ostberliner Stadtteil verlegt und ein einstiges DDR-Unternehmen ähnlicher Ausrichtung samt Belegschaft aufgekauft. Nachdem jedoch Grubers Ideen als nicht wirklich zündend anerkannt werden, er selbst das auch nicht ernsthaft bestreiten kann, erhält er von seiner attraktiven Chefin Cora den Auftrag, nach dem verschwundenen Arbeitskollegen Wenzel zu suchen. Wenzel ist nämlich der Einzige, der sich in dem hinterlassen Kartenmaterial des einstigen VEB auskennt. Anhaltspunkte für die Suche nach ihm sind Notizen über das alte Volk der Wenden, das vor tausend Jahren die Mark Brandenburg besiedelte und dann fast spurlos verschwand. Offenbar will Wenzel Rethra, das sagenumwobene Heiligtum finden - und nach und nach rückt auch für Olaf Gruber die Suche nach Wenzel in den Hintergrund …
Jens Sparschuh dürfte neben Hans-Ulrich Treichel zu den besten "gesamtdeutschen" Erzählern seiner Generation zählen, die sich der lakonischen Innenschau verpflichtet sehen, die zugleich auch immer "Heimatkunde" ist. (Stephan Krawczyk wäre hier mit seinem Roman "Der Narr" auch noch einzureihen, aber als Liedermacher und neuerdings auch Kabarettist ist für ihn das Romanschreiben ja leider nur ein eher singuläres Ereignis.)
Während jedoch der westfälische Treichel mit seinem letzten Buch (Der irdische Amor) in einen leichten Abschwung geriet, vermag Sparschuh, der im Klappentext seinen Geburtsort immer noch mit Karl-Marx-Stadt angeben lässt, erneut zu überraschen und zu überzeugen. Der skurrile Plot, der den Ich-Erzähler Olaf Gruber in weit abseits gelegene Dörfer der Berliner Umgegend bis nach Rügen führt, erlaubt ihm eine Zwischenbilanz, die den derzeitigen Ist-Stand ostdeutscher Befindlichkeiten mit den Vorwendezeiten genauso wie mit den Kriegs- und Nachkriegszeiten bis zu den Wenden-Zeiten verklammert. Die große Historie wird hier im Brecht'schen Sinne in Einzelschicksale herunterdekliniert - ohne jedwede Sentimentalität, dafür mit einem selbstironischen Witz, der einmal mehr an Woody Allen gemahnt. Das Schicksal der Wenden in grauer Vorzeit, ihre Überrumpelung durch die Christianisierung findet so verblüffende Entsprechungen zur Jetztzeit, ohne dabei je am platten Ossi-Wessi-Palaver teilzuhaben. Und allein wie Olaf Gruber am Ende doch noch seinen Job behält und auf traute Zweisamkeit hoffen darf, ist schon wieder eine Geschichte für sich, bei der kein Auge trocken bleibt.

Weitere Besprechungen zu Werken von Jens Sparschuh siehe:
Büchernachlese-Extra: Jens Sparschuh

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