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Sie begegnen sich während einer Zugfahrt, wenig später ist einer von beiden tot. Dennoch übernimmt der Polizist Ramón Cabrera nur äußerst ungern diesen Mordfall. Er ahnt schon bald, dass er sich mehr als nur den üblichen Ärger einhandeln wird, wenn er den Umständen, die zum Tod des bekannten Journalisten führten, allzu nah auf die Spur kommt. Aber dann macht er doch seinem Beinamen "El Macetón" (Dickschädel) alle Ehre und beißt sich fest. Offenbar war der Tote dabei, die Hintergründe für eine Mordserie an Kindern aufzudecken, deren Brutalität von den jahrzehntelangen Bemühungen, den Täter zu decken, noch übertroffen wird.
Der BLT-Taschenbuchverlag innerhalb der Lübbe-Gruppe sucht als Ableger der Hardcover-Editionsreihe nach außergewöhnlichen und dennoch vermarktungsfähigen Kriminalstoffen. Das führte bereits zu einer Entdeckung wie dem isländischen Autor Viktor Arnar Ingólfsson. Aber mit dem in Paris lebenden Mexikaner Martin Solares und seinem Romandebüt "Die schwarzen Minuten" hat er nun vollends ins Schwarze getroffen. Glanzvoll übersetzt von Barbara Mesquita vermag dieser Autor darin auf einer breiten Klaviatur literarischer Ausdrucksformen ein Vexierspiel sich überdeckender Handlungsstränge aufzuführen. Die darin verwobenen und zu Anfang auf vier Seiten vorgestellten Personen erinnern nach Anzahl und ihren angehängten Beinamen ebenso an ein homersches Epos wie auch die für die Handlung lakonische Aneinanderreihung nur auf den Eigennutz zielender Grausamkeiten. Die Beiläufigkeit, mit der hier die Akteure zum Teil auf Nimmerwiedersehen verschwinden, beschreibt ein politisches System in Mexiko, das an seiner übermäßig gespreizten Schere zwischen arm und reich und der allseits als normal empfundenen Korruption zu ersticken droht.
Solares arbeitet geschickt mit Vor- und Rückblenden, fügt Traumsequenzen ein wie auch fiktive Begegnungen mit "Besuchern", die wie z.B. der Schriftsteller B. Traven, dem Plot auch noch eine historische Dimension geben. Da schillern denn auch die Dialoge zwischen dem räudigen Ton auf der Straße und dem ambitionierten Geschwafel des Bildungsbürgertums. Dazwischen zwei "Helden" in Vergangenheit und Gegenwart, auf deren Überleben man von Anfang an keinen Pfifferling setzt - und gerade deshalb bis zur letzen Seite von diesem Roman gefesselt bleibt.