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William Bellman zeigt schon früh das Talent, wohlüberlegt und zielgerichtet zu handeln. So hat er bereits als Zehnjähriger seine Zwille derart gut gearbeitet, dass ihm nach dem Finden eines perfekten Steins trotz unglaublicher Distanz ein tödlicher Treffer auf eine Krähe gelingt. Und mit der gleichen Zielgerichtetheit untersucht er später Arbeitsabläufe, bis er sie vollendet optimiert hat, und arbeitet sich auf diese Weise vom Hilfsarbeiter in der Wollspinnerei seines Onkels zum Besitzer mehrerer Unternehmen hoch. Doch sein treffsicherer Schuss auf die Krähe bleibt nicht ohne Folgen - war da nicht abends unter dem Baum, auf dessen Ast sie getroffen wurde, ein schwarz gekleideter Junge zu sehen? Und wer ist diese dunkle Gestalt, die immer öfter auftaucht, als der Stern von William Bellman zu sinken beginnt?
Mit "Aufstieg und Fall des Wollspinners William Bellman" hat Diane Setterfield ein Buch vorgelegt, das der Seitenanzahl nach gewiss als Roman einzustufen ist. Doch die "unglaubliche" Eröffnungsszene mit der Krähe weist die Geschichte von William Bellman auch trotz ihres Umfangs zugleich als konsequent durchdeklinierte Novelle aus, die nach Sprachduktus und Dramaturgie wiederum mysteriös märchenhafte wie auch parabelhafte Züge trägt. Zeitlich ins viktorianische England verlegt, gelingt hier in der poetisch eingängigen Übersetzung durch Anke und Eberhard Kreutzer zudem ein an Charles Dickens gemahnendes Sittenbild, das jedoch weniger auf Moral als auf Dynamik und Konsequenzen eigenen Handels abhebt. Dies wiederum verweist auf jenes künftige Schreckenszenario, das bar jeder Moral aber völlig legal unsere Gegenwart mit noch konsequenter und effizienter agierenden "Heuschrecken" auszeichnet.
Das Ende William Bellmans verzeichnet denn auch nicht dessen "gerechten" finanziellen Absturz, hat er sich doch durchaus um seine Angestellten bemüht, wenn auch nur deshalb, weil deren Gesundheit und Motivation für ihn Teil möglichst reibungsloser Arbeitsabläufe war. Doch trotz dieser für heutige Arbeitnehmer traumhaften Arbeitgeberhaltung wird Bellman auf dem Höhepunkt einer beispiellosen Karriere Opfer seiner selbst. Denn für ihn wird "unheimlich" und bedrohlich, was er bis zuletzt verdrängt: Es gibt noch weit Wichtigeres als Arbeit und Karriere!
Ein wunderbar komponiertes und in jeder Hinsicht unterhaltsames Buch, das auch noch über die letzte Seite hinaus nachzuwirken vermag.
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