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Christoph U. Schminck-Gustavus

Die schönsten Jahre

Chronik einer Liebe 1943-1945
J.H.W Dietz Nachf., Bonn 1991, 176 S., ISBN: 3-8012-0166-X, >>> Amazon
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"Schon wieder! Was soll denn das jetzt? Einmal muß doch Ruhe damit sein!"
Aber gerade jetzt, nachdem die historischen Stunden des Vereinigunstaumels brutal ins sattsam Gewohnte von Verlierern und Siegern eines uralten Spieles namens "Faustrecht" abgewickelt werden, kann vielleicht nur noch die Erinnerung ans Vergangene helfen, mit der Gegenwart später einmal ins Reine zu kommen.
Ein Bremer macht mit seiner Freundin in Italien eine Fahrradtour und gerät in eine für Deutsche beklemmend fröhliche Veranstaltung: Ein Volkslauf zu Ehren von einhundert Geiseln die nach einem Partisanenangriff in Sabbiuno hinter der sogenannten "Gotenlinie" erschossen worden sind.
Das Wort "Zufall" leitet sich von "zufallen" ab, und da der Historiker Christoph U. Schminck-Gustavus offensichtlich keiner der üblichen Schreibtischtäter seines Faches ist, "fällt" ihm bei dieser Gelegenheit, wo andere peinlich berührt schleunigst eine weniger belastete Sehenswürdigkeit aufgesucht hätten, die Bekanntschaft mit Gigina Querzé "zu". Nachdem diese Frau erfahren hatte, daß er aus Bremen stammt, lädt sie, Jahrgang 1914, den verlegen seine Interessensgebiete aufzählenden jungen Deutschen zu sich und ihrem Mann nach Hause ein. "Dann können wir weiterreden."
"Zufällig" spricht und versteht Schminck-Gustavus offenbar auch sehr gut italienisch, so daß er bald eine Lebensgeschichte anvertraut bekommt, die bisher noch keinem historisch relevant erschienen ist.
Attilio und Gigina wohnen am Stadtrand von Bologna. Der Tisch biegt sich von den aufgetragenen Speisen.
"Noch während wir am Tisch sitzen, fängt Attilio plötzlich an zu sprechen, ohne Vorankündigung, ohne Einleitung, ohne Punkt und Komma. (..) Von Zeit zu Zeit bemerke ich ein sonderbares Schwanken in seiner Stimme, das ich nicht verstehen kann, bis ich begreife, daß er beim Reden weint."
Am 8. September 1943 wurde Attilio als gewöhnlicher Soldat auf Elba von den Deutschen gefangen genommen. Wegen der früheren "Kriegskameradschaft" zwischen Deutschland und Italien bzw. zwischen Hitler und Mussolini unterliefen die Deutschen das Statut für Kriegsgefangene, indem sie aus den Italienern "Internierte" machten, die keiner internationalen Kontrolle unterlagen. Attilio "verschlägt" es nach Bremen, wo er in verschiedenen Lagern zweiundzwanzig Monate überleben mußte. Für Schminck-Gustavus waren einige Angaben Attilios völlig neu. Fast war er schon geneigt, diesen Angaben keinen Glauben schenken zu können, doch plötzlich finden sich Unterlagen, die Attilios Aussagen bekräftigen, ja, er findet sogar eine Zeitzeugin, die sich an Attilio erinnert, die sich überhaupt erinnern kann, da sie auch schon damals zu unspektakulärer Hilfeleistung fähig war.
Work in progress - ein Geschichtsbuch, das sich aus den Geschichten eines alten Ehepaares in Bologna entwickelt, denn natürlich war zu Hause Gigina mit ihrem kindergelähmten Sohn ebenfalls vom Krieg, von den Deutschen "betroffen". Die grauen Alltagsgeschichten von Widerstand und Kollaboration, Heldentum und Überlebenskunst erschließen eine in Deutschland kaum noch bekannte "Randgeschichte", denn das, was Attilio mit tausenden anderen Italienern erleben mußte, war im Vergleich zu den Millionen Ermordeten in den Konzentrationslagern "nur noch" schrecklich.
DIE SCHÖNSTEN JAHRE von Gigina und Attilio wurden im J.H.W. Dietz Verlag geradezu liebevoll u.a. mit Kunstdruckpapier und vielen Fotos ausgestattet - die nötige Referenz für ein wunderbar zusammengestelltes Geschichts- und Geschichtenbuch.

Buechernachlese © Ulrich Karger


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