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Olaf Schmidt

Friesenblut

Roman. Eichborn.Berlin Verlag, Frankfurt a.M. 2006. 271 Seiten. 19,90 Euro. ISBN: 3-8218-0770-9, >>> Amazon
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In den 80ern des letzten Jahrhunderts kehrt Anselm Olufs nach langer Abwesenheit einigermaßen widerwillig auf die friesische Insel Föhr zurück. Einzig die durch seinen einstigen Studienfreund und jetzigen Pastor der Insel in Aussicht gestellte Entdeckung eines bislang unbekannten Bildfragments von Oluf Braren (1787 - 1839) lockt ihn, könnte es doch der perfekte Schlussstein für seine Dissertation als Kunsthistoriker über eben diesen Maler und Schulmeister sein, dessen Genie von der Kunstwissenschaft bislang weitgehend unbeachtet blieb. Nach einem ersten Blick darauf ist Anselm überglücklich, scheint das Fragment doch zur "Stillen Hochzeit", dem letzten Werk Brarens zu gehören, das zudem einen zwar nicht sehr begnadeten nichtsdestotrotz sehr bekannten Maler abbildet, nämlich den sogenannten "Goethe-Tischbein". Dieser Fund lässt sensationelle Schlussfolgerungen zu - doch schon am nächsten Tag ist das Bildfragment spurlos verschwunden ...
Olaf Schmidt, Literaturredakteur eines Leipziger Stadtmagazins und auf Föhr geboren, hat mit "Friesenblut" sein Romandebut gegeben. Auf Seite 8 heißt es über den Fahrkartenschalter zur Fähre nach Föhr: "... vor ziemlich genau neun Jahren -, hatte das Ding noch nicht dagestanden. Die architektonische Mißgeburt war folglich noch keine zehn Jahre alt."
Wer nach diesem unlektorierten Quatsch bereits in Lauerstellung geht und womöglich gleich das ganze Buch beiseite legen will, sei gewarnt: Es wäre ein großer Fehler, dieser Referenz an eine abseits gelegene "alte Heimat", verbunden mit dem kaum minder abseitigen Themenstrang zu dem Maler Oluf Braren, nicht weiter zu huldigen.
Nicht zuletzt die offenbar noch heute virulenten Grenzstreitigkeiten bzw. die Frage, ob Föhr mit seinen nicht nur sprachlichen Eigenheiten nicht eigentlich eher zu Dänemark denn zu Deutschland gehört, stellt Schmidt wunderbar dröge anhand trefflich gezeichneter Charaktere vor. Diese Schilderungen umrahmen passgenau die im Wechsel eingeschobenen Kapitel aus der Vita Oluf Brarens - Geschichte wiederholt sich nicht, aber in Ansätzen dann eben doch, münden Groteskes wie Tragikomisches in zuweilen höchst anrührende Szenen, die keineswegs nur Anselm Oluf um so manche Erkenntnis reicher aus diesem überaus gelungenen Roman entlässt. Damit dieses Bravourstück gelingen konnte, muss dem Autor nicht nur ein souveräner Umgang mit historischen Fakten - gerade auch aus der jüngeren Vergangenheit-, Anekdotischem und selbst erdachten Erzählsequenzen attestiert werden, sondern auch eine bis auf oben zitierte Ausnahme beneidenswert stimmige Sprachfertigkeit, deren unaufdringlich spürbare Schulung an alten Meistern mühelos auch für die Gegenwart den richtigen Ton findet und somit all diese zeitlich wie "dialektisch" auseinanderstrebenden Teile in ein mitreißendes Ganzes zu gießen vermochte.

Buechernachlese © Ulrich Karger


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