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James Salter

Lichtjahre

Roman. Berlin Verlag, Berlin 1998, 393 S., ISBN: 3-8270-0095-5, >>> Amazon
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Das Paar Viri und Nedra scheint mit seinen zwei Kindern das Familienglück geradezu gepachtet zu haben. Ende der 50er Jahre sind sie Mitte bzw. Ende Zwanzig, sie gehören der gehobenen Mittelschicht an, geben großzügige Dinnerparties in ihrem schönen alten Haus und verbringen ihre Ferien in Amagansatt am Atlantik. Ihre Freunde sind geistreich, die Kinder nehmen dankbar die vielen Anregungen und Spiele an - das Haar in der Suppe läßt nicht lange auf sich warten. Da hat Viri einen Seitensprung hinter sich, während Nedra schon lange vorher und noch lange danach ein Verhältnis zu einem anderen Mann pflegt. Ein Gesellschaftsroman unter vielen? Beileibe nicht!
Nicht postmoderne Seichtigkeit sondern moderne Erzählkunst in Vollendung, fangen einen bereits die ersten Sätze ein, so brillant geschliffen, so genau dosiert sind sie - egal, ob Salter nun etwas oder jemanden im Detail beschreibt, eine Stimmung anbahnt oder ein Erlebnis schildert. Und auch die Kunst des Weglassens beherrscht er, überspringt bisweilen sogar einige Jahre und setzt in der Mitte einer neuen Begebenheit ein. Obwohl die LICHTJAHRE einen genauen Anfang haben, nämlich 1958, und wie in Spiegelglassplittern reale Zeitgeschichte aufblitzt, geht dieser Roman weit über irgendeine bestimmte Konstellation irgendeiner Beziehungskrise hinaus. Das Angehören einer privilegierten Schicht wird hier zu etwas Archetypischem, Viri zum König, Nedra zur Königin eines noch kaum derart dezidiert auf den Punkt gebrachten Mythos. Gerade das Fehlen ablenkender Überlebenssorgen erlaubte Salter das umso genauere Unter-die-Lupe-nehmen von Hoffnungen und Erwartungen an den Anderen in einer Lebensgemeinschaft. Sich selbst verwirklichen, sich aufgeben in, für, mit der Familie wird hier auf elegantem Terrain bloßgelegt. Mit einer Distanz, die einen berührt, eben weil die Parteinahme für das eine oder andere Konzept uns Lesern überlassen bleibt.
Der Roman endet mit einem Tod und einem Neuanfang in der Gegenwart von 1975 - kaum zu benennen, was erstaunlicher ist: Daß dieses Werk schon so alt sein soll oder daß es erst jetzt von einem deutschen Verlag entdeckt wurde.

Buechernachlese © Ulrich Karger


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