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Wer nicht glauben kann, daß Jesus "wirklich und leibhaftig"
von den Toten auferstanden ist, darf sich nach Meinung vieler Christen
nicht Christ nennen. Dabei gilt unter Theologen und anderen sich professionell
mit der Bibel auseinandersetzenden Menschen längst die Übereinkunft,
daß die Bibel keine historischen Aussagen treffen will und kann.
Die Glaubensfrage nach der "Wirklichkeit" eines in der Bibel beschriebenen
Vorganges ist von daher in der oben zitierten Weise einfach falsch gestellt,
auch wenn er, wie im Falle der Auferstehung Jesu, gleich vierfach in den
Evangelien "bezeugt" wird.
Kamal Salibi, Historiker und praktizierender Christ, ist nun den umgekehrten
Weg gegangen und fragte sich: "Wer war Jesus wirklich?" Und seine
Antworten bzw. Schlußfolgerungen sind von einer weit seriöseren
Natur als es der reißerische Buchtitel "DIE VERSCHWÖRUNG VON
JERUSALEM" und der ebenso reißerische Klappentext vermuten lassen.
So legt er beispielsweise in der Einführung erst einmal offen, anhand
welcher Kriterien und historisch wissenschaftlicher Vorgaben er zu welchen
Ergebnissen kommen konnte - und das sind aufgrund der minimalen historischen
Belege für die Existenz Jesu eben nur "auf Wissen und Logik beruhende
Annahmen". Diese "Annahmen" sind aber von einer hohen und diskussionswürdigen
Plausibilität, insbesondere auch deshalb, weil sie anscheinend viele
Ungereimtheiten mit einem Streich aufzulösen vermögen. Danach
vereinen sich in der Person Jesu insgesamt drei Persönlichkeiten:
der historische Jesus (Jeshu) der Evangelien, ein israelitischer Prophet
Issa sowie der Kult eines arabischen Gottes namens Al Issa. Vor allem der
Umstand, daß Paulus "nach dem Erlebnis der Offenbarung von Jesus
als Sohn Gottes, sofort nach Arabien statt nach Jerusalem" ging, ist
hierbei für Salibi ein wichtiges Indiz, dem er noch überraschende
Koinzidenzen hinzuzufügen weiß - auch was die Frage nach der
Auferstehung angeht.
Nota bene: Viele seiner Schlußfolgerungen sind im Wesenskern
nicht völlig neu, "nur in Einzelheiten weichen sie von bereits
vorhandenen Theorien ab". Die Frage, ob seine Entdeckung der historischen
Wahrheit über Jesus etwas von seiner Gültigkeit als Religion
nimmt, weist Salibi zurück, da das Christentum nicht Geschichte, sondern
eben eine Religion ist: "ein geschlossenes System von Überzeugungen
in Angelegenheiten, die jenseits der Grenzen empirischer Induktion und
logischer Deduktion liegen."
Ein im besten Sinne "anstößiges" Buch, das Beachtung
verdient!