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Rudolf Radke

Im Namen Allahs

Der Islam zwischen Aggression und Toleranz
Lübbe, Bergisch Gladbach 1994, 336 S., ISBN: 3-7857-0715-0, >>> Amazon
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In einer Zeit, in der das Christentum mehr und mehr in den Hintergrund westlich "zivilisierten" Alltags zu rücken scheint, erschrecken die sich häufenden Nachrichten von Terroranschlägen, die mit der Nichtrespektierung des Islams begründet werden. Andererseits erweckt die bis dato ungehinderte Abschlachtung bosnischer Muslime unser aller resigniertes Mitleid. Dann wiederum wird aus dem Iran erneut das Todesurteil Salman Rushdies bekräftigt - im allabendlichen Viertelstundentakt verstocken solche Meldungen zu einem Informationsbrei, der sich dann als "gesundes" Volksempfinden eine kurze aber dafür vorurteilsreiche Bahn zu brechen droht.
Nach allerlei dummschwätzigem oder/und plagiatsverdächtigem Zeug bietet Rudolf Radke mit IM NAMEN ALLAHS endlich ein adäquates Verdauungsmittel. Der Autor, der in der ZDF-Talkshow "live" nur selten zu glänzen vermochte, erweist sich in seinem Buch als ein erstklassiger Journalist, der profund zu recherchieren und dann diese komplexe Materie, ohne sich zu verzetteln, kurzweilig und allgemeinverständlich zu transportieren weiß.
Um den "Islam zwischen Aggression und Toleranz" in seiner politischen Bedeutung sinnvoll erörtern zu können, bedarf es natürlich zu zumindest minimaler historischer und religiöser Grundkenntnisse: Beginnend beim Rivalentum zwischen Christentum und Islam hin zum Leben und Wirken Mohammeds, der Bedeutung des Korans und schließlich dem, wie die Sunna, Schia, Scharia, Umma sowie der Jihad ursprünglich zu verstehen waren, wendet Radke dazu lediglich 33 Seiten auf, was sich jedoch für's Erste als durchaus ausreichend erweist.
Das zweite Kapitel stellt die unterschiedlichen Prägungen islamischer Staaten wie z.B. des Irans, Jordaniens und Algeriens sowie von Gruppierungen wie der PLO oder der Hamas vor. Hierin eingewoben sind dann auch die voneinander abzuhebenden Auslegungen der Islamisten (fälschlich oft als "Fundamentalisten" gekennzeichnet) und den nach Reformen strebenden Muslims.
Dem folgt in RINGEN UM DIE ZUKUNFT der Ausblick auf mögliche Entwicklungen, wozu er u.a. den ägyptischen Literatur-Nobelpreisträger Naguib Mahfouz, den Philosophen Vittorio Hösle sowie die in Frankfurt lebende Übersetzerin und Autorin Chérifa Magdi befragt hat. Diese Interviews sorgen für authentische Bodenhaftung und sind zugleich das sympathische Eingeständnis, nicht alles aus eigener selbstüberschätzender Kraft erklären zu wollen.
Das setzt sich dann auch in dem gut 70 seitigem Anhang fort, in dem das Manifest der PLO, die Charta der Hamas, die allgemeine Erklärung der Menschenrechte sowie die internationalen Pakte über die u.a. bürgerlichen und politischen Rechte nachzulesen sind.
Radke gelingt es in seinem Buch mit so manchem Vorurteil aufzuräumen und so mancher Panikmache den Boden zu entziehen. Seinem Plädoyer für mehr Toleranz, d.h. eben auch mit anderen, in diesem Fall "mit Muslimen zu reden, von Mensch zu Mensch, und nicht nur einmal" sei am Schluß nur noch um ein Zitat Hösles bekräftigt: "Wenn die Menscheit nicht neue religiöse Ideen entwickelt, sehe ich schwarz." Das Warum wird in diesem Buch eindrücklich belegt.

Buechernachlese © Ulrich Karger


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