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Die Übersetzung eines Buches zu rezensieren, ist ein zweischneidiges
Schwert, erst recht, wenn die Betrachtungen des Sandro Penna mit dem Prädikat
'lyrische Prosa' versehen sind. Nicht von der Übersetzung angetastet
bleiben der Aufbau und die Zusammenstellung dieser 1939-41 entstandenen
Geschichten. Ein NÄCHTLICHER SPAZIERGANG z.B. beginnt mit dem Schlußsatz
eines Kriminalromanes, weist von dort zu der Feststellung: "Wie schön
Rom doch ist. Mir gefällt die Stadt sehr - und sie würde mir
auch gefallen, wenn sie häßlich oder sonst etwas wäre.
Doch zu wissen, daß alle sagen, die Stadt sei schön, gibt meiner
Begeisterung noch mehr Auftrieb ..."
Weiter in eine finstere Gasse,
die zum Krankenhaus führt:
"Nein. Im Moment liegt keiner im Sterben,
vielleicht später ..."
... strebt von dem neidig, bettlägrigen
Jungen zu der Brücke, um von der Brüstung eine Rückschau
auf die zuletzt begangene Straße zu halten, endet mit dem Gedanken:
"... daß wenn der Fluß zwar tagsüber gleichwohl spricht,
wo ihn niemand hören kann, er erst am Abend seine wahre Inspiration
zu finden scheint, sie fast schreibt, und er auch angehört wird."
Die Karikatur der auf dem Autodach montierten, alle vier Himmelsrichtungen
abfilmenden Kameras vor der Kulisse des Touristen überfüllten,
Kunst- und Meeresschwangeren Italiens bildet wohl den schärfsten Gegensatz
zu den unverhohlenen Liebeserklärungen Sandro Pennas an sein Geburtsland, seine Heimat Ende der Dreißiger Jahre. Vergangenheitsüberwältigte
Deutsche, die jeden Sommer zuhauf das Land 'unserer' Gastarbeiter barbarisch
heimsuchen, lauern vergeblich nach einem deutlich ideologischen Rufezeichen
und müssen lernen, zwischen den Zeilen zu lesen, einfach einem anderen
zuzuhören, ohne ihn gleich mit dem eigenen Ballast ins Wort zu fallen.
Das gilt insbesondere auch für Frauenbewegte, die sich in diesem Zeitdokument
einem durchgängig eingehaltenem Mann-Chauvinismus ausgesetzt sehen
werden, der in seiner Liebensürdigkeit, einer/m die Haare zu Berge
stehen läßt.
Der Verlag gibt mit der im Anhang eingebundenen 7-seitigen Rezension
P.P.Pasolinis Lesehilfe: "Nichts ist in stärkerem Maße antifaschistisch
gewesen, als sich wie Penna während des Faschismus für Italien
als unsagbar schönes und freundliches Land zu begeistern." Das
gibt zu denken, und mehr kann mensch sich von einem solide ausgestatteten
Buch kaum versprechen lassen.