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Eine Zugfahrt von Kalifornien nach Washington - kein ungewöhnlicher
Rahmen für einen Roman. Dennoch, wer einmal mit der i9-jährigen
Helen zugestiegen ist, begleitet sie auf ihrem Weg bis zum erlösenden
Ende. Das, den amerikanischen Alltag bestimmende Kriegsgeschehen von 1944
bildet den Hintergrund für die Suche nach der Person, die Helens Leben
nachhaltig beeinflußte: Helens Mutter. In Rückblenden, die nicht
'literarisch' aufgesetzt, sondern homogen in den Fluß der Erzählung
eingepasst sind, deckt die Autorin Diana O'Hehir das widersprüchliche
Bild einer Mutter-Tochter-Beziehung auf. Ohne Pathos und Rührseeligkeit
erinnert sich Helen z.B. wie Ihre Mutter sie als Kleinkind aus dem Meer
rettete, obwohl sie selbst nicht schwimmen konnte und stellt diese Begebenheit
in Relation zu den Erfahrungen ihrer Jugend, wenn sie nun auf die Alkoholsüchtige
Mutter aufpassen, die Mutter suchen und retten muß, weil diese offenbar
schon wieder in Schwierigkeiten geraten ist.
Verantwortungsgefühl, aber mehr noch die Angst, selbst einmal
so lebensunfähig wie die Mutter zu werden, treiben Helen zu der Suche
an und zugleich in die Arme des ehemaligen Liebhabers ihrer Mutter ...
Außer der Schwester Helens versteht keiner diese Suche, nach
dem Motto: Die Toten soll man ruhen lassen. Auch der Liebhaber O'Connor
versteht es nicht, läßt sie aber weiterziehen, nachdem er merken
mußte, daß er gegen den starken Willen Helens selbst mit seinem
irischen Temperament nichts verbiegen kann.
Die Geschichte hält eine/n bis zum Schluß in Atem, umschifft
die Autorin doch jedesmal sehr geschickt die zahllosen moralinsauren Klippen
solch einer Thematik und findet mit bestechenden Sinn für Realität
und ihr innewohnender Situationskomik zu einem überraschenden, aber
letztlich folgerichtigen Ende.
Für Leute mit Familiensinn und andere, die ihre Familie zum Teufel
wünschen, das ideale Geburtstagsgeschenk.