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sting volume 2
if you love somebody, set him free
wenn er nicht freiwillig zurückkommt
verfolg ihn,
schieß ihn nieder
und die sache ist geregelt
Diese Zeilen zur Einstimmung. Danach liest sich das, was Uwe Morawetz mit Liebe verbindet wie dem Bild eines Hyronimus Bosch entsprungen: " ...
im wolkenfeld lächelnde gnome. im vorgebeugten kopf ein tragisch vollbesetzter gott. zwischen schamlippen und gebärmutter schwimme ich. ein bißchen
verfallen. der syntax von geschwüren. im wohnzimmer fische. auf der kotwelle deutschland ..."
In der Tat FREMDKÖRPERGEFÜHLE. Alles, was ihm begegnet oder nicht begegnet, ob für's Bett oder als Schlagzeile bis hin zum lieben Gott macht ihn 'steif' oder läßt ihn eine Bierflasche in die Mitte stellen, 'damit ich weiß, woran ich mich halten kann'.
Der Autor wollte sicher kein Brevier der Zärtlichkeit für frisch Verliebte verfassen. Bis zur Schmerzgrenze des Ekels beschreibt er Ausgeschiedenes und Ausgedünstetes, das einer/m schon das menschliche 'Geschlecht' verleiden kann. Statt seine Betrachtungen poetisch hintersinnig zu verschlüsseln, setzt er auf die Provokation, legt seine Finger auf offene Wunden und anderes, und denkt sich was dabei. Von der gar nicht prüden, weil alternativen Presse muß er dafür z.T. seltsame Besprechungen seiner Lesungen erfahren, die in ihren Exorzismen die beifallklatschenden Zuschauer gleich mit austreiben wollen. Das ist insofern verständlich, als Uwe Morawetz mit seinen lyrischen Texten Seiten in uns anspricht, die kaum eine/r wahrhaben will.
Außerdem steht dem 23-jährigen in Erfahrung und Formgestaltung noch einiges an Entwicklungsmöglichkeiten offen. Daß sich sein vielversprechendes Debut als bloße Effekthascherei konservieren könnte, widerlegt er mit:
tut mir leid
ich kann keinen mittelweg finden
zwischen herz und hirn
ich nehme mein wolfskind zur hand
und führe es zur kanzel
wo es statt der hostie den pfarrer frißt