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Die Erfolgsgeschichte Henning Mankells mit seinen Kriminalromanen um den Kommissar Kurt Wallander, der seine Fälle in der schwedischen Kleinstadt Ystad zu lösen hat, verlief für viele deutschsprachige Leser im Zickzack. Erschienen die ersten Bände noch als dtv-Taschenbücher, wurde der sechste Band 'Die fünfte Frau' als Hardcover bei Zsolnay zum publikumswirksamen Megabestseller. Von diesem Verlag wurden dann alljährlich die neuen Bände in den hervorragenden Übersetzungen erst von Erik Gloßmann, dann von Wolfgang Butt vorgelegt - allerdings ohne sich an die Reihenfolge dieser Serie zu halten: Auf Band 6 folgte 5, dann 2 und 7, im Jahr 2001 dann hintereinander 1, 4 und 8.
Dieses Jahr liegen neben dem dritten nun auch der neunte und letzte als Hardcover-Band vor - kein Roman diesmal, sondern fünf ganz neue Erzählungen, die jedoch die Vorgeschichte und damit auch den allerersten Fall des 21-jährigen Wallander als Noch-Streifenpolizisten im Malmö von 1969 vorstellen, um schließlich mit der fünften Erzählung im Jahr 1990 kurz vor dem Band Eins 'Mörder ohne Gesicht' zu enden.
Manches, worauf in den Romanen stets Bezug genommen wurde, findet hier seinen Anfang, z.B. Wallanders Verhältnis zu seinem immer wieder Auerhähne malenden Vater, zu seiner Ex-Frau Mona und last, but not least zu seiner Tochter Linda, die demnächst in die Fußstapfen des Vaters treten und ihn als Romanhelden ablösen soll. Manches bleibt dennoch ungeklärt: Wallanders frühe Liebe zur Oper, die u.a. darin gipfelt, im Jahre 1969 mit 21 Jahren nicht mehr zu wissen, von wem 'The House of the rising sun' gesungen wurde. Und auch die für jene Zeiten doch eher unübliche und vom Vater heftig abgelehnte Berufswahl zum Polizisten wird nicht wirklich aufgeschlüsselt. Aber diese Fragestellungen könnten ja auch noch als 'Futter' für Linda Wallander dienen ...
Zwei der Geschichten umfassen weniger als fünfzig, zwei um die hundert, die letzte fast 200 Seiten - allesamt fast sogar noch fesselnder als die Romane, da sie dichter sind und ohne die zuweilen ermüdenden Längen des am Weltschmerz und an Schlaflosigkeit leidenden Kommissars auskommen. Nicht, dass dieser Weltschmerz über die 'europäische Unruhe', wie Mankell das in seinem Vorwort erläutert, nicht auch schon im ersten Fall angesprochen würde - aber eben nur kurz und nicht als seitenblähender Ballast. Letzteres ist jedoch nur als Mäkelei auf hohem Niveau zu verstehen, denn bei manch anderem Autor wäre man froh, wenigstens diesen 'Ballast' vorgesetzt zu bekommen.
Nein, es ist schon schade, sich nicht mehr auf einen neuen (Kurt) Wallander freuen zu können - andererseits ist es gewiss besser, mit diesen Erzählungen ein Ausrufezeichen zu setzen, als die Figur des Kurt Wallander in sich wiederholenden Phrasen ausfransen zu lassen.
Und: Henning Mankell ist nicht nur Autor von Krimis, sondern auch von anderen ausgezeichneten Romanen, die u.a in Afrika spielen. Darüberhinaus sind auch seine Kinder- und Jugendbücher sehr zu empfehlen.
Und: Bald wird ja wohl von Linda Wallander zu lesen sein.
Und: Nach einer gewissen Pause kann man ja auch die alten Wallander-Romane erneut lesen - aber dann gleich in der richtigen, d.h. chronologischen Reihenfolge ihres Entstehens.
Weitere Besprechungen zu Werken von Henning Mankell siehe:
Büchernachlese-Extra: Henning Mankell