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Vibeke Malthe-Brun (Hg.)

Kim

Die Tagebuchaufzeichnungen und Briefe des Kim Malthe-Brun
Hanser Verlag; München 1995; 192 S.; DM 29,80; ISBN: 3-446-18075-3; ab 16 Jahre, >>> Amazon
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Im Gegensatz zu Anne Frank war der dänische Seemann Kim Malthe-Brun aktiver Widerständler, im Gegensatz zu den Geschwistern Scholl war sein Idealismus nicht das Ergebnis theologisch-philosophischer Universitätsstudien. Kim entdeckte erst im Gefängnis die Bibel, 'heiligte' sie jedoch bis an sein Lebensende am 6.April 1945 nicht als sakrosanktes Schriftstück. Seine Briefe und Tagebuchaufzeichnungen von seinem 17. bis zum Tode durch Erschießen in seinem 22. Lebensjahr sind denn auch in mehrfacher Hinsicht aufregend.

Kim war offensichtlich ein Autodidakt, sei es, was seine Gemüts- und Geisteshaltung betraf, sei es, was seine Schreibfertigkeiten anging. Das machte ihn manchmal für etwas manierierte Sprachbilder anfällig oder verführte ihn zu solch heute komisch anmutenden Anreden wie 'liebes kleines Mädchen', wenn er seiner ein Jahr jüngeren Freundin Hanne schrieb. Aber was er zu sagen hatte, vor allem in den letzten Tagen seines Lebens, wirkt in seiner eindringlichen und überzeugenden Intensität bis heute hinein.

So faßt er sein Credo, das 'was ihn obenhält' während der Tage endloser Verhöre, folgendermaßen zusammen: '... daß nichts unmöglich ist, daß, gleichgültig wie das Ganze aussieht, Millionen von Möglichkeiten sich bieten können, die man nicht sehen kann. Es gibt überhaupt keinen Fall, wo nicht alle Umstände sich in einer einzigen Sekunde vollständig ändern können.' Im letzten Brief an seine Mutter erfindet er schließlich sogar den kategorischen Imperativ neu, ohne je Kant gelesen zu haben: '... und Ihr alle müßt es euch merken - daß Euer Traum nicht sein darf, zu der Zeit vor dem Krieg zurückzukehren, sondern, daß Euer aller Traum, der Jungen und der Alten, sein soll, Verhältnisse zu schaffen, die nicht einseitig sind, sondern ein rein menschliches Ideal verwirklichen, das jedermann als ein Ideal für uns alle ansehen und empfinden wird.'

Diese Zitate wirken umso mehr, wenn man sie im Kontext der schmerzhaft ehrlichen Auseinandersetzung mit seinem eigenem Leben liest. Kim verlangte sich das Menschenmögliche ab. Vielen, insbesondere zynisch gewordenen Erwachsenen, erscheint dies als viel zu viel. Jugendliche und Junggebliebene werden Kim jedoch achten und verstehen.

Ein wiederentdecktes Buch das unbedingt in den schulischen Literatur-Kanon über die Folgen und die Möglichkeiten eines Lebens im III.Reich aufgenommen werden sollte.

Buechernachlese © Ulrich Karger


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