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Büchernachlese-Extra: Mythen, Sagen und Märchen

Konrad Lorenz

Das Nachtschattenspiel

Ein phantastisches Märchen in sieben Vorgeschichten.
Metta Kinau, Hamburg 1990, 456 S., ISBN: 3-920641-25-6, >>> Amazon
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DAS NACHTSCHATTENSPIEL ist ein Muß für alle Märchenliebhaber, die auch nichts gegen einen Schuß Esoterik und eine gute Portion (Selbst-)Ironie einzuwenden haben. Konrad Lorenz - weder verwandt noch verschwägert mit dem berühmten Verhaltensforscher - ist es gelungen, eine verschmitzte Epos-Collage zu entwickeln, die ihren Schnittpunkt in einem Glasperlenspiel aus Tiefenpsychologie und altnordischen Sagensymbolen hat.
Die Frage nach der Wahrheit wird facettenreich und überzeugend in dem Dialog eines Baumriesen, eines Fliegenpilzes und später auch noch mit einer Schmetterlingspuppe erörtert. Allein die Sprachregelung zwischen diesen für Phantasielose doch sprachunbegabten Erscheinungsformen des Lebens ist ein Kunststück für sich. K.L., der sich offenbar nicht nur auf dem Gebiet mißbrauchter Runensymbole und psychologischer Phänomene sehr sachkundig gemacht hat, läßt Pflanzen und Tiere in eine osmotischen Verbindung geraten, in der es steigende oder abfallende Mitteilungsdruckzustände gibt, gepfeffert von Animositäten bishin zu handfesten Vorurteilen, die wiederum von scheinbar unmöglichen Hörigkeitsverhältnissen zwischen Pilz und Fliege gekrönt werden. Die Wahrheitssuche wird zur Reise in die Vergangenheit und den Inkarnationen eines früheren Seins: Der streitsüchtige Fliegenpilz Rufulus muß sich z.B. mit dem ersten aller Fliegenpilze Equestre Spiss auseinandersetzen, der wiederum die Wiedergeburt eines der mittlerweile ausgestorbenen Herrentiere namens Roter Junker ist.
Aber gerade die Leser und Leserinnen, die nicht unbedingt die naheliegenden Determinanten Freud'scher Prägung (Über-Ich, Es, Ich) in einem Märchen suchen, werden sich von den starken, weil konkreten Bildern einfangen und auf die Spur bringen lassen. Immerhin geht es bei dieser Wahrheitsuche auch um nichts weniger als um das Durchbrechen ständig sich wiederholender Kreisläufe.
Das Zugrundelegen nordischer resp. germanischer Sagen, wie z.B. der Edda, ist für Konrad Lorenz übrigens das Gegenteil von einer Renaissance nicht-"bewältigter", jüngerer Vergangenheit. Vielmehr weist die geheime Runenlehre, die von den Nazis nur sehr vordergründig für die damalige Blut-und-Boden-Propaganda mißbraucht wurde, für ihn bis in das Bronzezeitalter unserer Umgegend. So spannend und toleranzfördernd die Auseinandersetzung mit fernöstlichen Lehren sein kann, sollten es die daran Interessierten doch auch einmal mit den Analogien und Sprachbildern eigener Provenienz versuchen. Neben der alles andere als elegischen Sprache von K.L. verführt auch die für den Metta Kinau Verlag schon sprichwörtliche gute Ausstattung dieses Buches.

Buechernachlese © Ulrich Karger


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