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Stanislaw Lem ist mittlerweile 70 Jahre alt geworden. Seit 1973 Dozent
an der Universität Krakau für polnische Literatur hat er außer
seinen zahlreichen, zumeist hervorragenden Science-fiction-Romanen auch
theoretische Abhandlungen zur Kybernetik, Literaturtheorie und Futurologie
geschrieben.
DIE VERGANGENHEIT DER ZUKUNFT ist eine Sammlung von Aufsätzen,
die seine futurologischen Ansichten von einst und heute billanzieren. So
hat er schon Anfang der 60iger Jahre "Cyberspace" und "Virtual
Reality" in seiner SUMMA TECHNOLOGIAE als "Phantomatik" vorgedacht.
Lem fühlt sich offenbar von dem Kollegium Futurologiae nicht genügend
beachtet, und so durchzieht alle 5 Aufsätze ein larmoyanter Unterton,
der sich bis zur Häme gegenüber den anscheinend personal und
technisch besser ausgestatteten, aber irrenden Kollegen auswächst.
Abgesehen davon verdienen die im ironisierenden und zuweilen zynisch-bissigen
Stil vorgetragenen Überlegungen durchaus unser aller Aufmerksamkeit.
Die Auswirkungen menschlichen Handelns für die Zukunft hochzurechnen,
ist, wie Lem plausibel nachweist, in einem begrenztem Umfang möglich.
Für Lem heißt dies u.a. an dem Beispiel der "phantomatischen"Scheinwelten z.B. auch die sozio-kulturellen Auswirkungen "auszumalen",
die nicht von ungefähr ein Horrorszenario ergeben. In LEBEN IN DER
AIDS-ZEIT erklärt er, daß AIDS eigentlich gar kein so überraschendes
Phänomen darstellt und widerspricht damit der Theorie Prof. Jakob
Segals, nach dessen Auffassung AIDS ein "Versehen" US-amerikanischer
"Wehrtechnik" sei. Auch seiner VORSCHAU AUF DAS NÄCHSTE JAHRHUNDERT
wünschte man sich die Beachtung entscheidender Gremien, aber dem steht
wohl der ">Verblödungsgradient< unter den Politikern" entgegen.
Überhaupt rechnet sich der Skeptiker Lem wenig Chancen aus, der menschlichen
Dummheit vorausschauend Herr zu werden. Der Gegenbeweis steht bislang aus ...