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Am Anfang ist eine Idee nachzulesen, die eines "Taubenvergifters
im Park " würdig ist: "Leben" rückwärts gelesen
ergibt "Nebel". Das darüber ein 14-jähriger ins Sinnieren
geraten kann, ist glaubhaft, und das derselbe mit 15 die Annektion Österreichs
als Akt der Nebelfreiheit empfand, ist schwarzhumorig konsequent.
In jedem der 11 zumeist mit weiblichen Vornamen gekennzeichneten Kapitel
findet sich mindestens ein in sich geschlossenes Kabinettstückchen,
das eine/n bei Laune hält. Die Füllmasse zwischen diesen Stückchen
erinnert allerdings mit seinen dick aufgetragenen, schwarz-weißen
Bildern ein wenig an den frühen Simmel der Endfünfziger.
Aus dem Franz in der HJ, wurde bald der Kriegsgefangene in Rußland
und 1948 der von der 3-Nächte-Ehefrau entäuschte Australienauswanderer.
Elli wollte endlich für sich alleine sein, frei von ihrer nörgeligen
Mutter und der jüngeren Schwester mit Down-Syndrom, und den Franz
hatte sie schon als kleines Mädchen angehimmelt. Sie war 18 als sie
heirateten und sie das Kind empfing und er in Kriegsgefangenschaft geriet
und sie nicht wußte, ob er überhaupt noch lebte. Und natürlich
hatte sie dann rege Bekanntschaft mit den Repräsentanten der Siegermächte
gepflegt - wie sonst hätte sie alle durch die Nachkriegszeit bringen
können. Und auf der Spanplatte dieses Fundaments erklärt sich
dann die Treu-, Ehr- und Bindungslosigkeit des Kindes dieser beiden ...
Das Ziel, diese Bindungsunfähigkeit innerhalb der Nachkriegsgeneration
eingehend zu untersuchen, ist gerade wegen der feuilletonesken Leichtigkeit
Kreislerscher Pointen zu hoch bzw. zu tief gesetzt gewesen. Einzelne Szenen,
mit eigenen Überschriften und ohne den Zwang ein großes, inhaltsschwangeres
Ganzes mit dem Etikett ROMAN ergeben zu wollen, wären vermutlich wenigstens
zu einem Rundum-Schmunzel-Genuß geraten.
Der bei Kreisler geliebte skurrile Witz wurde aber von der vordergründigen
Plattheit der Rahmenstory nahezu neutralisiert. Dann schon lieber den
Chauvinismus von Kishon, der damit charmanter und letztlich auch bestechender
umzugehen vermag.
PROPHET OHNE ZUKUNFT ist das stur unausgegorene Alterswerk eines bis
dahin geschätzten Kabarettisten, an dessem Handwerk offenbar viele
Erkenntnisse, z.B. der Entwicklungspsychologie und des Feminismus, keine
weiterführenden Spuren hinterlassen durften. Schade!
Eine Veralberung des Titels würde aber weder ihm noch uns weiterhelfen.