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Wer kennt nicht das "Dschungelbuch" mit dem Menschenkind Mogli und seinen Tierfreunden Baghira und Balu?
Wer, wie zugegebenermaßen auch der Rezensent, bislang lediglich mit viel Vergnügen die Adaption als Zeichentrickfilm aus dem Hause Walt Disney genossen hat, der kennt nicht mal die Hälfte davon - weder inhaltlich noch konzeptionell, hat Walt Disney doch wie immer auch diese Adaption auf das ihm Genehme gekürzt und verflacht …
Denn in Wahrheit sind es zwei Dschungelbücher, die neben den Geschichten um Mogli noch andere wunderschöne Erzählungen enthalten, u.a. die von Purun Baghat, der sich eines Tages von seinem hohen Ministeramt verabschiedet, um alles hinter sich lassend in den Himalaya aufzubrechen und dort den letzten und eigentlichen Fragen des Lebens nachzugehen.
Zum 150. Geburtstag seines Autors, dem als ersten Briten 1907 mit dem Nobelpreis ausgezeichneten Rudyard Kipling, hat der Steidl Verlag eine Neuübersetzung beider Teile durch Andreas Nohl in einem Buch vorgelegt. Diese Ausgabe folgt im Gegensatz zu bisherigen Übersetzungen der von Kipling autorisierten "Outward Bound Edition", in der die Geschichten um Mogli vollständig und "chronologisch" im ersten Band des Dschungelbuchs versammelt sind und am Ende um die Erzählung "Im Rukh" erweitert wurde, in welcher der erwachsen gewordene Mogli als Wildhüter vorgestellt wird.
Der zweite Teil hingegen enthält die anderen Erzählungen, wie die bereits oben erwähnte von Purun Baghat sowie u.a. auch "Rikki-Tikki-Tavi" oder "Die weiße Robbe".
In seiner Übertragung sucht Andreas Nohl auf moderne Weise so nah wie möglich an der Originalvorlage zu bleiben und erlaubt damit ein höchst eingängiges (Vor-)Leseerlebnis für nahezu alle Altersgruppen. Wer (noch) mit der Übersetzung durch Curt Abel-Musgrave "aufgewachsen" ist, wird vermutlich u.a. die in den Geschichten enthaltenen, bei ihm sich altertümlich flüssig reimenden Liedgedichte nicht wiedererkennen - doch neben der bewährten Buchgestaltung durch Sarah Winter ist das Buch auch mit einem sehr instruktiven Anhang ausgestattet, der wiederum jeweils die englischen Originaltexte der Gedichte enthält. Und da zeigt sich, dass Nohl ihnen nicht nur inhaltlich sondern auch dem von Kipling gewählten Versmaß weit näher als Abel-Musgrave ist.
Insgesamt also ein Stück Weltliteratur in einer mehr als empfehlenswerten Ausgabe, die sich keiner entgehen lassen sollte!