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Stephen King sollte sich was schämen! Zwischen dem vierten "Der Dunkle Turm"-Band und seinem Vorgänger lagen fünf Jahre, und für die Veröffentlichung des fünften Bandes dieses Zyklus bedurfte es nun sogar sechs Jahre. (Der 1. Band "schwarz" ist übrigens bereits aus dem Jahre 1982!) Ganz zu schweigen vom letzten außerhalb dieser Reihe veröffentlichten Titel "Buick", als ich mich schon von Stephen King als Autor endgültig zu verabschieden müssen meinte …
Aber Schwamm drüber - "Wolfsmond" lässt einen sofort wieder in das aberwitzige Szenario um das Ka-tet eintauchen, jener verschworenen Gemeinschaft aus Roland dem Revolvermann, dem Ex-Junkie Eddie, der schizophrenen Susannah, dem bereits einmal ermordeten Jake sowie dem Bumbler Oy, einer rudimentär sprechenden Mischung aus Dachs, Waschbär und Hund.
Nach ihrem Abenteuer mit der computergesteuerten Mono-Eisenbahn, deren Zentralcomputer sich zu einer rätselsüchtigen, nichtsdestotrotz selbstmordgefährdeten Persönlichkeit namens Blaine entwickelt hatte, ist das Quintett in einem idyllischen Dorf namens Calla gelandet. Dessen Idylle wird jedoch alle 20 bis 25 Jahre durch den Überfall einer Horde "Wölfe" gestört, die sich dann von allen hier in erstaunlicher Zahl geborenen Zwillingskindern jeweils eines raubt, um es anschließend "minder", d.h. geistig behindert und von hypertrophen Wachstum gezeichnet zurückzuschicken. Nach mehreren Generationen fasst sich endlich einer ein Herz und will den nächsten angekündigten Überfall nicht mehr so einfach hinnehmen. Er hält nach Hilfe Ausschau und trifft dabei auf das bekannte Quintett ...
Akira Kurosawa und seine "sieben Samurai" lassen grüßen - aber an dieser Film-Klassiker-Vorlage eben nicht zu scheitern und daraus doch wieder etwas ganz eigenes zu entwickeln, ist gerade das immer wieder Erstaunliche an Stephen King. Neben seiner dramaturgischen Begabung, selbst noch so paradoxe Geschichten miteinander zu verweben sowie jedem Charakter darin mit einer plausiblen Biographie Platz zu geben, überzeugt hier nicht zuletzt seine augenzwinkernde Selbstironie, die ihn auch nicht vor anderen Literaturgrößen die Augen verschließen lässt. So taucht nun u.a. auch der "Schnaatz" auf, den Harry Potter immer wieder zu jagen hat, wenn auch um einiges explosiver und in größerer Anzahl.
Klar, dass das Ka-tet erfolgreich ist - es steht jetzt fest, dass "Der Dunkle Turm" insgesamt sieben Bände umfassen soll - aber ein Mitglied geht am Ende dieses Abenteuers verloren.
Doch die zwei guten Nachrichten sind: Schon im Mai 2004 wird der sechste Band unter dem aufschlussreichen Titel "Susannah" erscheinen.
Stephen King hat offenbar die lange von ihm gesuchte Mitte für diesen phantasie- wie spannungsgeladenen Zyklus gefunden und vermag ihn sich nun endlich komplett von der Leber weg zu schreiben.
"Groß-große" Aussichten!
Weitere Besprechungen zu Werken von Stephen King siehe:
Büchernachlese-Extra: Stephen King