buechernachlese.de
|
Cindy Decker ist in die Fußstapfen ihres Vaters Peter getreten und hat wie er in L.A. eine Polizeilaufbahn begonnen. Noch hat sie kein goldenes Abzeichen als Detective und darf deshalb nicht auf eigene Faust ermitteln - bei ihrem Temperament ein Problem, kommt sie doch ganz nach dem Vater. Als sie in einem Müllhaufen ein schreiendes Baby entdeckt und wenig später beinahe erschossen worden wäre, gerät sie in ein Dilemma zwischen Dienstvorschriften und ihrem Gerechtigkeitssinn ...
Während sich die meisten anderen Serienkrimihelden durch mufflige Exzentrik oder/und einem meist notgedrungenen Single-Dasein auszeichnen, beweist die amerikanische Autorin Faye Kellerman mit ihren Krimis um die Familie Decker, dass es auch anders geht. Dabei verzichtet sie bei Peter Decker keineswegs auf Machoallüren, doch die sind eingebettet in ein sehr loyales, sehr amerikanisches Verständnis von Familienfürsorge. So ist der durch jüdische Feier- und Gedenktage bestimmte Haushalt seiner zweiten Frau Rina und ihren mit in die Ehe gebrachten drei Kindern stets genauso ein Handlungsträger wie der in den Romanen jeweils untersuchte Fall. Das sorgt für eine so realistische wie amüsante Erdung. En passent werden zudem Wissenslücken um jüdisches (Ge-)Denken und Brauchtum geschlossen. Die Liebesbeziehung, nicht zuletzt auch Gesprächsbeziehung zwischen Peter und Rina ist auch nach 15 Romanen sehr intensiv, aber keineswegs nur "heile Welt". So waren im Vorgängerroman "Die Schwingen des Todes" gleich mehrere Familienmitglieder bedroht - und verdächtigt.
Diesmal steht nun zum ersten Mal Cindy, die Tochter Peter Deckers aus erster Ehe, im Mittelpunkt. Sie hielt bislang eher Abstand von ihrer "Stieffamilie" um Rina, aber die Kompetenz ihres Vaters als langjähriger Lieutenant wusste sie stets zu schätzen und sucht deshalb jetzt immer wieder seinen Rat.
Ihr erster Fall reflektiert im weitesten Sinn die Vorurteile gegenüber Minderheiten. Es stellt sich heraus, dass das Baby im Müll von einem geistig behinderten Mädchen ausgesetzt worden ist und ein Vergewaltigungsdelikt vorliegen könnte. Umrahmt wird dieser Hauptstrang von Cindys neuer Liebe zu Koby, der Herkunft nach ein Äthiopier jüdischen Glaubens, und den Nachforschungen von Peter und Rina, die dem Mord an Rinas Münchener Großmutter in den bereits durch heftigen Antisemitismus geprägten zwanziger Jahren auf die Spur kommen wollen.
Kann es Krimis zum Wohlfühlen geben? Ja, denn Faye Kellerman weiß kriminalistische Spannungsbögen aufzubauen und mit einem überzeugend sympathischen Familienleben korrespondieren zu lassen. Keineswegs nur für altersschwache Herzkranke zu empfehlen.