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Yasushi Inoue

Shirobamba

Roman. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M. 1995, 236 S., ISBN: 3-518-40730-9, >>> Amazon
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Nachdem der japanische Erzähler Yasushi Inoue im Frühjahr '95 posthum mit seinem Roman "Der Sturm" Furore gemacht hat, legt Suhrkamp jetzt noch die ausgezeichnete Übersetzung (Richmod Bolliger) von SHIROBAMBA vor.
Shirobamba heißen Insekten, die wie Watteflocken in der Abenddämmerung zu tanzen beginnen, erst weiß, dann mit einem Stich ins Bläuliche. Jetzt wird es für die spielenden Kinder Zeit, nach Hause zu gehen. Der 8-jährige Kosaku wartet stets, bis er der Letzte ist. Er wohnt nicht bei seinen leiblichen Eltern, auch nicht bei seinen nächsten Anverwandten im Oberhaus, sondern im Lagerhaus, allein mit einer alten Frau, die er Großmutter nennt, obwohl sie nicht mit ihm verwandt ist. Das Jahr 1915 ist für Kosaku voller Aufregungen. Der Tod seiner leiblichen Großmutter, die Schwangerschaft seiner Tante und die erste Reise mit Kutsche, Bimmelbahn und der "großen" Eisenbahn weiten ihm den Horizont. Obwohl ihn die Reise zu seinen leiblichen Eltern führt, sehnt er sich schon bald wieder nach der ihm vertrauten dörflichen Überschaubarkeit.
Yasushi Inoue malte seine eigene Kindheitsgeschichte nicht mit dem goldenen Pinsel. Vor den Augen der Leserschaft entsteht eine Welt, die von Autoritäten und ordnungsstiftenden Regeln geprägt ist. So kämen die Eltern, insbesondere die Mutter nach heutigen westlichen Maßstäben nicht gut weg. Aber jede Ordnung hat ihre Nischen, in denen sich der Eigenwille ausprobieren kann. Das Aufregende an diesem Roman ist neben dem Blick auf eine uns fremde Gesellschaft die brillante und konsequente Sprachregelung des Autoren. Er hält stets die Perspektive des Kindes ein. Wenn dann der erwachsene Leser schmunzelt oder erschüttert ist, steht dieses Spektrum an Gefühlen paradoxerweise oft gegenläufig zur beschriebenen Gefühlswelt des Kindes. Unsentimental und bittersüß ist dieses Denkmal an die Kindheit, das einen von der ersten Seite an gefangen nimmt.

Buechernachlese © Ulrich Karger


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