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Wolf Harranth (Hg.)

Neue Stimmen der Gegenwart

Anthologie. Ed. Weitbrecht, Wien - Stuttgart 1991, 258 S., ISBN: 3-522-70780-X, >>> Amazon
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"Zur Tragik ihrer Situation gehört es, daß diese Schriftsteller (..) sich in das Ghetto der Bezeichnung junge Generation verbannt sehen. Doch auf die Beurteilung jener, welche heute noch unbekannt sind, sollte weniger das Geburtsdatum maßgeblich sein als die Leistung."
So 1951 Hans Weigel in seinem Vorwort zu seinen Anthologien STIMMEN DER GEGENWART.
4 Jahre lang bzw. 4 Bücher dick währte leider nur dieser Versuch "in Worten und Bildern die Gegenwart sprechen zu lassen und darzustellen."
40 Jahre später nimmt Wolf Harranth, unterstützt vom öster. Bundesministerium für Unterricht und Kunst sowie dem Kulturamt Wiens, den Faden Weigels wieder auf, und präsentiert in für Anthologien dieser Art ungewöhnlich guter Aufmachung eine erstaunlich weitgefächerte Palette an Texten, die allesamt hohes bis höchstes Niveau erreichen.
Am Anfang sind Texte der "alten Garde" (Ingeborg Bachmann und Walter Toman) gleichsam als maßstabsetzende Ouvertüre nachzulesen. Wer nun auf den qualitativen Einbruch wartet, wird angenehm enttäuscht.
Am facettenreichsten ist sicherlich die Alltagsgroteske in all ihren Abgründigkeiten vertreten, die von verschmitzt à la Schweijk bis zu rabenschwarz in die Tiefen mitteleuropäischer Kindheiten und daraus sprießender Erwachsenendaseins zu graben vermag. Martin Krassnig z.B., bisher noch unveröffentlicht, holte mit seiner BÄRENHATZ in St.Marenten am Lande (unweit von Schilda!) ein derartiges Bravourstück aus der Schublade, das den Beiträgen eines Manfred Chobots, einer Barbara Wiener und den anderen zahlreich vertretenen bereits mit Preisen ausgezeichneten AutorInnen in nichts nachsteht.
Ob nun der Nachbar die Wand einreißt, um sich weiteren Wohnraum für seine Nachkommenschaft zu erobern oder ein verwöhnter Liebhaber von einer Frau aus der Straßenbahn verzaubert wird - alles wird zum Erlebnis und beweist einmal mehr, daß das Lesen durch nichts zu ersetzen ist.
Daß zu Beginn auch die "Sponsoren" genannt werden, soll durchaus als Anreiz für die zumeist am Essentiellen, wie z.B. an der Kultur sparenden Politiker-und Behördenschaft verstanden sein.
Diese Textsammlung ist jedenfalls allemal seinen Preis wert: Für soviel anregende Unterhaltung müßte man sonst schon sehr lange unterwegs sein und noch länger im Fernsehsessel sitzen bleiben.

Buechernachlese © Ulrich Karger


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