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Spencer C. Spencer ist verschwunden und hat hinter dem Reserverad seines Autos lediglich fragmentarische Aufzeichnungen hinterlassen. Er scheint demnach zwischen zwei Epizentren geraten und von ihnen heftig erschüttert worden zu sein: Sein Dekan des Colleges of Liberal Arts in Texas, ein an den Rollstuhl gefesselter Vietnam-Veteran mit unzähligen Verbindungen zu einflussreichen Leuten, analysiert das Böse und eliminiert beinhart konsequent ihn Behinderndes. Mary Elizabeth dagegen, einstige Studentin Spencers, will einen modernen Faust schreiben und ist wie er(?) an keiner geregelten Beziehung interessiert.
Der schwedische Autor Lars Gustafsson, Jahrgang 1936, lebt und lehrt zuweilen selbst noch in Austin, Texas und hat mit "Der Dekan" ein sehr dichtes, durch das Fragmentarische zugleich wunderbar in der Schwebe gehaltenes Werk über das Sein und Seinlassen verfasst. Gut und Böse, vor allem das Böse werden hier zur Ansichtssache. Und eigentümlicherweise, wenn auch höchst widerstrebend, gerät immer wieder Gott in die Sentenzen seiner Protagonisten - am liebsten natürlich um ihn samt den Teufel ins argumentative Nichts zu verbannen.
Sein Spencer, Philosophieprofessor und dem Dekan für Entwicklungsfragen des Colleges zugeordnet, lässt die konkreten Gründe seines Verschwindens zwar nur erahnen, aber allein die geschilderten Anstöße und Antriebe des ihn bewegenden Umfelds strapazieren das Zwerchfell oder ziehen einem en passent den Boden unter den Füßen weg. Das bei diesen schwankenden Gedankenpolen Spannung aufkommt, versteht sich von selbst, und schon wird man zum Philosophieren angestachelt, kaut an den aufgeworfenen Fragen noch herum, wenn nach der verschlungenen letzten Seite der Buchdeckel längst wieder zugeklappt ist ...
P.S. Ehre wem Ehre gebührt, sei hier noch angemerkt, dass mich in seiner letzten Sendung in 2004 Denis Scheck mit einem Interview des Autors auf dieses Buch aufmerksam gemacht hat - wofür ihm herzlich gedankt sei!