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Mit seinen Anspielungen, die vornehmlich auf die griechische Sagenwelt
abheben, wird man in den MALBRIEFEN AN MARGARETE von HAP Grieshaber weniger
einer verklärend romantischen als einer haarscharf an den Klippen
vorbeisteuernden Liebe auf die Spur kommen. Unverblümte Zärtlichkeit,
prall, vital und doch stets auf gegenseitiges Verständnis bedacht.
Beide, der Maler wie die Dichterin machen mit sich beileibe nicht die ersten
Liebeserfahrungen. Beide haben noch liebenswerte Anhängsel, die ihrer
Liebe gegensteuern wollen, damit aber höchstens den Reiz, die Anziehungskraft
erhöhen. HAP Grieshaber, der Meister des Holz- und Linolschnittes,
der u.a. auch Kirchen mit seinen Werken ausschmückte, ist nun schon
seit 15 Jahren tot, seine letzte Lebensgefährtin und Mitarbeiterin
Margarete Hannsmann feierte dieses Jahr ihren 75. Geburtstag. Die trotz
ihres großen Umfangs stark begrenzte Auswahl an farbenprächtigen
und metaphernreichen Liebeszeugnissen gewähren tiefe Einblicke ohne
je peinliche Banalitäten zur Schau zu stellen. En passent leben zudem
die Zeitgeister der Endsechziger und Siebziger Jahre wieder auf. Zusammengenommen
ergibt das ein Buch, das das Gedenken zur keineswegs nur besinnlichen Feier
werden und den Betrachter an einem immer noch aromareichen Nachgeschmack
teilhaben läßt.
Und bei allem Respekt vor Margarete Hannsmann
als einer in ihrer Ausdruckskraft mit Worten gleichrangigen Dialogpartnerin:
Es sind die 160 meist ganzseitigen und farbigen Abbildungen von Grieshabers
Aquarellen und Holzschnitten, die einen das Buch auch nach der ersten Lektüre
immer wieder zur Hand nehmen lassen. In ihrer Impulsivität gemahnen
sie an Chagall oder Picasso. Dem Verlag muß hier ein dickes Kompliment
für die hervorragende Druckqualität gemacht werden - bei einigen
Bildern meint man förmlich die Knitterfalten oder Collageüberklebungen
spüren zu können. Auch wer geruhsamere Fahrwasser schätzt,
wird sich jedenfalls von diesen Dokumenten langjähriger Leidenschaft
beeindrucken lassen.