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Die Unterscheidung zwischen Islam und Islamisten ist bedeutsam: Theologisch
wie politisch. Der Islam umfaßt, ähnlich wie das Christentum,
verschiedene "Konfessionen". So wissen wir von Sunniten und Schiiten, aber
auch denen ordnen sich jeweils wiederum Orthodoxe bis säkular Aufgeklärte
zu. Ein orthodoxer Schiit versteht sich aber noch längst nicht als
terrorisierender Islamist. Jan Goodwin unterstreicht diesen Aspekt in ihrem
neuem Buch "DER HIMMEL DER FRAUEN IST UNTER DEN FÜSSEN IHRES MANNES"
nicht zuletzt deshalb, um die Zielsetzungen der Islamisten als eine Pervertierung
ihrer vorgeblichen Glaubensgrundlage zu entlarven. Sie läßt
vor allem Frauen aus zehn islamisch geprägten Ländern zu Wort
kommen, die ein differenziertes Bild des Islam und Islamismus zeichnen.
Insbesondere mit Mitteln aus Saudi-Arabien und Kuwait finanziert, trifft
die verheerende Propaganda übermächtig werdender Islamisten zuallererst
die Frauen. "Im Grunde sind die Frauen der Windsack, an dem sich ablesen
läßt, aus welcher Richtung der Wind in der islamischen Welt
weht. Und je stärker die extremistische Bewegung wird, um so zutreffender
ist auch der Vergleich (..): Sie sind die Kanarienvögel im Bergwerk."
Frauen, die in einigen der zehn aufgeführten Länder schon
an westliche Ausbildung und Kleidung gewohnt waren, müssen sich "dank"
des Islamismus wieder vollständig verschleiern. Werden sie dennoch,
wie z.B. in Pakistan vergewaltigt, werden nicht die männlichen Täter,
sondern sie als Opfer belangt, d.h. von der Familie verstoßen und
für Jahre ins Gefängnis gesteckt, wo sie sehr oft wiederum Opfer
von brutalen Beamten sind.
Islamisierung bedeutet als erstes, wie 1992 in Afghanistan, die Frauen
ins Visier zu nehmen. Fatima Gailiani, Repräsentantin der afghanischen
Widerstandsbewegung führte dazu aus: "Der schlimmste Feind, mit
dem Frauen und Männer in der islamischen Welt konfrontiert sind, ist
die Ignoranz: Unwissende Menschen sind mit selbstsüchtigen Mächten
konfrontiert, die die Religion für politische Zwecke und für
ihre Macht mißbrauchen." Aber sie versteht sich in ihrem Widerstand
nicht per se als Feministin, sondern betont ganz im Sinne des "eigentlichen"
Islam: "Ich habe diesen Kampf nicht begonnen, weil ich eine Frau bin,
sondern weil im Namen meiner Religion Unrecht geschieht." und "In
diesem Kampf geht es nicht um die Rechte der Frauen, sondern um die Bewahrung
des wahren Islam." Die meisten Islamisten wollen einfach nicht zur
Kenntnis nehmen, daß es im Koran keine Belege für das Gebot
der Verschleierung der Frauen gibt und schon gar nicht für das "Recht",
Frauen zu demütigen, kleinzuhalten oder gar zu vergewaltigen. Wenn
dennoch auch viele Frauen ihre Hoffnung auf die Islamisten setzen, dann
einzig deshalb, weil das Ausmaß von Korruption und Vetterwirtschaft
in vielen dieser Länder alles besser erscheinen läßt, als
das bisher Bestehende. So bietet sich auch in Kuwait der Islamismus als
Alternative an, wobei die Frauen schon vorher kein Wahlrecht hatten und
den Nomaden, mithin jedem dritten Kuwaiti, die kuwaitische Staatsangehörigkeit
genommen wurde, damit sie nicht mehr an der Gesundheitsversorgung teilhaben
können. Was im Westen kaum einer wissen dürfte, Frauen waren
im Irak nach den Gesetzesvorlagen Saddam Husseins am besten gestellt, was
den Mutterschaftsurlaub betraf, sogar besser als in den USA. Vor gar nicht
so langer Zeit verbreitete Saddam Hussein noch: "Solange die Frau nicht
befreit ist, gibt es im Irak keine Freiheit. Wenn es der irakischen Frau
gut geht, geht es dem irakischen Volk gut, und wenn ihre Stellung angetastet
wird, wirkt sich das auf alle Iraker aus." Jetzt aber ist er auf Beschwichtigungskurs
gegenüber den 60 Prozent Schiiten im Lande. Saddams nunmehr harte
Vorgehensweise gegen Frauen kommentiert Jan Goodwin lakonisch: "Die
Frauen waren für ihn ein leicht zu bringendes politisches Bauernopfer.",
und sie zitiert an anderer Stelle Nawal El-Saadawi, prominente Ägypterin,
weil von Staat und Islamisten verfolgt: "Die Fundamentalisten konzentrieren
einen großen Teil ihrer Energie auf die Frauen, weil sie die Leute
von den wirklichen Tagesproblemen ablenken wollen, zum Beispiel von der
Armut."
Ähnlich wie vor ihnen die christlichen Missionare gründen
auch die Islamisten zuerst Wohltätigkeitsorganisationen und benutzen
sie dann für ihre Bekehrungsarbeit. Und in den muslimischen Staaten,
in denen die Regierung entweder nicht bereit ist, solche Angebote zu machen
oder sie nicht machen kann - möglicherweise auch, weil sie zu korrupt
ist -, springen häufig die Fundamentalisten in die Bresche. Dazu As'ad
Abdul Rahman, angesehener jordanischer Politologe: "Im Vergleich mit
anderen Organisationen in diesem Teil der Welt gibt es bei ihnen (der Muslimischen
Bruderschaft; U.K.) kaum Korruption. Der religiöse Fanatismus hat
zur Folge, daß die Leute engagierter und aktiver sind; das ist ein
bekannter psychologischer Faktor." Und Kandil Shaker Shubair, Internist
und hochrangiges Mitglied der Muslimischen Bruderschaft kann nicht ganz
zu Unrecht schlußfolgern: "Der Kommunismus brach zusammen, weil
er ein ungerechtes System darstellte. Den Kapitalismus wird das gleiche
Schicksal ereilen, weil die Leute, die das Geld haben, den Armen den Fuß
in den Nacken setzen. (..) Weil die anderen Systeme so ungerecht sind,
breitet sich der Islam wie ein Steppenbrand aus."
Jan Goodwins Buch ist für alle ein Muß, die sich um ein
differenziertes Bild des Islams im allgemeinen und dem Islamismus im besonderen
bemühen. Sie hat die Bettlerin am Straßenrand genauso befragt,
wie Lisa Halaby, die Frau König Husseins von Jordanien. Sie war in
Pakistan, Afghanistan und Iran, in den Vereinigten Arabischen Emiraten,
Kuwait, Saudi-Arabien, Irak, Jordanien, den israelisch besetzten Gebieten
und in Ägypten. Dank ihrer profunden Kenntnisse vermochte sie die
Licht- und Schattenseiten jeder Region eindringlich vorzustellen und da,
wo Subjektivität unvermeidlich war, sie auch entsprechend zu kennzeichnen.
Ihr Ansatz, diese Länder an dem Umgang der Gesellschaft mit den Frauen
zu messen, ist sehr überzeugend. Daß dieser Ansatz nicht nur
bei den exotischen, weit entfernten Anderen greift, soll zum Schluß
noch eine Bemerkung Jan Goodwins belegen: "Für Rousas Rushdoony,
(..), ist Demokratie gleichbedeutend mit Gotteslästerung. Er möchte,
daß sich alle Amerikaner, also auch die Nicht-Christen, den Gesetzen
der Bibel unterwerfen. Außerdem hat er eine Kampagne ins Leben gerufen,
die für 'Ehebrecher, Homosexuelle, Befürworter der Abtreibung,
Häretiker, Gotteslästerer und ungehorsame Kinder' die Todesstrafe
fordert, und zwar am besten durch Steinigen.(..)Rushdoony, der einer der
(..) Führer der Dachorganisation der christlichen Fundamentalisten
ist, (..), ist der Ansicht, daß Frauen unter der Kontrolle der Männer
in der Familie stehen sollten und stets gehorchen müßten."