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Ein rätselhaftes Bild im Louvre: Zwei nackte Frauen stehen in einer
Wanne, die eine hält dem Betrachter einen Finger entgegen, die zweite
umfaßt mit spitzen Fingern die rechte Brustwarze der ersten. Andreas
Michelis fühlt sich unerklärlicherweise von diesem Bild heftig
angezogen. Dabei wähnte er sich als langjähriger Privatdozent
für amerikanische Literatur eigentlich nicht mehr anfällig für
derartige "Verzauberungen". Beinahe hätte er diese Faszination
auch wieder vergessen, hätte ihm nicht der befreundete Archivar einer
Landesbibliothek das Fragment eines historischen Romans aus dem vergangenen
Jahrhundert zugespielt. Dieses Fragment, das sich nachweislich auf seriöse
Recherchen um die Liebschaften des Henri IV. stützt, scheint der Bedeutung
des knapp 400 Jahre alten Bildes sehr nahegekommen zu sein.
Inwieweit das Geheimnis des Bildes die Vorgänge um die geplante
Heirat Henri IV. mit Gabrielle d'Estrées zu lösen vermag, sei
hier nicht verraten, nur soviel:
In einer Zeit, in der es scheinbar nichts
mehr zu entdecken gibt, vermochte Wolfram Fleischhauer einen Roman zu schaffen,
der die Bildende Kunst und die Literatur als Möglichkeit zur Lust
am Geheimnis bzw. zur Auseinandersetzung mit Rätseln wiederentdecken
läßt. Geschickt überspringt er dabei die vor allem sprachlich
gefahrenträchtigen Hürden einer Roman-im-Roman-Konstruktion.
Gleich einem ausgezeichneten Krimi ist man einem Sog ausgesetzt, der einen
begierig die mysteriösen aber auch ganz alltäglichen Umstände
des ausgehenden 16.Jahrhunderts in Paris nachvollziehen läßt.
Wunderbar, wenn einer weiß, wovon er spricht und dazu auch noch über
eine mehr als ausreichende, ja elegante Ausdruckskraft verfügt, die
scheinbar wie von selbst die Sinne und der Verstand anregt.