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Büchernachlese-Extra: Jesus Christus (Romane, Sachbücher)

R. Eisenman & M. Wise

Jesus und Urchristen

Die Qumran-Rollen. C. Bertelsmann, München 1993, 288 S., ISBN: 3-570-02214-5, >>> Amazon
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Robert Eisenman, seines Zeichens Professor für Religionen im Nahen Osten und Direktor der Theologischen Fakultät der California State University in Long Beach, stellt zusammen mit Prof. Michael Wise fünfzig exemplarisch ausgewählte Fragmentstücke aus den Funden in den Qumranhöhlen vor.
Der Sensationsgehalt dieser Fragmente mag ungefähr so groß sein, wie das mit eigenen Augen bezeugen können der ersten Astronauten, daß die Erde eine Kugel ist - das konnten phantasievolle Menschen schon mit Galilei nachvollziehen, und die starrsinnig beengten reden selbst heute noch der wortwörtlich zu verstehenden Bibel das Wort, wonach die Erde eine Scheibe und die erste Frau Produkt einer männlichen Rippe sei.
Trotz akribischer Offenlegung, die nach einem Kommentar jeweils die Transliteration, d.h. die nunmehr deutlich gedruckt nachlesbaren hebräischen Schriftzeichen und anschließend die wortwörtliche Übersetzung dieser Fragmente stellt, könnte sich insbesondere bei Laien christlich-theologischer Themenstellungen Enttäuschung breitmachen.
Um nämlich Eisenmans Arbeit würdigen zu können, ist zumindest die theoretische Ausbildung zum Pfarramt vonnöten, nicht nur wegen der hebräischen Schriftzeichen, die lediglich in Konsonanten überliefert, viel Deutungsspielraum bei der Übertragung lassen, sondern auch wegen der vielen nötigen Querverweise zur Bibel, zu talmudischen Texten usw. ...
Auch ist der Titel JESUS UND DIE URCHRISTEN nicht ganz seriös, zielt doch Eisenman eher auf die Konfrontation zwischen Paulus und jener Gruppe in Qumran, die er nach Art ihrer Argumentationen mit Jakobus dem Gerechten, dem leiblichen Bruder Jesu, ineinssetzen will. Während Paulus in seiner Theologie die mit dem Erlösungstod Jesu erwirkte Gnade betont, belegen die Fragmente Qumrans eine scharfe Entgegnung dieser Theologie, wonach in der Naherwartung des Weltuntergangs nur ein bis zur Askese striktes Einhalten der Gesetze die göttliche Rettung ermöglicht.
Eisenmans Verdienst liegt unbestritten in dem Zugänglichmachen der Qumranschriften, die über vier Jahrzehnte von einem katholischen "Konsortium" nur "zettelweise" herausgegeben wurden. Genauso unbestritten dürfte nunmehr die evolutionäre Genese des Christentums sein, d.h. daß die christlichen Konfessionen sich nicht aus dem einen Hauptquell Jesu ergossen, sondern aus durchaus unterschiedlichen Überlieferungsströmungen (also nicht nur den vier kanoniserten Evangelien!), deren erster erfolgreicher Kanalisateur Paulus war. Welcher Kompromisse dann das Überleben der Kirche(n) von Konstantin bis auf den heutigen Tag bedurfte, ist Teil einer nicht gerade rühmlichen Kirchengeschichte. Aber das war auch schon vor Eisenmans Buch gedacht worden und wird auch trotz seines Buches noch von einigen für undiskutabel erklärt werden. Man kann also auf die Kommentierungen zu JESUS UND DIE URCHRISTEN gespannt sein, denn um es zu übergehen, ist es einfach zu bedeutsam, mindestens so bedeutsam wie die erste bemannte Raumfahrt.

(Nachtrag vom 13. September 2023: In der Wikipedia heißt es zur Forschungsgeschichte der Qumranrollen heute im vorletzten Absatz über Eisenmans Schlussfolgerungen : "Damit diese Gleichsetzungen [von Eisenman hinsichtlich Paulus und Jakobus; Anm. von UK] überhaupt möglich waren, musste Eisenman gegen den Konsens der Forschung eine Spätdatierung der jachadischen Schriften in die letzten Jahrzehnte vor dem Jüdischen Krieg vertreten. Die übliche paläographische Datierung wurde mit der Radiokarbonmethode bestätigt. Eisenman argumentierte also gegen zwei wissenschaftliche Datierungsmethoden.")

Buechernachlese © Ulrich Karger


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