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Die Borribles leben im kalten London und haben sich anscheinend den
Oskar Matzerath aus der Grass'schen Blechtrommel zum Vorbild genommen:
Anarchische Wesen, die als Kinder beschlossen hatten, nicht mehr größer
zu werden. Je nach List und Gewandtheit wachsen ihnen stattdessen spitze
Ohren - denn was zum Überleben gebraucht wird, klauen sie einfach.
Abgesehen davon sind die Borribles friedlich und hören am liebsten
Namensgeschichten: Poch, Zoff oder Eisenkopf sind z.B. Namen mit berühmt
berüchtigtem Klang, hinter denen sich Abenteuer verbergen, die mehr
hergeben als nur gewitzte Diebstähle. Neben den 'natürlichen'
Feinden, nämlich den Ohrenstutzenden Erwachsenen, sind da noch die
Rumbels (etwa borrible-große rattenähnliche Wesen), die es zu
bekämpfen gilt. Eine zusammengewürfelte Elite-Gruppe aus den
verschiedenen Stadtteilen Londons will in DER GROSSEN RUMBELJAGD endlich
mit ihnen klar-Schiff-machen und sieht sich unversehens in einen Endlos-Roman
lebensgefährlicher Auseinandersetzungen verstrickt. Da zeigt es sich,
daß selbst Borribles nicht gegen die Verlockungen von Geld und Macht
gefeit sind, und so bleibt mancher von ihnen auf der Strecke, bevor am
Schluß das hohe Ideal der Solidarität (zumindest für den
Augenblick) zum Sieger werden kann. Michael de Larrabeiti beschreibt mit
seiner innerhalb von 10 Jahren erstellten 3-bändigen Saga ein sehr
reales London - allerdings aus der Sicht unterhalb eines Kanaldeckels,
wo es zwangsläufig nicht so herzig zugehen kann. Die rotzfrechen Dialoge
sorgen von Anfang an dafür, daß scheinbar banale Erkenntnisse
nicht mit hehrer Attitüde vorgetragen, sondern mehrfach gewendet entwickelt
werden.
Für Leute, die ihr Leben nach Sachzwängen gestalten müssen,
aber immer noch ihren großen Traum träumen wollen, dürfte
dieser Schmöker genau das richtige Surrogat sein - spannend bis zum
letzten Borriblespruch.