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Jack und Sean McEvoy waren Zwillingsbrüder. Beide hatten Erfahrung
in der Gesprächsführung mit schockierten Angehörigen von
Ermordeten. Jack als Gerichtsreporter, Sean als Detective bei der Mordkommission
in Denver. Diesmal jedoch ist Jack in der Rolle des Hinterbliebenen, dem
der Tod Seans mitgeteilt wird. Aber auch wenn alles darauf hindeutet -
an einen Selbstmord seines Bruders vermag Jack nicht zu glauben. Bei seinen
Nachforschungen entdeckt Jack, daß der seltsame Abschiedsbrief Seans
das Verszitat eines Gedichtes von Edgar Allan Poe ist. Und er stößt
auf andere ungelöste Todesfälle von Polizisten, die sich in ihren
Abschiedsbriefen ebenfalls der Worte dieses Meisters des Morbiden bedient
haben.
Erst steht Jack mit seinen Vermutungen ziemlich allein, aber schließlich
überzeugt er sogar das FBI, das daraufhin eine Sonderkommission unter
dem Stichwort "Poet" bildet. Da Jack das Ganze ins Rollen gebracht
hat, darf er bei den neu aufgenommenen Untersuchungen exklusiv dabeisein
- sehr zum Widerwillen mancher "Agents", die in den Medien alles
andere als eine hilfreiche "Vierte Gewalt" sehen.
Michael Connelly läßt seinen Ich-Erzähler Jack auf
den ersten Zeilen wie Humphrey Bogart als Detektiv Marlowe aus dem "OFF"
raunen - und man befürchtet schon das Schlimmste. Aber solche Sätze
wie "Tod ist mein Ressort. Ich lebe von ihm. Ich schmiede meinen beruflichen
Ruhm mit seiner Hilfe" sind nur in die erste Seite gemeißelt worden.
Zudem eröffnet Connelly alsbald einen neuen Erzählstrang in der
dritten Person, der die pädosexuellen Eigenarten eines gewissen William
Gladden vorstellt. Beiden Stränge entwickeln dann eine zueinander
strebende Dynamik, die einen das Buch nur noch höchst widerstrebend
vor seinem Ende zur Seite legen läßt.
Nach einer Verfolgungsjagd, die neben "Köpfchen" auch den
Einsatz neuester Kommunikationstechnologien herausfordern, serviert der
Autor zum Schluß noch einige Volten, die selbst passionierte Krimiliebhaber
verblüffen dürften.
Weitere Besprechungen zu Werken von Michael Connely siehe:
Michael Connely: Der Poet (1998)
Michael Connely: Der Mandant (2007)