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König Salomo: Nur wenige biblische Gestalten sind derart zum sprichwörtlichen
Allgemeingut geworden, wie er. Bis heute werden seine Weisheit, sein Reichtum
und seine Bautätigkeit gerühmt. Manch einer weiß auch,
daß ihm die schönsten (Liebes-)Gedichte in der Bibel zugeschrieben
werden und außergewöhnlich viele Frauen sein Lager geteilt haben.
Aber Salomo war auch der Sohn eines mörderischen Vaters und einer
ehebrecherischen Mutter, der seinen Bruder und dessen Gefolgsleute ermorden
ließ, um sich die königliche Macht über Israel zu sichern.
Wegen dieser oder ähnlicher Bluttaten haben andere Könige vor
und nach ihm göttliche Strafen erfahren müssen - nicht so Salomo!
Merkwürdig diffus und inkonsequent scheint das biblische Zeugnis
über ihn auszufallen. Wurde hier geglättet und das Leben des
letzten Herrschers über Groß-Israel schöngeredet?
In KÖNIG SALOMO - VOM BRUDERMÖRDER ZUM FRIEDENSFÜRSTEN
gibt Rolf Beyer eine Antwort darauf, die von bestechender Kompetenz und
Plausibilität ist und sich zudem in gut verständlichen Sätzen
nachlesen läßt. Daß es sich dabei nicht "nur" um ein popularwissenschaftliches
Gemenge aus spektakulären Behauptungen handelt, belegen nicht zuletzt
die feinsäuberlich aufgelisteten 396 Buchtitel, aus denen Beyer seine
Quellenhinweise zog. Das reicht von alttestamentlichen Exegeten wie Noth
und v.Rad über Bücher zu ägyptischen Sagenkreisen bishin
zu den Dokumentationen archeologischer Forschungsergebnisse. Wenn Beyer
nun den biblischen Redaktoren im babylonischen Exil nicht nur keine Schönfärberei
unterstellt, sondern das krasse Gegenteil und selbst den Brudermord zu
einer, zumindest im Kontext jener Zeiten und Sitten, verständlichen
Handlungsweise Salomos erklären kann, dann nur, weil er seine Thesen
auf einem derart weiten Feld abgeklopft hat. Angesichts der gut 3000 Jahre,
die es historisch zu überblicken galt, geriet natürlich auch
er hier und dort in Beweisnot. Aber die legt er offen, um dann allerdings
beharrlich weiterzufragen, bis sich ihm ein neuer Zugang zu einer Antwort
eröffnet.
Salomo ist danach seiner Zeit weit voraus, ein wahrhaftiger Friedensfürst,
der wußte, daß jeder Krieg verloren wird. Er begriff Frieden
eben nicht nur als "Abwesenheit des Krieges", sondern als schöpferisches
Lebensprinzip und entwickelte sich so zu einem herausragenden Kulturstifter.
Seine Toleranz machte denn auch nicht vor den Religionen halt, sondern
er suchte den Austausch und die spirituelle Ergänzung - eine bis dato
kaum beachtete Tatsache, was wiederum durchaus in der Absicht jener obenerwähnten
Redaktoren gewesen sein mag.
Rolf Beyers Buch kommt keinesfalls zu früh. Es paßt genau
in unsere Zeit, in der die Bibel von unentschlossenen Kirchenleitungen
zum staubtrockenen Schriftwerk abgewertet wird und unseren angeblich christlichen
Politikern offenkundig die Phantasie zum Frieden abhanden gekommen ist.