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Nigeria liegt in Afrika, ja, und da tobte doch mal Ende der 60-iger
ein Bürgerkrieg...
Nigeria ist die Heimat des jungen Autoren Biyi Bandele-Thomas, Jg.
67, und seines Protagonisten Bozo David Hurensohn.
Bevor von Bozo, der von seiner christlichen Mutter David, von seinem
Vater ausschließlich Hurensohn gerufen wurde, die Rede sein kann,
stellt der Ich-Erzähler Lakemfa, Schüler der 10.Klasse, seinen
Lehrer für englische Sprache und Literatur vor. Scheinbar eine Figur
wie aus der Feuerzangenbowle, die lediglich für den Spott seiner Schüler
exististiert, lernt der Sohn eines Rechtsanwalts Lakemfa eine ganz andere
Seite seines Lehrers kennen. Dessen Werdegang vom Sohn einer Prostituierten,
über Gelegenheitsarbeiten, kleineren und größeren überlebensnotwendigen
Gaunereien, bis hin zu seinem dreimonatigen Krankenhausaufenthalt nach
einem Unfall, bei dem ihm die Chance seines Lebens geboten wird, ist bizarr,
tragisch, witzig und rührend. Nach dieser Erzählung ist der Lehrer
in Lakemfas Augen ein Held, und als er auch noch das unvollständige
Romanmanuskript seines Lehrers anvertraut bekommt, in dem er das Schicksal
von Bozo nachlesen kann, geschieht mit Lakemfa eine Verwandlung. Dabei
hatte ihn sein Lehrer mit beiden Geschichten hinters Licht geführt...
Ein Roman im Roman.
Schulalltag, Drogen, Gewalt, Inzest, Gatten- und Kindsmord, Spannungen
zwischen städtischer Metropole und auseinanderbrechenden, ländlichen
Groß-Familien bestimmen offenbar das moderne Nigeria, das in seiner
unerbittlichen Brutalität z.T. sogar diesbezügliche Vorstellungen von New York zu übertreffen
scheint. U.a. treibt die Ausweglosigkeit viele Kinder für eine warme
Mahlzeit pro Tag in die Arme allermöglichen fanatischen Sekten oder/und
ideologisch bestimmter Führer, die sie für Kampfaufträge
mißbrauchen. Trotzdem ist die Färbung dieses Romanes alles andere
andere als elegisch. Jede auftretende Figur wurde von Biyi Bandele-Thomas
liebevoll und präzise ausgemalt, erhielt einen Hintergrund, der das
Vordergründige vieler Situationen derart unterstreicht, daß
man sich als Europäer vor Lachen nur so schütteln will. Das Bizarre
ist zumeist gerade das uns ähnliche, aber bis in die Potenz des Wahnwitzigen
übersteigerte, wenn z.B. Bozo mit seiner Mutter in einen durchaus
bekannten Streit über christliche Werte gerät.
Die Wandlung Lakfemas am Schluß des Romans, sein erwachender
Sinn für Verantwortung, ist deshalb auch keineswegs moralin-sauer,
sondern die logische Konsequenz einer bis aufs Letzte angezogenen Schraube
schwarzen Humors.
Selten, daß ein Buch das kompakte Bündel an Forderungen
für gute Literatur erfüllt. Aufklärend, unterhaltend, spannend,
und noch dazu in einer erfrischend knappen und dennoch bildreichen Sprache
gelang dem Autoren mit BOZO DAVID HURENSOHN ein preisverdächtiger
und vor allem lesenswerter Roman.