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Calder und Petra sind 11 Jahre alt und zählen in ihrer Klasse eher zu den Außenseitern. Während Petra viel liest und auch schon selber schreibt, beschäftigt sich Calder mit Pentominos, das sind jeweils fünf kleine auf 12 verschiedene Weisen aneinander gefügte Quadrate. Ähnlich den Bausteinen des Tetris-Computerspiels, kann man aus ihnen Rechtecke bilden. Oder sie mit 12 Buchstaben gleichsetzen - Calder nutzt sie auf diese Weise sogar als Orakel.
Die beiden lernen sich erst näher kennen, nachdem sie unabhängig voneinander "zufällig" auf den niederländischen Maler Jan Vermeer aus dem 17. Jahrhundert gestoßen sind. Während Petra von dem Gemälde "Die Briefschreiberin in Gelb" sehr lebhaft geträumt hat, findet Calder unter seinem Bett eine alte Schachtel wieder, die ein anderes Bild dieses Malers ziert. Und dann wird in der Presse von der "Entführung" der "Briefschreiberin" berichtet und der zurückgelassenen Forderung, Jan Vermeer endlich Gerechtigkeit widerfahren zu lassen - ansonsten würde das Bild zerstört werden. Gemeinsam kommen Calder und Petra diesem rätselhaften Verbrechen nach und nach auf die Spur.
"Das Pentomino-Orakel" von Blue Balliet ist ein buchgewordenes Paradoxon, das sich jeder Genrezuordnung entzieht. Wo in alten Sagen immerhin Schicksalsgöttinnen die Fäden ziehen, wird hier auf nahezu jeder Seite der Zufall strapaziert. Ein Negativ-Beispiel par excellence? Nein, der Autorin gelingt es tatsächlich, aus der Not eine Tugend zu machen, ja den Zufall zu einem dramaturgischen Gebot zu erheben. Ihr Vorbild ist Charles Fort, dessen Ansatz des "konstruktivistischen Denkens" das Voreingenommensein gegenüber jeglichem Phänomen vermeidet und in allem und jedem nach Mustern und Reihen sucht. Kinder, die mehr wollen, als nur ein spannende Geschichte lesen, werden hier in Worten, Bildern - wie immer witzig und unverwechselbar die Illustrationen von Regina Kehn - und einem beigefügten Pentomino-Puzzle angeregt, über den eigenen Tellerrand zu schauen, um auch selber etwas zu entziffern, zu entdecken und auszutüfteln. Und sie werden auch die hier vorgestellte Lehrerin schätzen, die ganz bewusst auf festgelegte Bahnen in ihrem Unterricht verzichtet und ein Schuljahr damit eröffnet, dass sie keine Ahnung hat, woran sie und die Schüler demnächst arbeiten werden. Solchen Kindern fällt dieser Denk-Thriller dann gewiss nicht zufällig ganz von alleine zu ...